22. Januar 2008

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India
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Pressemitteilung

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Weitere Verschärfung der Repressionen in Tibet im Jahr 2007

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie stellt in seinem Jahresbericht 2007 fest, daß sich die Zahl der willkürlichen Verhaftungen und Festnahmen in Tibet im Vergleich zu 2006 fast verdreifacht hat, was beweist, wie sehr sich die Menschenrechtslage in Tibet im Vorfeld der Olympiade in Peking im August 2008 verschlechtert hat.

Dharamsala, 21. Januar 2008: Im Jahr 2007 hat sich die Unterdrückung in Tibet deutlich verschärft, was eine Verhärtung der Haltung Chinas zeigt - und das, obwohl die sechste Gesprächsrunde zwischen den Gesandten des Dalai Lama und denen Pekings stattgefunden hat, erklärten der Direktor des Zentrums, Urgen Tenzin, und sein Stellvertreter, Jampa Monlam, anläßlich der heutigen Veröffentlichung des Jahresberichts 2007.

In diesem Report mit Titel „Menschenrechtssituation in Tibet: Jahresbericht 2007“ heißt es: „Das ganze Jahr über entfesselten die chinesischen Behörden im besetzten Tibet eine politische Kampagne nach der anderen und erließen neue Bestimmungen und Verordnungen, um die staatliche Kontrolle über die Menschenrechte und die Grundfreiheiten der Tibeter noch weiter zu intensivieren.“

Eine Analyse der Menschenrechtslage in Tibet in dem Berichtsjahr ergibt, daß sich die chinesische kommunistische Regierung aufgrund der Verstärkung ihrer Sicherheitsmaßnahmen und ihres rücksichtslosen Niederschlagens einzelner friedlicher Proteste von Tibetern schwerwiegender Verletzungen der Menschenrechte in Tibet schuldig gemacht hat. Es überrascht daher nicht, daß der Bericht zu dem Ergebnis kommt, daß „die Fälle willkürlicher Festnahme und Verhaftung im Vergleich zum Vorjahr (2006) fast um das Dreifache angestiegen sind, was eindeutig eine Verschlechterung der Menschenrechtslage in Tibet anzeigt.“

Der Report dokumentiert 65 dem TCHRD bekannt gewordene Fälle willkürlicher Festnahme allein im Jahre 2007. Insgesamt beträgt den Informationen des TCHRD zufolge die Zahl tibetischer politischer Gefangener 119, und 43 davon verbüßen Haftstrafen von über 10 Jahren.

„Die tatsächliche Zahl liegt vermutlich viel höher“, befürchtet der Direktor des TCHRD, Urgen Tenzin, und nennt mangelnde Freiheit als Hauptgrund dafür, daß die Lage in Tibet nicht besser überblickt werden kann.

Dem Bericht zufolge „griffen die chinesischen Behörden routinemäßig zu willkürlicher Verhaftung, Inhaftierung und Folter als Antwort auf das gelegentliche friedliche Aufbegehren von Tibetern, bei dem es sich gewöhnlich um die Zurschaustellung von tibetischen Flaggen, gewaltloses Demonstrieren, den Besitz von Bildern des Dalai Lama und Anbringung von Plakaten mit dem Ruf nach Freiheit für Tibet handelt.“

Obwohl die sogenannte Autonome Region Tibet (TAR) als die politisch brisantere Region gilt, sieht das TCHRD, daß die außerhalb der TAR gelegene Region Kardze „hinsichtlich der politischen Entwicklung schon seit einigen Jahren in Folge ein höchst unberechenbares tibetisches Gebiet darstellt.“ Der Bericht zeigt auf, daß die Hälfte der insgesamt 65 Fälle willkürlicher Verhaftung im Jahr 2007 allein auf die Region Kardze entfällt.

Er hebt besonders die verstärkten Repressalien hervor, denen die tibetischen buddhistischen Klöster ausgesetzt sind, die schon seit langem von den chinesischen Behörden als „Brutstätten des Abweichlertums“ gebrandmarkt werden. Es wundert daher nicht, daß 70% (80 von 119) der dem Zentrum bekannten politischen Gefangenen Mönche und Nonnen sind.

In dem Report heißt es ferner, daß „die Religionsfreiheit in Tibet 2007 einen massiven Rückschlag erlitt“, nachdem die chinesische Regierung zwei neue Bestimmungen über Religion erließ. „Die von der TAR vorgenommene Umsetzung der ‚Maßnahmen für die Handhabung der religiösen Angelegenheiten’ und die ‚Maßnahmen zur Regelung der Reinkarnation lebender Buddhas im tibetischen Buddhismus’ zielen hauptsächlich darauf ab, den tibetischen Buddhismus und seine spirituellen Lehrmeister mittels diverser gesetzlicher Winkelzüge einer noch strengeren staatlichen Kontrolle zu unterwerfen“.

Ferner ist zu lesen, daß die kommunistischen Behörden im Berichtsjahr regelmäßig in den monastischen Einrichtungen die politische Kampagne der „patriotischen Umerziehung“ und die Kampagne „liebe dein Land, liebe deine Religion“ durchführten sowie in verschiedenen tibetischen Gebieten „patriotische Umerziehungskampagnen“, um die monastische Gemeinschaft noch fester in den Griff zu bekommen.“

Sehr besorgt zeigt sich der Bericht über das unablässige Eintreffen neuer tibetischer Flüchtlinge, die bei ihrer Flucht über das unwirtliche, rauhe Himalaya-Gebirge oftmals ihr Leben extremen Gefahren aussetzen mußten. 2007 gelang es 2338 Tibetern, das Tibetan Reception Centre in Dharamsala, dem Sitz des Dalai Lama und der Tibetischen Regierung-im-Exil, zu erreichen. Von der Gesamtzahl der Flüchtlinge waren die Hälfte Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die angesichts der erbärmlichen Schulmöglichkeiten in den ländlichen Gebieten Tibets, wo über 75% der Tibeter wohnen, bessere Bildungschancen in Indien suchen. Und wenn es Schulen auf dem Lande gibt, dann ist ihr „Lehrplan einseitig ausgerichtet“.

Die strafrechtliche Verfolgung mehrerer Tibeter in Osttibet nach dem öffentlichen Aufruf des tibetischen Nomaden Rongye Adrak nach Unabhängigkeit für Tibet und der Rückkehr des Dalai Lama, der zu einem Massenprotest von Tibetern gegen die chinesische Obrigkeit eskalierte; die Schließung von tibetischen Websites, online-Blogs und die Gängelung des Internets und anderer Medien; die Zerstörung von bedeutenden religiösen Statuen, wie derjenigen von Guru Rinpoche durch die kommunistischen Behörden, die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen, die es Tibetern unmöglich machten, an religiösen Aktivitäten und Festlichkeiten teilzunehmen; die Festnahme und Mißhandlung von Schülern im dem Dorf Amchok Bora im Kreis Labrang; die erneuten Schüsse auf Flüchtlinge am Nangpa La-Paß, die Massenumsiedlung von tibetischen Nomaden und der Verlust ihres traditionellen Lebensunterhalts; die immer gravierender werdende Marginalisierung von Tibetern als Folge der neuen Eisenbahn, die Chinesen in Massen nach Tibet transportiert – sind einige der Hauptpunkte, die in dem vorgestellten Report, der sich in die Kapitel Bürgerliche und Politische Freiheiten, Religion, Bildung und Entwicklung unterteilt, ausführlich behandelt werden.

Gerade jetzt, wenige Monate bis zu den Olympischen Spielen in Peking im August 2008, möchte das TCHRD mit seinem Bericht „den Druck erhöhen und Chinas Menschenrechtsfarce der Welt vor Augen führen.“

Der Bericht in englischer Sprache „Human Rights Situation in Tibet in Tibet: Annual Report 2007 steht auf der Website des TCHRD im pdf-Format zum Download zur Verfügung: http://www.tchrd.org/publications/annual_reports/2007/ar_2007.pdf