3. November 2008

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Pressemitteilung

China verurteilt wegen der März-Unruhen 14 Tibeter zu langen Haftstrafen

Wie von der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua am 29. Oktober bekannt gegeben wurde, verurteilten drei Bezirksgerichte in der Autonomen Region Tibet (TAR) 14 Tibeter zu unterschiedlich langen Gefängnisstrafen wegen angeblicher Verbrechen wie Gefährdung der Staatssicherheit, Raub, mutwillige Zerstörung, Plünderung und Störung der öffentlichen Ordnung während der sogenannten „März Krawalle“.

Dem Bericht zufolge waren es „Tenzin Yeshi, Tashi Namgyal und Gaden Chodak (alias Gaden) vom Kloster Gachoe, die am 14. März 2008 im Kreis Phenpo Lundup (chin. Linzhou Xian) einen Aufstand vom Zaum brachen“. In dem Bericht heißt es, daß „Tenzin Yeshi und Tashi Namgyal von den Polizisten des Public Security Bureau (PSB) noch am Tatort verhaftet wurden. Gaden Chodak sei es hingegen gelungen, zu entkommen und sein Kloster zu erreichen, wo er später andere Mönche, nämlich Lobsang Tsemey (Laienname Passang), Tenpa Dhondup und Lobsang Theychu (Laienname Tashi Norbu), dazu aufhetzte, Unabhängigkeits-Flugschriften herzustellen und die Ordnung zu stören. Am folgenden Tag führte Lobsang Tsemey einen Demonstrationszug von 40 Mönchen dieses Klosters an, der in Richtung des PSB-Hauptquartiers des Bezirks Phenpo Lhundup marschierte“.

Es werden genaue Angaben über die tibetischen Demonstranten gemacht: „Am selben Tag veranlaßten Doloe, Lhakdon und Dorjee Dolma, daß sich Mönche des Klosters Sha, Nonnen des Klosters Podo und etwa zehn Bauern aus dem Dorf Dendong im Kreis Phenpo Lhundup dem Protest anschlossen und ebenfalls auf zur Kreisregierung marschierten.“ Sie hätten sich nebst anderen Verbrechen der „Brandstiftung, des Raubs, des Mordes, der Störung der öffentlichen Ordnung und der Körperverletzung von Regierungsbeamten schuldig gemacht. Dorjee Dolma wurde verurteilt, weil er Flugblätter geschrieben und die Namen aller Nonnen notiert hatte, mit der Absicht, sie zu der Dalai Clique ins Ausland zu bringen“.

Das Volksgericht des Kreises Phenpo Lhundup verurteilte Lobsang Tsemey und Doloe zu 15 Jahren Gefängnis mit Aberkennung der bürgerlichen Rechte für 5 Jahre und einer Geldbuße von jeweils 2.000 Yuan wegen Verstoßes gegen die §§ 289, 263(4) und 293 des chinesischen Strafgesetzes. Gaden Chodak, Lhakdon, Tenpa Dhondup, Lobsang Kheychu, Dorjee Dolma, Tenzin Yeshi und Tashi Namgyal wurden von demselben Gericht zu 5 - 14 Jahren Gefängnis verurteilt, wie aus dem Gerichtsentscheid, auf den sich der Bericht beruft, hervorgeht.

In demselben offiziellen Bericht steht, daß das Volksgericht von Chushul (chin. Qushui Xian) zwei tibetische Mönche des Klosters Ratoe wegen Beteiligung an einem „Aufruhr“ am 15. März vor der Kreisverwaltung von Chushul zu 5 bzw. 9 Jahren Gefängnis verurteilte. Das Kloster Ratoe liegt in der Gemeinde Nethang, Kreis Chushul, TAR. In dem Bericht heißt es weiter: „Am Abend des 15. März liefen etwa 10 Mönche, die von Lobsang Tsephel und Tsenam vom Kloster Ratoe angeführt wurden, protestierend auf die Verwaltungsgebäude der Gemeine Nethang zu. Sie griffen unterwegs die Shangthungda Tankstelle an und zerstörten dort einige Objekte. Lobsang Tsephel zündete ein Fahrrad an, das vor dem Büro der Tankstelle stand, während Tsenam einen Reifen auf das brennende Fahrrad warf und es unter einen in der Nähe parkenden Öltanker stoßen wollte, was nur durch das rechtzeitige Eingreifen der Sicherheitskräfte verhindert werden konnte. Sie wurden wegen schwerer Sachbeschädigung an einer Benzin-Einrichtung und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit unter dem § 118 des chinesischen Strafgesetzes schuldig gesprochen“. Das Gericht verurteilte Lobsang Tsephel zu 9 Jahren Gefängnis und Tsenam zu 5 Jahren.

In ähnlicher Weise verurteilte das Volksgericht des Stadtbezirks Lhasa Phuntsok Tenpa, Phuntsok und Phuntsok Drakden zu Gefängnisstrafen von jeweils 3 Jahren und 9 Monaten, 2 Jahren und 9 Monaten, und 2 Jahren und 6 Monaten wegen „Behinderung der öffentlichen Ordnung, böswilliger Zerstörung öffentlichen Eigentums, Plünderung, Brandlegung und Beleidigung der Nationalflagge, gemäß §§ 277 und 293 des chinesischen Strafgesetzes“.

Bereits früher in diesem Monat hatte das Volksgericht in der Präfektur Chamdo acht tibetische Mönche aus dem Kloster Tongxia wegen eines angeblichen Sprengstoffanschlags auf ein Regierungsgebäude in der Gemeinde Gyanbe, Präfektur Chamdo, während der März-Unruhen verurteilt.

Das TCHRD ist schockiert und entsetzt über die sehr harten Urteile und langen Haftstrafen, die über diese 14 Tibeter verhängt wurden. Das Zentrum ist der Ansicht, daß diese Fälle ohne die angemessene rechtliche Aufsicht verhandelt wurden, daß das Gerichtsverfahren nicht fair war und den Angeklagten der Zugang zu Angehörigen und einem Rechtsbeistand verweigert wurde, und daß sie in einigen Fällen sehr lange ohne Kontakt zur Außenwelt gehalten wurden. Ein solches Vorgehen macht es dringend notwendig, daß internationalen Medien und unabhängigen Beobachtergruppen sofort ungehinderter Zugang zu allen tibetischen Gebieten gewährt wird, damit sie sich ein Bild von der tatsächlichen Lage machen können.

Mit einem ausgeklügelten Schachzug versuchen die Behörden von dem Wunsch des tibetischen Volkes nach mehr Freiheit und Menschenrechten abzulenken, indem sie nun die Protestaktionen der Tibeter „kriminalisieren“, wie diese Gerichtsurteile deutlich machen. Es steht außer Zweifel, daß einige der Proteste, die in Gewalt ausarteten, zu Körperverletzung, Beschädigung von Eigentum und Beeinträchtigungen von Leib und Leben anderer, ja sogar zu Todesfolgen geführt haben. Das TCHRD verurteilt derartige Angriffe und anerkennt das Recht des chinesischen Staates und seine Pflicht, alle Bürger vor Gewalt zu schützen. Es ist jedoch tief besorgt darüber, daß die chinesischen Behörden im Zuge der Wiederherstellung der Ordnung zu Maßnahmen gegriffen haben, welche den internationalen Menschenrechts-Kodex verletzen. Sie griffen wiederholt zu unnötiger und exzessiver Gewalt, Einschüchterung, willkürlicher Festnahme und ließen zahlreiche Personen einfach verschwinden. Während ein solches Vorgehen kurzzeitig die Proteste zu ersticken vermag, befürchtet das Zentrum, daß derartig gravierende Verletzungen der allgemeinen Menschenrechtsnormen die Feindseligkeit nur noch weiter schüren und jeglichen zukünftigen Versuch, die legitimen Beschwerden der Tibeter über die Politik der chinesischen Regierung in Tibet anzusprechen, vereiteln könnten.