8. Dezember 2006

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India
Phone: +91 1892 223363 / 229225, fax: +91 1892 225874, e-mail: dsala@tchrd.org, www.tchrd.org


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Presseerklärung

Internationaler Tag der Menschenrechte

Ansprechpartner: Tenzin Norgay (engl.), Jampa Monlam (tibet.)

Am 10. Dezember 2006 begeht man zum 58. Mal den Internationalen Tag der Menschenrechte. Und an eben diesem Tag feiert das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) den zehnten Jahrestag seiner Gründung. Ein Jahrzehnt lang war das Zentrum unermüdlich bestrebt, auf die Lage der Menschenrechte in Tibet hinzuweisen. In den vergangenen zehn Jahren hat das TCHRD keine Mühe gescheut, um die Menschenrechtsverletzungen in Tibet aufzudecken und die Welt von den Ergebnissen seiner Nachforschungen in Kenntnis zu setzen. Heute, an der Schwelle zu einer weiteren Dekade seiner Menschenrechtsarbeit, bleibt das TCHRD der Verwirklichung seines Auftrags treu verpflichtet.

Im Jahr 2006 wurde über diverse Menschenrechtsverletzungen aus Tibet berichtet, die sowohl die bürgerlichen und politischen als auch die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte des tibetischen Volkes betrafen. Willkürliche Festnahmen, Inhaftierung und Gefangenschaft erreichen dort nach wie vor erschreckende Ausmaße. Besonders kraß wurde die Notlage des tibetischen Volkes der internationalen Gemeinschaft am 30. September vor Augen geführt, als die Welt von den kaltblütigen Todesschüssen am Nangpa Paß im Himalaya erfuhr. Ein Video, Fotos und Aussagen unabhängiger Bergsteiger legten Zeugnis ab vom brutalen Vorgehen der Chinesen, das auf den Fluchtrouten über die hohen Himalaya-Pässe eine regelmäßige Erscheinung ist. Trotz des Schocks und der Verurteilung des Vorfalls durch Einzelpersonen, NGOs und Diplomaten weltweit, ist das Zentrum enttäuscht darüber, daß sich das Büro der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte dazu gänzlich in Schweigen hüllt.

Im Mai 2006 beschlossen hochrangige Vertreter der Chinesischen Kommunistischen Partei (KPC) der sogenannten „Autonomen Region Tibet“ („TAR“) bei ihrer Tagung vom 15./16. Mai, hart gegen tibetische Freiheitsaktivisten vorzugehen und die Kampagne der „patriotischen Umerziehung“ in den monastischen Einrichtungen Tibets zu intensivieren. Und im November entschied das Plenum der KPC der „TAR“, den „Separatismus“ vollständig auszumerzen. Tibetische Nationalisten, die im Brennpunkt der Kampagnen stehen, werden willkürlich festgenommen, inhaftiert, ins Gefängnis geworfen und Opfer weiterer Verletzungen der in der Internationalen Charta der Menschenrechte verankerten Rechte. Die Kampagnen der Chinesen zielen besonders auf die monastische Gemeinschaft ab, um sie zur Loyalität dem Staat gegenüber zu erziehen. Die politischen Kampagnen in den klösterlichen Einrichtungen greifen tief in das friedliche Leben der Mönche und Nonnen ein und behindern sie deutlich bei ihren spirituellen Studien. Gegen ihre innerste Überzeugung werden sie gezwungen, den Dalai Lama zu verunglimpfen, was für sie einen Akt religiöser Blasphemie darstellt. Das TCHRD dokumentierte in diesem Jahr 22 Fälle, in denen Tibeter wegen angeblicher politischer Aktivitäten verhaftet wurden.

Das Gefängnis Chushul (chin. Qushui) in Tibet, das Mitte 2005 in Betrieb genommen wurde, rückte dieses Jahr in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Prof. Dr. Manfred Nowak, beschrieb in seinem diesjährigen Bericht an den UN-Menschenrechtsrat die grausigen Verhältnisse in diesem Gefängnis und forderte die Freilassung von drei Gefangenen (Jigme Gyatso, Bangri Rinpoche und Lobsang Tsultrim), die er sprechen konnte, und die alle „aufgrund möglicherweise durch Folter erpreßter Aussagen eines politischen Verbrechens“ schuldig gesprochen wurden. Die chinesischen Behörden in Tibet haben das neue Gefängnis für Tibeter mit langjährigen Haftstrafen bestimmt. Dolma Kyab, ein 29jähriger Schriftsteller, der zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, und Sonam Gyalpo, ein 44jähriger glühender tibetischer Nationalist, der zu 12 Jahren verurteilt wurde, befinden sich unseren Informationen zufolge in diesem Gefängnis, zusammen mit vielen anderen tibetischen politischen Häftlingen, die aus dem berüchtigten Drapchi Gefängnis dorthin verlegt wurden. Das TCHRD ist ernsthaft besorgt um die tibetischen politischen Gefangen in Chushul.

Armut ist weit verbreitet in Tibet. Das von den Chinesen besetzte Tibet ist nach wie vor eine der ärmsten Regionen in der Volksrepublik China. Schlecht bestellt ist es weiterhin um Bildung, Gesundheitsfürsorge und den Erwerb des Lebensunterhalts. Die Diskriminierung der Tibeter ist, zusammen mit dem Mangel an breit gefächerten Bildungsmöglichkeiten, dermaßen gravierend, daß die Wahrnehmung der grundlegenden Menschenrechte für sie nichts als ein ferner Traum bleibt.

Anläßlich des 58. Internationalen Tags der Menschenrechte fordert das TCHRD die Regierung der Volksrepublik China auf, die Verletzung der Menschenrechte des tibetischen Volkes zu beenden. Das Zentrum appelliert erneut an das Büro der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, die Regierung in China wegen der kaltblütigen Schüsse auf fliehende Tibeter zu befragen und den Verbleib und das Schicksal der 32 glücklosen Tibeter aus der Gruppe zu klären, die festgenommen wurden.