29. November 2005
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Schweigender Protest im Kloster Drepung als Antwort auf die rigorose Durchführung der patriotischen Umerziehung

Wie das TCHRD erfuhr, herrschen im Kloster Drepung bei Tibets Hauptstadt Lhasa nach einer Anordnung der Behörden der Autonomen Region Tibet (TAR), gegenüber den sich schweigend im Sitzstreik befindenden Mönchen hart durchzugreifen, massive Einschränkungen des Klosterlebens. Die Lage sei angespannt und das Kloster befinde sich unter strenger Kontrolle durch die chinesischen Behörden.

Seit der ersten Oktoberwoche 2005 führen "Arbeitsteam-Kader" wieder die patriotische Umerziehung in dem Kloster durch. Im Verlauf der Kampagne wurde den Mönchen am 23. November befohlen, ein Dokument zu unterzeichnen, in dem sie den Dalai Lama als "Separatisten" denunzieren und Tibet als Teil von China anerkennen und damit der chinesischen Regierung gegenüber Loyalität geloben sollten. Die Mönche gaben zu verstehen, daß sie mit dieser Anordnung nicht einverstanden seien, und weigerten sich, das Dokument zu unterschreiben. Fünf Mönche leisteten besonders heftigen Widerstand gegen das Dokument und die Kader. Sie wurden auf der Stelle des Klosters verwiesen und den Haftzentren des Public Security Bureau in ihren jeweiligen Herkunftsorten übergeben.

Auf die Festnahmen am 25. November hin führten über 400 Mönche in dem vorderen Hof des Klosters Drepung einen friedlichen Solidaritätsprotest durch, indem sie einfach schweigend dasaßen. Sie weigerten sich den Anweisungen der Behörden Folge zu leisten und den Dalai Lama zu beschimpfen und Tibet als einen Teil Chinas zu akzeptieren. Sie verlangten auch die Freilassung der fünf festgenommenen Mönche, oder falls dies nicht geschehe, daß man sie ebenfalls des Klosters verweise. Die Regierung der TAR, die eine Ausweitung des Protests befürchtete, gab Befehl, gewaltsam gegen die Mönche vorzugehen. Ein riesiges Kontingent von Soldaten, bewaffneten Volkspolizisten und Kräften des Public Security Bureau traf im Kloster ein und schlug den Protest nieder. Dabei wurden die widerstrebenden Mönche schwer geschlagen. Der friedliche Protest fand ein schnelles Ende, und die Mönche wurden in ihre Unterkünfte zurückgetrieben.

Nach dieser Razzia wurden dem Kloster schwere Einschränkungen auferlegt, seit dem 25. November darf niemand mehr das Gelände betreten noch verlassen. Die Sicherheitskräfte bewachen nun das Kloster und die Aktivitäten der Mönche rund um die Uhr genauestens.

Außer der Festnahme der fünf Mönche befürchtet das TCHRD, daß es während des gewaltsamen Einschreitens der Behörden und danach noch viele weitere Festnahmen gegeben haben könnte. Das TCHRD wird die Lage weiter beobachten.

In den letzten Monaten ist allgemein eine verschärfte Unterdrückung der Religion in Tibet festzustellen. Der Argwohn der Regierung in Peking, daß der tibetische Buddhismus und der tibetische Nationalismus in enger Verbindung miteinander stehen könnten, findet deutlichen Ausdruck in ihrem Vorgehen, die Religion durch die Intensivierung der "patriotischen Umerziehungskampagne", durch Festnahmen, Folter und Inhaftierung stärker zu kontrollieren. Im Zuge dieser Kampagne wurde in diesem Jahr immer wieder über Verhaftungen und Ausweisungen von Geistlichen aus den verschiedenen Klöstern Tibets berichtet. Mindestens ein Todesfall geht auf diese Kampagne zurück. Ein junger tibetischer Mönch, Ngawang Jangchub, 28, starb in der ersten Oktoberwoche unter mysteriösen Umständen auf eine "Umerziehungssitzung" im Kloster Drepung hin.

Bei dem jetzigen gewaltlosen Massenprotest der Mönche des Klosters Drepung in Lhasa handelt es sich vielleicht um den größten seit einem Jahrzehnt – trotz des Klimas schwerster Restriktion und Repression im dem von China besetzten Tibet.

Die gewaltsame Auflösung des friedlichen Protests der Mönche erfolgte einige Tage später, nachdem der chinesische Präsident Hu Jintao während des Chinabesuchs von Präsident George W. Bush vom 19. bis 21. November diesem zugesichert hatte, daß die Menschenrechtslage verbessert werde. Solche Zusagen erscheinen jetzt als leere Versprechungen angesichts der harten restriktiven Maßnahmen, die in einem der berühmtesten religiösen Zentren in Tibet durchgeführt wurden.

Das TCHRD bittet Manfred Nowak, den UN-Sonderberichterstatter für Folter, der derzeit in offizieller Mission in China und Tibet weilt (vom 21. November bis 2. Dezember), den Fall der fünf festgenommenen Mönche zur Sprache zu bringen, da sie mit großer Wahrscheinlichkeit in den Haftzentren des Public Security Bureau gefoltert werden.

30. November 2005

Namen der fünf nach der “patriotischer Umerziehung” im Kloster Drepung festgenommenen Mönche

Als Nachtrag zu seiner Presseerklärung “Schweigender Protest der Mönche des Klosters Drepung” vom 29. November möchte das TCHRD hier die Namen der fünf am 23. November 2005 verhafteten Mönche mitteilen, die es inzwischen erfahren hat.

Diese sind: Ngawang Namdrol aus der Gemeinde Tsotod, Kreis Phenpo Lundrup, Bezirk Lhasa, Ngawang Nyingpo aus der Gemeinde Khartse, Kreis Phenpo Lhundrup, Bezirk Lhasa, Ngawang Thupten, alias Shogbu Metok, aus der Altstadt Lhasa, Ngawang Phelgey aus dem Kreis Rinpung, Präfektur Shigatse, und Phuntsok Thupwang aus dem Kreis Gongkar, Präfektur Lhoka.

Diese Mönche wurden aus dem Kloster ausgewiesen und dem Amt für Öffentliche Sicherheit (PSB) ihrer jeweiligen Herkunftsorte übergeben, weil sie den Kadern des Arbeitsteams Widerstand geleistet hatten, als diese von ihnen verlangten, ein Dokument zu unterschreiben, das den Dalai Lama öffentlich als Separatisten brandmarkte und Tibet als Teil Chinas anerkannte. Der Vorfall ereignete sich am 23. November während einer Sitzung im Rahmen der “patriotischen Umerziehung”, die seit Anfang Oktober im Kloster durchgeführt wird.

Das TCHRD fürchtet, daß die festgenommenen Mönche in den PSB-Haftzentren bei ihrer Vernehmung gefoltert werden könnten. Es bittet Manfred Nowak, den UN-Sonderberichterstatter für Folter, der derzeit in offizieller Mission in China und Tibet weilt (vom 21. November bis 2. Dezember), den Fall der fünf festgenommenen Mönche zur Sprache zu bringen und dafür zu sorgen, daß sie keine unmenschliche Behandlung erfahren.

Den Mönchen des Klosters Drepung, insbesondere den fünf verhafteten, widerfuhr schweres Leid, nur weil sie ihre grundlegenden Menschenrechte auf freie Meinungsäußerung und Religionsfreiheit wahrnahmen. Die Durchführung der “patriotischen Umerziehung” durch die chinesische Regierung, sowie ihr hartes Vorgehen gegen den friedlichen Protest im Kloster Drepung am 25. November von 10 Uhr morgens bis 7 Uhr abends stellen einen Verstoß gegen die Art. 18, 19 und 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte dar. Diesen zufolge hat jedermann das Recht auf “Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit”, auf “freie Meinung und Meinungsäußerung”, sowie auf “das Recht der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu friedlichen Zwecken”.