Februar 2007
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India
Phone/Fax: +91 1892 23363 / 25874, e-mail: dsala@tchrd.org, www.tchrd.org

Die Gefangenen Tibets

Ein Sonderbericht, gewidmet allen tibetischen politischen und Gewissensgefangen


Seite drucken

Vorwort

Dieser Sonderbericht ist eine Hommage an alle ehemaligen und gegenwärtigen tibetischen politischen Gefangenen, die ihr Leben aufs Spiel setzten, indem sie ihrer Meinung Ausdruck verliehen und ihre grundlegenden Menschenrechte und ihr Recht auf Freiheit wahrnahmen. Es ist paradox, daß die chinesischen Behörden den Begriff „politischer Gefangener“ nicht akzeptieren wollen und statt dessen stur daran festhalten, daß niemand in Tibet nur aufgrund seiner Meinung oder Überzeugung inhaftiert sei. Die Tatsache, daß es unserem Wissen nach immer noch 116 tibetische politische Gefangene gibt, die in den von Chinesen verwalteten Gefängnissen und Haftzentren in Tibet inhaftiert sind, spricht für sich. Während die Modalitäten und der Ort ihrer Inhaftierung variieren mögen, wurden sie alle politischer Aktivitäten wegen verfolgt, welche angeblich „die Staatssicherheit gefährden“ oder weil sie „zur Abspaltung aufhetzten“. Die Festnahme von Tibetern, die im Besitz von Bildern des Dalai Lama oder Tonbändern mit seinen Reden angetroffen werden, ist weitverbreitet, andere wiederum werden vor Gericht gestellt, weil sie tibetische Flüchtlinge über den Himalaya nach Indien geführt haben. Die tatsächliche Zahl der tibetischen politischen Gefangen dürfte weit höher liegen als die genannte Zahl.

Es gibt zahlreiche tibetische politische Gefangene, deren Identität von ausländischen NGOs oder unabhängigen Beobachtern niemals bestätigt wird. Der Verbleib vieler tibetischer Dissidenten bleibt im Dunkeln, selbst ihre Angehörigen wissen nicht, wo sie hingebracht wurden. Wegen der aggressiven und raffinierten Methoden der Behörden, den Informationsfluß aus Tibet zu unterbinden, bleibt uns die tatsächliche Lage der tibetischen politischen Gefangenen weitgehend verborgen. Auch weiterhin bilden willkürliche Festnahmen, Verhaftungen, Gefangenhaltung und Folterung von Tibetern einen integralen Bestandteil der Bemühungen der Regierung, den Widerstand gegen die chinesische Herrschaft in Tibet zu brechen.

Wenn man Informationen über die Festnahme von politischen Gefangenen sucht, stößt man auf viele Hindernisse, weshalb keine definitiven Aussagen über ihre genaue Anzahl, den Zeitpunkt der Festnahme, die Umstände, den Ort der Inhaftierung oder die Lage des Gefängnisses, das Urteil usw. gemacht werden können. Etwas über Gefangene in Tibet in Erfahrung zu bringen, ist wegen der Isolierung der Häftlinge, der Geheimhaltung des Verlaufs politischer Prozesse und der Weigerung der chinesischen Regierung, Bitten um Auskunft zu beantworten, eine äußerst schwierige Aufgabe.

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) ist der Ansicht, daß alle tibetischen politischen Gefangenen unrechtmäßig inhaftiert wurden und daß der Prozeß, der ihnen gemacht wurde, unfair war. Wir wollen hier die Ergebnisse unserer Nachforschungen über die uns bekannten politischen Gefangenen in Tibet darstellen. Wie wir bereits betonten, ist es für uns schwierig, genaue Einzelheiten über alle politischen Gefangenen in Erfahrung zu bringen, was hauptsächlich an dem Engpaß bei der Gewinnung zuverlässiger Informationen aus Tibet, der Mehrfachnamen der Personen (Laienname, Spitzname, Mönchsname) und der oft zwei- oder mehrdeutigen Aussagen unserer Kontaktpersonen liegt. Oftmals erreicht die Nachricht über die Inhaftierung tibetischer politischer Gefangenen die Menschenrechtsgruppen erst ein oder zwei Jahre nach ihrer Festnahme.

Das TCHRD hat etliche Fälle zu den Akten genommen, wo genauere Angaben zu der Inhaftierung erst ans Licht kamen, als die politischen Gefangenen nach der Verbüßung ihrer Haftstrafen ins Exil fliehen konnten. Erst dann konnten sie Einzelheiten über die Torturen, die sie im Gefängnis erlitten hatten, mitteilen, die uns bis dahin wegen der Geheimhaltungspolitik der Regierung im Hinblick auf das Gefängniswesen, die Abgelegenheit der Anstalten und die strenge Überwachung der Häftlinge verborgen geblieben waren. Obwohl ehemalige politische Gefangene unsere Hauptinformationsquellen darstellen, sind sie oft nicht in der Lage, spezifische Angaben über die Ereignisse zu machen, die sie durchlebt oder deren Zeuge sie geworden sind, oder sie sind nicht willens oder fähig, sich die traumatischen Jahre, die sie in Gefangenschaft verbrachten, ins Gedächtnis zurückzurufen. Es sind dies Jahre, in denen viele von ihnen ständige und brutale physische und psychologische Folterungen sowie unmenschliche und entwürdigende Behandlungen erduldet haben. Freunde und Verwandte von politischen Gefangenen, die später geflohen sind, bilden ebenfalls eine wertvolle Informationsquelle.

Das TCHRD ist ständig bemüht, seine Datenbank über politische Gefangene zu aktualisieren und zu revidieren. Unter den angeführten Umständen ist es jedoch unmöglich, eine umfassende Darstellung aller tibetischen politischen Gefangenen zu bieten und daher unvermeidlich, daß einige Portraits unserer politischen Gefangenen kurz sind und detaillierter Angaben entbehren.

Einführung

Die Mehrheit der tibetischen politischen Gefangenen kam wegen „Verbrechen“, die etwas mit friedlichen politischen Aktivitäten zu tun haben, dahin, wo sie jetzt sind – kurz gesagt, weil sie einfach nur ihre grundlegenden Menschenrechte wahrgenommen haben. Sie wurden festgenommen wegen ihrer Teilnahme an diversen gewaltlosen Tätigkeiten wie zum Beispiel öffentlichen Demonstrationen, der Herstellung politischer Flugblätter, des Skandierens von Parolen und der Anbringung von Wandzeitungen politischen Inhalts. Hier ist auf den Unterschied zwischen Administrativhaft und eigentlicher Gefängnisstrafe hinzuweisen, wobei letztere ein gerichtliches Verfahren voraussetzt. Gemäß den derzeit gültigen Gesetzen und dem Justizsystem in China können Personen, die festgenommen wurden, entweder „administrativ“ inhaftiert werden, d.h. ein Administrativorgan erhebt gegen sie Anklage und kann sie selbst daraufhin bis zu vier Jahren in eine Strafanstalt einweisen, oder sie werden einem normalen Gerichtsprozeß unterzogen, d.h. verhaftet, angeklagt, vor Gericht gestellt, verurteilt und ins Gefängnis verbracht.

Es ist schlechterdings unmöglich, die exakte Anzahl von politischen Gefangenen in Tibet zu kennen, da China unabhängigen Organisationen keine Erlaubnis erteilt, Gefängnisse, Arbeitslager und Haftzentren regelmäßig und systematisch zu besuchen. Die spärliche Information, die uns über Häftlinge zur Verfügung steht, kommt meistens von ehemaligen politischen Gefangenen oder von vor kurzem eingetroffenen Flüchtlingen – manchmal erst Jahre, nachdem die Betreffenden inhaftiert wurden. Gegenwärtig befinden sich viele Tausende von Menschen in ganz China, und natürlich auch in Tibet, hinter Gittern oder leiden in den Zwangsarbeitslagern, einfach nur weil sie das Mißfallen der Behörden auf sich gezogen haben. Andere wurden verhaftet, weil sie offen ihre Loyalität zum Dalai Lama bekundeten oder ohne behördliche Genehmigung religiöse Veranstaltungen organisierten. Wiederum andere wurden inhaftiert, weil sie die Unabhängigkeit für Tibet vertraten oder politische Flugblätter in Umlauf brachten. Sie alle sind Opfer einer autoritären Regierung, die keine Skrupel kennt, einen jeden willkürlich zu bestrafen, der seine grundlegenden Menschenrechte, die vom Völkerrecht garantiert werden und sogar unter der chinesischen Verfassung nominell Schutz genießen, ausübt.

Die Zahl der uns bekannten politischen Gefangenen in Tibet ist in den letzten fünf Jahren um die Hälfte zurückgegangen. Einer der Gründe hierfür ist, daß in den vergangenen Jahren vermutlich eine ganze Reihe von Häftlingen entlassen wurde. Der Datenbank des TCHRD zufolge gibt es jedoch immer noch 116 tibetische politische Gefangene in diversen Strafanstalten, Haftzentren und Arbeitslagern. Ebenso wie die zahlreichen anderen Berichte des TCHRD über Menschenrechtsverletzungen in Tibet hebt auch der vorliegende auf die tragischen Konsequenzen ab, die ein tyrannisches Regime, in dem die Behörden die Ausübung der Grundrechte unterdrücken können, ohne eine Überprüfung oder Kontrolle von unabhängiger Seite befürchten zu müssen, auf die Menschen hat, die dort leben. Politische Gefangene können gegen den willkürlichen Machtmißbrauch der Sicherheitsbeamten keine Rechtsmittel einlegen. Die Opfer solchen Amtsmißbrauchs sind in Tibet völlig schutzlos, denn die wenigen nominellen Sicherheitsklauseln, die es dagegen gibt, wurden beiseite gefegt.

Politisch motivierte Inhaftierung in Tibet kann viele Formen annehmen. Personen, die man politischer Aktivitäten verdächtigt, werden in Gewahrsam genommen und oftmals lange oder auf unbestimmte Zeit ohne Anklageerhebung oder Prozeß festgehalten. Häufig werden ihre Angehörigen nicht einmal über ihre Festnahme in Kenntnis gesetzt. Viele Menschen werden auch ohne Kontrolle durch die Justiz in Administrativhaft gehalten. Wo das nicht der Fall ist, und sie der Justiz überantwortet werden, sieht das chinesische Gesetz für die Untersuchungshaft lange Zeitspannen vor, und bei den Gerichtsverfahren werden die Rechte der Angeklagten, so wie sie in den internationalen Menschenrechtsübereinkünften niedergelegt sind, routinemäßig ignoriert.

In Tibet erlebt die Bevölkerung eine Intensivierung der religiösen Repression, eine Verschärfung der Sicherheitspolitik und ideologischen Kontrolle, eine immer größere Einschränkung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung, auf freie Meinungsbildung und Gewissensfreiheit. Die Rechtsstaatlichkeit wird kontinuierlich verletzt. Die Tibeter leben in einer Atmosphäre ständiger Furcht, und die Selbstzensur ist nur zu deutlich spürbar, andererseits herrscht bei den Behörden eine tiefsitzende und weitverbreitete Ablehnung gegenüber jeglicher Aktivität oder Einstellung, durch welche die Kontrolle der KP über die Aspekte der Gesellschaft in Frage gestellt werden könnte, die sie als wesentlich erachtet.

Die meisten der politischen Gefangenen, von denen ein großer Teil Mönche oder Nonnen sind, werden verhaftet, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung, freie Meinungsbildung, Religions- und Versammlungsfreiheit oder andere grundlegende Menschenrechte ausüben. Seit 1997 haben die uns bekannt gewordenen neuen Verhaftungen in Zentraltibet kontinuierlich abgenommen. Gleichzeitig wurde die Kampagne der „patriotischen Umerziehung“, bei der den Mönchen, Nonnen und Laiengläubigen befohlen wird, sich vom Dalai Lama loszusagen, noch vehementer durchgeführt. Die Mönche und Nonnen, die infolge ihres Widerstands gegen die Umerziehungskampagne festgenommen wurden, stellen jedoch nur einen Bruchteil derjenigen dar, die aus ihren Klöstern ausgewiesen wurden oder aus Tibet geflohen sind.

Das TCHRD weiß von 88 tibetischen politischen Gefangenen, die seit 1987 direkt infolge von Folter und unmenschlicher Behandlung in der Haft gestorben sind. Das Drapchi-Gefängnis, in dem viele politische Häftlinge einsaßen, ist berüchtigt wegen der dort üblichen Mißhandlung der Häftlinge. Die Einführung des Zwangsdrills wie beim Militär war eine der schlimmsten Neuerungen für die Insassen, und ehemalige Gefangene berichten, daß die meisten von ihnen dadurch gesundheitlich beeinträchtigt wurden.

Gegen viele Untersuchungshäftlinge wird überhaupt nie Klage erhoben noch findet ein Prozeß statt. Die Anschuldigungen der Polizei oder der Sicherheitsbeamten (PSB) gegen sie werden von administrativen Ausschüssen, in denen auch Vertreter der Polizei sitzen, ungeprüft übernommen. Diese Ausschüsse, die Teil der staatlichen Verwaltung sind und daher politischem Druck unterliegen, entscheiden über die Dauer der Administrativhaft, die bis zu drei Jahren „Umerziehung-durch-Arbeit“ mit der Möglichkeit der Verlängerung um ein Jahr bedeuten kann. In vielen Fällen wird die Haftstrafe als ein Mittel zur Einschüchterung verhängt, weshalb oftmals religiöse Aktivisten, Befürworter der tibetischen Unabhängigkeit oder Personen, die größere politische oder bürgerliche Rechte fordern, wiederholt inhaftiert werden. In diesem Bericht wird nur ein kleiner Teil derjenigen erwähnt, die regelmäßig schikaniert, geschlagen und mißhandelt werden.

Als politische Gefangene in Tibet kann man alle diejenigen einstufen, die der „Gefährdung der Staatssicherheit“ beschuldigt wurden, jedoch in den meisten Fällen weder Gewalt angewandt noch mit deren Anwendung gedroht haben. Wenn man sich die Fälle der uns bekannten tibetischen politischen Gefangenen ansieht, zeigt sich, daß die zwei hauptsächlichen Vergehen, die zur Verhaftung führen, die Teilnahme an Demonstrationen und das Verteilen von Flugblättern sind. Das TCHRD ist in großer Sorge um alle tibetischen politischen Gefangenen. Diese werden häufig auch als Gewissensgefangene bezeichnet: Das sind Menschen, die keine Gewalt anwandten und nur wegen ihres Glaubens oder ihrer ethnischen Abstammung, ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihrer Sprache, nationalen oder sozialen Herkunft, wirtschaftlichen Lage und ihrer Stellung durch die Geburt festgenommen wurden. Sogar nach ihrer Entlassung aus der Haft wird ihre Freizügigkeit drastisch eingeschränkt, und etliche werden in periodischen Abständen immer wieder hinter Gitter gesetzt[1].

In unserem früheren Bericht über die Folterpraxis in den von Chinesen geführten Gefängnissen, Haftzentren und Arbeitslagern beschrieben wir bereits, wie Schläge, die gewöhnlich mit Holz- oder Metallstangen, Stöcken, Drahtruten, mit Sand gefüllten Plastik- oder Gummiknüppeln oder elektrischen Schockgeräten verabreicht werden, sowie andere Formen der Mißhandlung, routinemäßig während der Polizeiverhöre und auch nach der Verurteilung der Häftlinge und ihrer Unterbringung in einem Gefängnis angewandt werden. Die Häftlinge werden in Handschellen gelegt, die sich automatisch zusammenziehen, oder sie werden in schmerzhaften Positionen gefesselt, in denen sie oft lange ausharren müssen, sie werden mit Nadeln gestochen und ihre Haut wird mit Zigarettenstummeln versengt. Zwischen den Vernehmungen werden sie oft in Isolationszellen eingesperrt und durch Schlaf-, Nahrungs- oder Wasserentzug zusätzlich gequält, oder sie müssen lange Zeit in finsteren, kalten, stinkenden und vor Schmutz starrenden Kerkern zubringen.

In diesem Bericht finden Sie Kurzporträts aller uns bekannten tibetischen politischen Gefangenen (Kapitel 8). Wir möchten zeigen, welche Art von Aktivität zu ihrer Festnahme führte und deutlich machen, wie die internationalen Menschenrechtsregelwerke und gesetzlichen Normen des Völkerrechts ständig verletzt werden, während sie sich im Zugriff der Behörden befinden und sogar noch darüber hinaus. In Kapitel 1 des Berichts geht es um die allgemeinen Trends, die sich bei den tibetischen politischen Gefangenen vorher abzeichneten, im Kapitel 2 werden die Hauptereignisse der vergangenen 20 Jahre geschildert, sowie das Aufkommen des politischen Aktivismus in Tibet und die repressive Politik der Behörden, mit der sie ihn zerschlagen wollen[2]. In Kapitel 3 dieses Berichtes werden die Kampagnen zur „patriotischen Umerziehung“ und die des „Harten Durchgreifens“, die folgenschwersten politischen Maßnahmen der chinesischen Repressionspolitik in Tibet, ausführlich dargestellt. In Kapitel 4 beleuchten wir die Verlagerung des Epizentrums des politischen Aktivismus in der letzten Zeit von der TAR zu den tibetischen Siedlungsgebieten außerhalb der TAR. In Kapitel 5 untersuchen wir die Mängel des chinesischen Strafjustizsystems, das sich nicht an die Vorgaben des internationalen Menschenrechtsregelwerks und der international anerkannten Normen hält, und in den Kapiteln 6 und 7 schildern wir, wieder unter Bezugnahme auf die Menschenrechtsnormen der UNO, die Gefängnisbedingungen in Tibet und die Behandlung der Gefangenen, und letztendlich listen wir all jene politischen Gefangenen auf, deren Fälle dem TCHRD bekannt geworden sind.

Jegliche Information über politische Gefangenschaft wird von den Behörden als „Staatsgeheimnis“ behandelt. Eine Analyse der Gerichtsdokumente aus Tibet zeigt, daß sogar die Zusammenstellung von Gefangenenlisten durch Privatpersonen als Verletzung des „Staatsgeheimnisses“ gewertet wird. Jeder Ansatz zur Weitergabe von Information über politische Häftlinge ohne offizielle Genehmigung wird als „Spionage“ strafrechtlich verfolgt. Wir bewegen uns daher in einem äußerst schwierigen Umfeld, wenn wir versuchen, etwas über tibetische politische Gefangene in Erfahrung zu bringen; gleichzeitig müssen wir dabei die potentielle Gefahr für unsere Kontaktpersonen so gering wie möglich halten. Während wir hier das Thema der politischen Gefangenschaft in Tibet so detailliert darzustellen versuchen, wie das zur Verfügung stehende Material es uns erlaubt, kann kein Bericht in dieser Hinsicht umfassend sein, weil China unter Einsatz aller Mittel zu unterbinden versucht, daß Informationen über Menschenrechtsverletzungen an die Außenwelt gelangen.

Der Rückgang bei der Anzahl an politischen Gefangenen könnte zu dem Schluß führen, daß die Tibeter immer mehr offenen politischen Protest zu vermeiden suchen. Die neue Generation junger Tibeter, zu der sowohl Lehrer, Geschäftsleute und Laien als auch Mönche und Nonnen, die patriotisch eingestellt sind, zu rechnen sind, möchte nicht mehr die harten, oftmals brutalen Strafen riskieren, denen tibetische Gefangene ausgesetzt sind, die unter dem Verdacht, ein „Verbrechen“ begangen zu haben, willkürlich festgehalten und gefoltert werden. Tibeter werden festgenommen aufgrund angeblicher „Verbrechen“ wie dem Drucken von politischen Pamphleten, der Bildung „konterrevolutionärer Organisationen“, welche die Staatssicherheit vermeintlich gefährden, der Spionage, der Weitergabe von Informationen an die „Dalai Clique“, des Rufens „reaktionärer Parolen, des reaktionären Singens“, des Aufziehens oder Besitzes der tibetischen Flagge, des mangelnden Willens zur Gedankenreform und der Teilnahme an Demonstrationen.



[1] “Sonam Gyalpo festgenommen” Human Rights Update, TCHRD, August 2005

[2] TCHRD Annual Report 1999; http://www.tchrd.org/publications/annual_reports/

1999/03_prisoners.html#cases