25. Oktober 2018
Radio Free Asia, www.rfa.org, Free Tibet, www.freetibet.org

China verbietet im dritten Jahr in Folge ein wichtiges Gebetsfest in Larung Gar

Die chinesischen Behörden haben zum dritten Mal ein großes tibetisches Gebetsfest in Larung Gar, der größten buddhistischen Institution weltweit, die einst an die 40.000 Nonnen und Mönche beherbergte, verboten.

In einer offiziellen behördlichen Bekanntmachung vom 16. Oktober heißt es unter Bezugnahme auf Verordnungen des Ressorts für religiöse Angelegenheiten, daß das Dechen Shingdrup Fest dieses Jahr nicht abgehalten werden darf. Weiter wird darin verfügt, daß Leute von außerhalb nicht nach Larung Gar eingeladen werden dürfen. Larung Gar liegt im Bezirk Serthar in der TAP Kardze in der Provinz Sichuan.

Dorfvorsteher und KPC-Kommissionsmitglieder werden angewiesen, die Allgemeinheit zu informieren, daß das Klosterdorf zu keinen religiösen Veranstaltungen betreten werden darf. Die Bekanntmachung wurde gemeinsam von dem Monastischen Verwaltungskomitee von Larung Gar, der Buddhistischen Akademie von Larung Gar und dem Amt für Religiöse Angelegenheiten von Serthar herausgegeben.

Bekanntmachung

Eine Quelle aus dem Bezirk Serthar informierte RFA am 23. Oktober, daß „die chinesischen Behörden dieses Jahr keine Erlaubnis für das Fest gegeben haben. In den vergangenen Jahren, als es noch erlaubt war, dauerte es eine ganze Woche“.

Aus einer über die sozialen Medien verbreiteten tibetischen Tonaufnahme geht hervor, daß dies das dritte aufeinanderfolgende Jahr ist, in dem das Fest verboten wurde. „Buddhistische Gläubige beantragten 2016 eine Genehmigung zur Abhaltung des Festes, doch wie groß war ihre Enttäuschung, als die Regierung keine Erlaubnis dazu gab“, heißt es in der Quelle. „2017 stellten sie erneut einen Antrag, und wieder wurde er abgelehnt, wobei die Behörden die Ablehnung nicht klar und deutlich begründeten“.

„2017 sagten sie, die Umbaumaßnahmen in Larung Gar seien ja gerade erst beendet worden, weshalb es nicht der richtige Zeitpunkt für so eine Veranstaltung sei. Die Regierung benutzte nichts als faule Ausreden, warum sie dem Wunsch der Leute, an der jährlichen religiösen Veranstaltung teilzuhaben, nicht entsprachen“.

Und was das Fest von 2018 betrifft, „so haben die Tibeter wieder bei den chinesischen Behörden auf allen Ebenen vorgesprochen, von den untersten Gemeindeämtern bis zur Präfekturverwaltung“.

„Sie brachten zwei spezifische Bitten vor. Erstens, so sagten sie, sei es wirklich geboten, daß die Behörden das Fest dieses Jahr in Larung Gar gestatteten, weil religiöse Versammlungen legal und im Einklang mit der Religionsfreiheit stünden. Und zweitens, falls die erste Bitte nicht gewährt würde, so sollten die Behörden zumindest ein Fest im kleineren Maßstab, das nur von den Bewohnern des Bezirks Serthar besucht wird, erlauben, aber die Parteikader ließen nicht einmal das zu“, verlautet aus der Quelle.

„Die chinesische Regierung hält die Welt zum Narren, wenn sie behauptet, es herrsche Religionsfreiheit in Tibet. In Wirklichkeit leben die Tibeter in einer Atmosphäre ständiger Furcht und Unterdrückung“, meinte ein Tibet-Experte RFA gegenüber. „Die chinesischen Behörden verweigern den Tibetern ihre grundsätzliche Freiheit und ihre grundlegenden Menschenrechte“.

Abriß von Häusern in Larung Gar

Dechen Shingdrup ist ein bedeutendes Gebetsereignis, das alljährlich am 18. Tag des neunten Monats des tibetischen Kalenders (27. Oktober 2018, die Buddhisten feiern die Herabkunft Buddhas vom Himmel auf die Erde) in Larung Gar abgehalten wurde. Gewöhnlich zieht es tibetische Gläubige von überall im tibetischen Hochland an, also Leute aus Kham, Utsang und Amdo, und es ist zu einer sehr populären, großen Gebetsversammlung und zu einem beliebten religiösen Ereignis geworden“, wird in der Audio-Quelle erläutert.

Viele Tausende Tibeter und Han-Chinesen studierten einst in dem Larung Gar Lehrinstitut, das zu einem der größten und wichtigsten Zentren für das Studium des tibetischen Buddhismus weltweit wurde. Mitte 2017 sagte ein ranghöherer Abt in dem Zentrum, daß die Chinesen im Laufe eines Jahres 4.725 monastische Behausungen zerstört hätten. Und seit die Maßnahmen zur Reduzierung der Anzahl von Mönchen und Nonnen in dem florierenden Klosterkomplex 2001 begannen, seien über 7.000 Unterkünfte abgerissen worden.

Seit 2016 wurden über 4.800 Mönche und Nonnen ausgewiesen, fuhr der Abt fort, wobei viele zur Rückkehr an ihre Herkunftsorte gezwungen wurden und nun keine Möglichkeit zur Fortsetzung ihrer religiösen Studien mehr haben.

Viele der zum Verlassen der Institution gezwungenen Mönche und Nonnen mußten sich schriftlich verpflichten, nie mehr nach Larung Gar zurückzukehren. Inzwischen wurden Sicherheitsbarrieren installiert, und die übrig gebliebenen Bewohner müssen nun Metalldetektoren passieren und als Beweis dafür, daß sie in Larung Gar wohnen, ihre Ausweise vorzeigen.

Da die Behörden die Nachrichtenübermittlung aus Larung Gar blockierten, gab „Free Tibet“ Satellitenbilder der Anlage von vor und nach den Demolierungen von 2016/17 in Auftrag. Die Bilder zeigen, daß Häuser abgerissen wurden, um die Straßen zu verbreitern und neue Wege anzulegen. Man sieht auch Hotels und Parkplätze um die Anlage herum. Diese Bilder lassen darauf schließen, daß ein Hauptgrund für die Demolierungen, Ausweisungen und danach eingeführten Restriktionen wohl derjenige war, Touristen den Zugang nach Larung Gar zu erleichtern. Aber das geschah auf Kosten der dort wohnenden Mönche und Nonnen. 

Satellitenbilder von Larung Gar vor und nach der Abrißaktion (Free Tibet)