24. Februar 2017
Radio Free Asia, www.rfa.org

Seit neun Jahren vermisster tibetischer Schriftsteller ist vermutlich tot

Neun Jahre, nachdem ein streitlustiger tibetischer Schriftsteller während der Massenproteste von 2008 in Sichuan verschwand, nehmen seine Angehörigen nun an, daß der Mann tot ist.

Tsawa Danyuk, der auch Lodroe Palden genannt wird, verschwand im April 2008, nachdem er auf seinem Blog mitgeteilt hatte, daß er von chinesischen Sicherheitsbeamten drangsaliert werde. Dies geht aus einer kürzlich RFA zugegangenen und von einem Verwandten aufgezeichneten Aussage hervor.

Tsawa Danyuk

„Nach diesem letzten Eintrag hörten wir nie mehr etwas von ihm oder über ihn“, sagte der Sprecher, ein naher Angehöriger. „Ich denke, wir können jetzt annehmen, daß er diese Welt verlassen hat“.

Tsawa Danyuk, der aus der Gegend von Tsawagong in der Präfektur Chamdo (chin. Changdu) in der TAR stammt, verschwand, nachdem er seine letzte Mitteilung gemacht hatte, im Bezirk Dzoege (chin. Ruo’ergai) in der Präfektur Ngaba.

„Vor drei Jahren mußte ich, um, wie ich es wünschte, ein paar Worte über gewisse Angelegenheiten sagen zu können, meine Eltern, Geschwister, Lehrer und sogar das Land meiner Herkunft verlassen“, schrieb Tsawa Danyuk, dessen Schriften über heikle Themen nicht nur die chinesische Obrigkeit, sondern auch Mitglieder der tibetisch-buddhistischen Geistlichkeit aufgebracht haben.

„Jetzt, wo ich in dieser für mich fremden Gegend herumwandere, trampelt mir Militärpersonal mit modernen Waffen auf dem Kopf herum“, schrieb er. „Darf ich denn wirklich auf diesem Planeten nicht mehr leben? Das verstehe ich nicht.“

Nachdem seine Familie und ein Freund 2008 den Kontakt mit Danyuk verloren hatten, begannen sie nach ihm zu suchen, sie begaben sich in mindestens 50 Bezirke in Gansu, Sichuan, Qinghai und der TAR, fährt die Quelle fort. „Wir gingen sogar zu Gefängnissen und Polizeistationen, aber ohne Ergebnis“.

„Schließlich führte uns unsere Suche zu einem Haus in der Nähe des Klosters von Dzoege, wo er bei einem älteren Tibeter ein Zimmer gemietet hatte. Und hier entdeckten wir einige seiner alten Kleider, Gegenstände, ein Kurzwellenradio und einige Bücher“. Danyuks Computer, auf dem er gerade ein Buch über tibetische Geschichte schrieb, fehlte jedoch.

Ein guter Freund von Danyuk, der in der Schweiz lebt und viele Jahre lang in engem Kontakt zu ihm stand, nannte den vermißten Schriftsteller einen Mann, „der es wagte, viel zu riskieren, wenn es darum ging, Dogmen in Frage zu stellen“. „Er machte sich keine Gedanken über die Konsequenzen, die seine offene und kritische Denkweise über Politik und Religion haben könnte“, heißt es aus der Quelle.