Grosse Sorge wegen Belagerung des Klosters Kirti -
Rinpoche aus dem Exil richtet verzweifelten Appell an die chinesische Regierung
Die Tibetische Regierung-im-Exil fordert ein Ende der Belagerung des großen Klosters Kirti in der Provinz Sichuan, welche als die Reaktion der Behörden auf den Tod eines Mönchs durch Selbstverbrennung vor einem Monat gesehen wird.
„Die chinesische Regierung sollte endlich die Bedürfnisse des tibetischen Volkes zu verstehen lernen“, sagte Sangye Kyab, ein Sprecher der Exilregierung, der Chinesisch spricht. „Es ist nicht auszudenken, was passieren wird, wenn die Lage so fortdauert“.
Ortsansässige Tibeter kampierten nachts vor dem Kloster. „Am Mittwoch Abend blieben viele Tibeter vor dem Kloster sitzen und verbrachten die Nacht dort“, sagte ein anderer Mönch aus Dharamsala namens Tsoge. „Sie taten dies, weil das Militär plant, alle Mönche aus dem Kloster wegzubringen. Wir wissen nicht, ob dies schon geschehen ist oder nicht.“
Beamte von dort leugneten diese Nachrichten kategorisch, während die Bewohner von Ngaba zu große Angst hatten, etwas von sich zu geben…
Tsoge fuhr fort, daß jeder, der bei der Annahme von Anrufen von außerhalb der Region erwischt wird oder mit Personen von außerhalb spricht, schreckliche Schwierigkeiten mit den Behörden bekomme. Die meisten Leute würden vor lauter Furcht keinen solchen Anruf annehmen, besonders wenn sie über die derzeitige Lage befragt würden.
Sangye Kyab zufolge darf niemand das Kloster verlassen oder es betreten. „Das gesamte Kloster wurde mit Stacheldraht umzäunt und eingemauert, die Mönche, die drinnen sind, dürfen nicht hinausgehen. Und die Leute von draußen dürfen auch nicht hineingehen. Das Kloster ist jetzt wie zu einem Gefängnis geworden“.
Sangye Kyab bestätigte Berichte, daß zwei ältere Tibeterinnen bei dem Zusammenstoß der Sicherheitskräfte mit den Bewohnern ums Leben kamen. „Gestern erfuhren wir, daß die Ortsansässigen das Kloster umringten, weil das Militär plant, es zu stürmen und die Mönche an andere Orte zu verbringen“. „Die Polizei ließ ihre Hunde auf sie los, dabei wurden zwei ältere Leute so schwer verletzt, daß sie später starben“.
Der im Exil in Dharamsala lebende Rinpoche von Kirti richtete einen Appell an die dort ansässigen Bewohner, sich auf keinen Fall zu unüberlegten Handlungen hinreißen zu lassen. „Ich bitte Euch zu bedenken, daß derartige Konfrontationen uns nur noch mehr Leid einbringen“, heißt es in seiner Erklärung, die von International Campaign for Tibet (ICT) ins Englische übersetzt wurde. Er mahnte die Tibeter, „sich bei allen ihren weiteren Schritten strikt an den Grundsatz der Gewaltlosigkeit zu halten“.
Er fügte jedoch hinzu: „Die gegenwärtige Repression von ganz gewöhnlichen Leuten, sowohl Mönchen als auch Laien, die aus Verzweiflung die Konfrontation mit den chinesischen Sicherheitskräften eingehen, ist in der Tat schwer zu ertragen“.
„Unterdessen rief Sangye Kyab die internationale Gemeinschaft dazu auf, laut und deutlich ihre Besorgnis über die Lage in Kirti zu äußern. „Das sind genau die grausamen und barbarischen Taktiken, welche die chinesische kommunistische Partei in Tibet anwendet“, sagte er. „Die Kontrollen in Kirti sind seit dem Volksaufstand von 2008 sehr streng“.
Das Schwester-Kloster von Kirti im Exil in Indien gab eine Erklärung heraus, worin es den exzessiven Gewalteinsatz verurteilt. „Bewaffnete Truppen zusammen mit Regierungskadern gehen derzeit in brutalster Weise gegen das Kloster Kirti in Ngaba vor, sie haben die Mönche jeglicher Freiheit beraubt und in einen Zustand der Verzweiflung gestürzt“, heißt es in der von dem „Lama des Klosters Kirti im Exil“ unterzeichneten Botschaft.
Die Tibetische Regierung-im-Exil stimmt der Erklärung des Rinpoche völlig zu: „Die Unterdrückung des tibetischen Volkes ist wirklich sehr ernst“. „Die Tibeter dürfen auch nicht das geringste Mißfallen an der chinesischen Regierung äußern, sonst fordern sie extreme Maßnahmen wie diese heraus“.
Ein anderer Mönch des Schwester-Klosters von Kirti in Indien sagte, die Behörden hätten in den letzten Tagen von einem Plan gesprochen, die Mehrheit der Mönche an einen anderen Ort zu bringen.
Am Dienstag kam es zu einer größeren Konfrontation, als Tibeter, die gekommen waren, um den Mönchen Nahrungsmittel zu bringen, etwa 40 Busse voller Militärpersonal in der Nähe des Klosters erblickten. Sie rannten sofort zu dem Tor des Klosters, um den Eingang zu blockieren, denn sie fürchteten, daß die Verhaftung der Mönche unmittelbar bevorstünde. Die bewaffnete Polizei schlug daraufhin auf die Tibeter ein, und einige wurden auch von den Polizeihunden gebissen.
Das Gerangel dauerte etwa drei Stunden, bis die Behörden noch mehr Polizei zur Verstärkung sandten. „Die Tibeter dachten, daß sie die Mönche festnehmen würden, und sie stürzten sich alle dorthin, um den Militärfahrzeugen den Weg zu versperren“. „Die Sicherheitskräfte hatten speziell trainierte Hunde dabei und ließen diese auf unsere Leute los, viele wurden verletzt“.
Die Regierung plane, alle Mönche im Alter von 18 bis 40 Jahren an andere Orte zu verfrachten, wo sie einer intensiven „patriotischen Umerziehung“ unterzogen würden. Seit letzter Woche seien bis zu 2.000 bewaffnete Volkspolizisten in der Nähe von Kirti aufmarschiert. Alle religiösen Aktivitäten im Kloster seien eingestellt worden.
Bereits 2008 wurde eine große Anzahl von Mönchen aus ihren Klöstern fortgebracht und „zum Zwecke des Studiums“ inhaftiert. Im April 2008 stürmte die bewaffnete Polizei die drei Hauptklöster von Lhasa, Sera, Drepung und Ganden, die seit dem Beginn der großen Demonstrationswelle bereits unter Belagerung standen, und führte alle Mönche ab. Mindestens 600 Mönche aus Drepung wurden am frühen Morgen des 25. April 2008 weggebracht, manche mit übergestülpten schwarzen Kapuzen, und mit der Eisenbahn nach Golmud in Qinghai verfrachtet, wo sie in „Recht und Gesetz“ unterrichtet wurden. Kranke und verletzte Mönche erhielten keine medizinische Behandlung, und andere erlitten in diesem Klima permanenter Furcht und Gefangenschaft psychische Traumata. Ihre Angehörigen und Freunde hatten monatelang keine Ahnung, wo sie sich befinden, sie wußten nicht einmal, ob sie noch am Leben waren oder nicht (1).
(1) 19. April 2008, “400 Mönche des Klosters Sera verhaftet“
3. Juli 2010, „Gelek schildert, was den Mönchen des Klosters Sera im Frühjahr 2008 widerfuhr“
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