Extreme Sicherheitsmaßnahmen in Tibet am 14. März - Mönch aus Kardze festgenommen
Am dritten Jahrestag der regionalen Unruhen in Tibet herrschen strengste Sicherheitsmaßnahmen.
Die chinesischen Behörden in der tibetischen Hauptstadt Lhasa und den Nomadengegenden Südwestchinas erhöhten am dritten Jahrestag der ausgedehnten regionalen Unruhen den Einsatz bewaffneter Polizei. Ein Mönch wurde nach einer Soloprotestaktion festgenommen.
Quellen aus der tibetischen Präfektur Kardze (chin. Ganzi) in der Provinz Sichuan zufolge stand die ganze Gegend unter schärfster Überwachung, nachdem ein Mönch am 10. März, dem 52. Jahrestag des tibetischen Volksaufstandes von 1959, dort Flugblätter verteilt hatte.
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Militärpolizei in Lhasa (RFA)
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Die Demonstrationen vom 10. März 2008 in Lhasa entarteten vier Tage später in gewalttätige Auseinandersetzungen. Mehr als hundert Menschen wurden nach Berichten der Tibetischen Regierung-im-Exil in Indien bei dem anschließenden harten Durchgreifen des chinesischen Militärs gegen die friedlichen tibetischen Demonstranten im Laufe das Jahres getötet.
Ausländische Touristen wurden daraufhin ein ganzes Jahr lang von der Region ausgeschlossen, und seitdem gilt dieses Verbot für sie jedes Jahr um den 14. März herum.
Wie aus den Quellen verlautet, hätten die Tibeter den Jahrestag trotz der strengen Sicherheitsmaßnamen dennoch im Verborgenen begangen.
Der Mönch Wangchen Gelek aus dem Kloster Dothong in Kardze rief am Donnerstag, den 10. März, um die Mittagszeit inmitten einer größeren Menschenansammlung auf dem Marktplatz der Kreisstadt Parolen. Dann warf er ein Bündel Flugblätter und Gebetsfähnchen in die Luft und rief „Free Tibet“ und „Lange lebe Seine Heiligkeit der Dalai Lama“. Augenzeugen zufolge stürzten sich sofort Beamte der örtlichen Polizei auf ihn, schlugen ihn heftig und führten ihn dann ab. Wo er sich jetzt befindet, ist unbekannt.
Dort ansässige Tibeter, die Gebete für den Mönch organisierten, sagten, er habe sich fünf Tage vor seiner Protestaktion in dem Kloster abgemeldet und seine Freunde darauf vorbereitet, daß sie ihn vielleicht nie mehr wiedersehen würden.
Andere Personen in Kardze scheinen jedoch nichts von dem Vorfall gemerkt zu haben. „Die Spezialeinheiten der Polizei haben dieses Jahr ihren Einsatz aufgestockt“, sagte ein chinesischer Einwohner von Kardze „Es gibt keine Anzeichen von Störfällen“. „Sie halten die Leute in der Stadt an, kontrollieren ihre Personalausweise, sie kontrollieren einfach alles“.
Ein Angestellter in einem staatlichen Hotel in dem Nachbarbezirk Serthar (chin. Seda) antwortete auf eine telefonische Anfrage, daß das Hotel schon vor dem Jahrestag voller Beamter aus dem Ort gewesen sei. „Ja, es wurde komplett von der Regierung übernommen. Wir haben keine Zimmer… Rufen Sie in ein paar Tagen wieder an.“ Am 25. März würde das normale Geschäft wieder aufgenommen. „Es gibt eine Menge bewaffneter Polizei, sie durchkämmt alles“.
In Lhasa schienen die Straßen ruhig zu sein. „Sie erhöhten die Zahl der bewaffneten Patrouillen erheblich“, gab ein Bewohner, der sich Zhang nannte, an. „Man kann in die Klöster gehen, wenn man einen Personalausweis hat… Die Leute von hier haben ihn meist nicht bei sich, aber alle, die von anderen Orten in China kommen, tragen ihn bei sich“.
Örtlichen Quellen zufolge hat sich die Polizei vor dem Jahrestag am Montag, der auch den Beginn eines neuen Semesters markiert, in der Tibet Universität von Lhasa einquartiert.
Ein Angestellter in einem Hotel in Lhasa sagte, sie seien angewiesen worden, bis auf Weiteres keine ausländischen Gäste mehr aufzunehmen. „Wir dürfen sie nicht hereinlassen. Wir warten auf eine Anordnung im April, damit wir wieder Touristengruppen aufnehmen dürfen. Wir müssen auf die Anordnungen von oben warten, ehe wir Ausländer akzeptieren können“.
Kalsang Gyaltsen, ein Mitglied des tibetischen Exilparlaments informierte, seit dem 10. März sei die Sicherheitsschraube in allen Teilen Tibets angezogen worden. „Die ganze Region steht jetzt unter scharfer Kontrolle. Kürzlich rühmten sie sich damit, daß sie noch mehr für die Durchsetzung der Gesetze und die Stabilität ausgeben würden. Das läßt darauf schließen, daß sie auch weiterhin solche drastischen Methoden bei ihrem Umgang mit benachteiligten sozialen Gruppen und ethnischen Minderheiten anwenden werden.“
Er fügte hinzu, daß Stabilität und politischer Erfolg aber nicht durch den Einsatz von Sicherheitskräften zu erreichen seien. „Sie sollten vielmehr auf die Forderungen der ethnischen Minderheit eingehen. Wenn sie ihre Politik nicht ändern, dann werden sie jeden Tag, jeden Monat, jedes Jahr irgendein heikles Datum haben“.
Die Ausgaben des Staatshaushalts für die innere Sicherheit übertrafen zum ersten Mal das Militärbudget, sie stiegen dieses Jahr auf 624,4 Mrd. Yuan (US $ 95,3 Mrd.). Das Budget der Volksbefreiungsarmee beläuft sich hingegen 601,1 Mrd. Yuan (US $ 91,4 Mrd.).
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