5. April 2011
Radio Free Asia, www.rfa.org, DIIR, www.tibet.net

Mönch aus dem Kloster Labrang, der 2008 ausländische Journalisten über die Menschenrechtslage aufklärte, gestorben

Ein tibetischer Mönch, der während der Protestwelle 2008 vor einer im Kloster Labrang zu Besuch weilenden ausländischen Mediendelegation freimütig seine Meinung kundtat und daraufhin in der Polizeihaft grausam mißhandelt wurde, erlag den Folgen seiner schweren Verletzungen.

Jamyang Jinpa

„Ein Mönch des Klosters Labrang in der TAP Kanlho (chin. Gansu) starb am Sonntag um zehn Uhr vormittags“, verlautet aus exiltibetischen Quellen mit Kontakten zu der Region.

„Er hieß Jinpa, er war 37 Jahre alt. Wegen seiner Beteiligung an den Protestaktionen von 2008 schlugen sie ihn fürchterlich“, teilte ein Mönch aus Dharamsala mit.

International Campaign for Tibet (ICT) in Washington bestätigte Jinpas Tod, der nur einen Monat auf den Tod des 42jährigen Mönches Sangye Gyatso, ebenfalls aus dem Kloster Labrang, erfolgte.

Jamyang Jingpa wurde am 9. April 2008 spätnachts in Labrang festgenommen. Wegen seiner guten englischen Sprachkenntnisse – 1993 war in Indien gewesen – führte er eine Gruppe ausländischer Journalisten, die sich auf einer offiziellen, vom Staat gesponserten Medientour befanden, durch die Klosteranlage. Die Behörden wollten ihnen beweisen, daß Ruhe und Ordnung wiederhergestellt und nun alles „friedlich“ sei (1).

„Da stürmten plötzlich etwa 14 Mönche in den Klosterhof und begannen vor den Reportern friedlich zu demonstrieren. Jamyang Jinpa ergriff sofort diese seltene Gelegenheit und schloß sich ihnen an, er sprach mit den Journalisten über die verheerende Menschenrechtslage“, heißt es bei ICT.

Zehn Tage lang folterte ihn die Polizei ununterbrochen während der Vernehmung, so daß er dem Tode nahe war. Am 15. Mai wurde er in übel zugerichtetem Zustand aus der Haft entlassen und nach Hause geschickt.

Die Symptome, die er aufwies, sind typisch für fortgesetzte Folterung. „Gehirnblutungen können die Folge von Schlägen und Stößen auf den Kopf sein, in diesem Fall könnten noch andere Faktoren wie eine Nierenschädigung hinzugekommen sein, ebenfalls eine Folge der Schläge und der Dehydrierung“, erläuterte ein medizinischer Experte von ICT.

Als Jamyang Jinpas Angehörige den schwerkranken Mönch aus der Haftanstalt abholten, „konnte er weder gehen noch stehen, er hatte kein Gefühl mehr in den Beinen. Er konnte seine Angehörigen nicht mehr erkennen, denn er hatte das Augenlicht verloren, er wußte auch nicht mehr, was mit ihm passiert war“.

Obwohl sich Jinpas Sehvermögen und sein mentaler Zustand dank der Pflege seiner betagten Eltern, die in den letzten drei Jahren alles taten, um ihm medizinische Behandlung zukommen zu lassen, etwas besserte „erholte er sich nicht mehr, und schließlich starb er am 3. April vormittags“.

Jinpa hatte an tibetischen Schulen im Exil Englisch gelernt, weshalb er als Fremdenführer für ausländische Touristen im Kloster Labrang eingesetzt wurde.

Jamyang Jinpa rechts mit erhobenen Armen

Die Bilder von Jamyang Jinpa, Sangye Gyatso und den 13 anderen Mönchen von Labrang, die vor den ausländischen Journalisten ihre Meinung vertraten, gingen damals um die Welt, siehe YouTube Video

Sangye Gyatso, der bereits zuvor Demonstrationen im Kloster angeführt hatte, organisierte auch die Protestaktion vor der ausländischen Presse 2008. Er war anfänglich, nachdem die Behörden einen Haftbefehl gegen ihn erlassen hatten, der Festnahme entgangen, doch infolge des monatelangen Dahinvegetierens in den Bergen, wo er sich verborgen hielt, wurde seine Gesundheit immer schlechter. Am 26. Februar 2011 starb er schließlich bei sich zu Hause (2).

Seit den massiven Demonstrationen von 2008 und deren grausamer Niederschlagung durch die bewaffnete Volkspolizei, gab es immer wieder Fälle, wo Tibeter einzeln oder in Grüppchen gegen die chinesische Herrschaft protestierten, wobei sie bewußt Inhaftierung, Strafverfolgung und Folterung in der Polizeihaft riskierten.

(1) 18. April 2008, „Die verzweifelten Ausrufe der Mönche von Labrang vor ausländischen Medienvertretern

Wir Tibeter, besonders die Älteren, sind wie die untergehende Sonne über einem Berggipfel!"

(2) 28. Februar 2011, „Sangay Gyatso, einer der Demonstranten von 2008 in Labrang, gestorben