24. Juni 2010
Radio Free Asia, www.rfa.org

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Chinesisches Gericht verurteilt den bekannten Umweltaktivisten Karma Samdrup zu 15 Jahren Gefängnis

Ein Gericht in der nordwestchinesischen Region Xinjiang verurteilte heute den prominenten tibetischen Geschäftsmann und Umweltaktivisten Karma Samdrup im Zusammenhang mit einer Anklage wegen Diebstahls (die ursprünglich 1998 für nichtig erklärt worden war *) zu 15 Jahren Gefängnis und einer empfindlichen Geldstrafe, wie sein Anwalt und seine Frau Radio Free Asia mitteilten.

Der 42jähritge Karma Samdrup bestritt die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen und, wie sein Anwalt RFA gegenüber äußerte, will er Berufung einlegen.

„Das Urteil ist unfair“, sagte seine Frau Dolkar Tso. „Ich bat darum, meinen Mann sehen und mit ihm sprechen zu dürfen, aber sie erlaubten es mir nicht“. „Ich wollte ihm nur sagen, daß alle seine Verwandten stolz auf ihn sind, und er sich keine Sorge um uns zu machen brauche, aber man gab mir keine Gelegenheit dazu“.

Pu, der Anwalt, fügte hinzu, daß Karma Samdrup von dem Gericht in Yanqi, Autonome Uighurische Region Xinjiang (XUAR), zusätzlich zu der 15jährigen Gefängnisstrafe zu fünf Jahren Aberkennung der bürgerlichen Rechte und einer Geldstrafe von 10.000 Yuan (US$ 1.500) verurteilt worden sei. „Er widersprach der gegen ihn vor Gericht erhobenen Anklage und tat seine Absicht kund, Berufung einzulegen“, fuhr Pu fort. Dem chinesischen Gesetz zufolge muß die Berufung innerhalb von zehn Tagen eingereicht werden.

Karma Samdrup, ein Umweltaktivist und Kunstsammler wurde am Dienstag vor Gericht gestellt. Dolkar Tso, die bei der Gerichtsverhandlung anwesend war, sagte, ihr Mann habe sehr angegriffen ausgesehen, er sei wohl mit irgendwelchen Pharmaka behandelt worden und um 20 kg abgemagert.

In seiner Aussage vor Gericht sagte Karma Samdrup, daß die Beamten ihn in den Monaten der Vernehmung geschlagen, tagelang des Schlafs beraubt und ihm eine Substanz verabreicht hätten, die seine Augen und Ohren bluten ließ.

In einem bemerkenswerten Blog teilte Dolkar Tso ihre Eindrücke über die Gerichtsverhandlung mit. Dieses wurde auf Woesers Blog wiedergegeben und von HighPeakPureEarth übersetzt. Es folgt ein Absatz daraus:

„Als mein Mann vor Gericht sprach, hielt er ein wenig inne und sagte dann ‚Heute sind meine Freunde und Verwandten hier, und es gibt wohl sehr viel, das ich nicht sagen sollte’. Was wir daraufhin hörten, übertraf unsere schlimmsten Vorstellungen, wir hörten von den verschiedensten grausamen Foltermethoden, Mißhandlungen rund um die Uhr, von bisher unbekannten Folterinstrumenten und der Verabreichung von medikamentösen Substanzen, von harten und weichen Taktiken, ja sogar davon, daß Mitgefangene herangezogen und angewiesen wurden, ein Geständnis aus ihm zu erpressen. Wenn er gewisse Details nicht sagen wollte, wurde er psychisch gefoltert. Wenn er essen oder zur Toilette gehen wollte, mußte er ein ‚IOU’ schreiben [IOU = I owe you ist ein englischer Ausdruck für Schuldschein]. Die Summe all dieser IOUs beläuft sich bereits auf 660.00 RMB (US$96.864). Die dann ‚gekauften’ Nahrungsmittel wurden zuerst von den Leuten zermalmt, indem sie mit den Füßen darauf herumstampften. Es gab Schläge ohne jeden Grund, und das kam so oft vor, daß er sie gar nicht mehr zählen konnte. Mit trauriger Stimme sagte er, daß er sich schon aufs Sterben vorbereitet und einen Brief an seine Verwandten verfaßt habe, in dem er Anweisungen gab, was sie nach seinem Tod tun sollten. Zwei ältere Dolmetscher, die bei der Gerichtsverhandlung übersetzten, hatten ganz rote Augen und weinten bitterlich. Der Anwalt fing auch fast zu weinen an“.

Der Anwalt Pu sagte, Karma Samdrup sei bereits 1998 und dieses Jahr wieder gefoltert worden. „Das Public Security Bureau der Präfektur Bazhou folterte ihn und versuchte ein Geständnis von ihm zu erpressen. Von den 90 kg, die er vorher wog, verlor er etwa 20 kg im Gefängnis, außerdem schuldet er der Haftanstalt und anderen Insassen 660.000 Yuan für Essen und Wasser“.

* Siehe hierzu die gestrigem Mitteilung von RFA: „Prominenter tibetischer Umweltaktivist und Philanthrop Karma Samdrup vor Gericht gestellt