Mindestens 10 Tibeter in Nagchu wegen Protesten gegen Bergbau festgenommen
Die Behörden sind entschlossen, die Arbeiten an einem umstrittenen Projekt fortzusetzen.
Die chinesischen Behörden in der Autonomen Region Tibet (TAR) unterdrückten Protestaktionen gegen den Abbau von Bodenschätzen an einem heiligen Berg, sperrten die Protestierenden ein und warnten die dortige Bevölkerung vor weiteren Demonstrationen.
Seit September haben Tibeter im Bezirk Driru (chin. Biru) der Präfektur Nagchu in der TAR versucht, chinesische Arbeiter daran zu hindern, am Salween (Gyalmo Ngulchu), der in der Nähe eines heiligen Berges vorbeifließt, einen Staudamm zu bauen. Sie glauben, daß die Chinesen dort nicht nur einen Staudamm bauen, sondern auch nach Bodenschätzen graben wollen. Der heilige Berg, der Lhachen Naglha Dzambha heißt, ist für die Tibeter seit alters her als Stätte der Anbetung von Bedeutung.
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Sicherheitskräfte in Namling rücken an, um gegen ein Bergwerk protestierende Tibeter festzunehmen (Archivbild von Woeser)
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Ein tibetischer Mönch in Indien sagte unter Berufung auf Quellen in Tibet: „Es wird gemunkelt, daß die chinesischen Geologen in dem Berg Spuren reicher Goldvorkommen entdeckt haben“.
„Die meisten Tibeter, die bei den Protestaktionen im September gegen den Abbau von Bodenschätzen führende Rollen spielten, sind jetzt inhaftiert worden“, verlautet aus einer Quelle aus Tibet, die anonym bleiben möchte. „Drei andere Tibeter, die nicht direkt an dem Protest beteiligt waren, reichten bei den Lokalbehörden in Nagchu eine Petition ein. Alle drei, die die Quelle als Buphel, Tsegon und Samten nannte, wurden sofort in Gewahrsam genommen“, heißt es weiter.
Die drei Männer seien am 28. September festgenommen und zwei Tage lang inhaftiert gewesen. Später habe man sie auf Zahlung eines Lösegeldes von 50.000 Yuan (US$ 7.500) wieder laufen lassen, aber Tsegon und Samten seien am 30. September erneut festgenommen worden. Wegen der Proteste seien die Arbeiten an dem Projekt vorerst eingestellt worden.
Beamte der lokalen Behörden gingen in die einzelnen Dörfer der Gegend und zwangen die Bewohner, sich durch einen Daumenabdruck auf ein Schriftstück zu verpflichten, daß sie nicht weiter protestieren würden. „Es wurde ihnen erklärt, daß der Staudamm ein größeres staatliches Entwicklungsprojekt sei und man drohte ihnen mit Festnahme, Gefängnis oder gar dem Tod, falls sie ihren Widerstand nicht aufgeben würden“, sagte der Mann weiter.
Der tibetische Mönch aus Indien nannte zwei der Anführer des ursprünglichen Protests mit Dorje Draktsel und Palden Choedrak. Indessen sagte Ngawang Tharchin, ein Reporter aus Dharamsala, er habe erfahren, daß „etwa zehn tibetische Anführer auf die Protestaktionen hin festgenommen worden seien. Weitere Details weiß ich nicht, die Leute dort haben zu große Angst, mehr zu sagen“.
Am 4. oder 5. Oktober wandten sich Bewohner und Beamte der Ortschaften Dathang und Tsachu an die Behörden und ersuchten diese, die Bauaktivitäten an dem heiligen Berg einzustellen. Statt ihrer Bitte stattzugeben, wurden zwanzig Personen festgehalten, und etliche geschlagen. Als sich dann die Frauen der zwei Ortschaften um die Freilassung ihrer Männer bemühten, versprachen die Behörden, sie alle bis auf einen wieder laufen zu lassen.
Den Behörden zufolge sollen die Arbeiten an dem Projekt nächstes Jahr beginnen. Ein Polizeioffizier des Bezirks Driru, den RFA telefonisch kontaktierte, meinte: „Ich weiß nicht viel über diese Vorfälle“, und verwies an eine andere Telefonnummer, von der aber keine Antwort erfolgte.
Ein Reporter eines staatlichen tibetischen Volkssenders in Lhasa sagte, er wisse nichts über die Vorfälle, und außerdem „sind wir gar nicht berechtigt, über solche Ereignisse zu berichten, sie müssen geheim bleiben, wir dürfen über nichts berichten, was die ‚harmonische Gesellschaft’ in Frage stellen könnte“.
Der Bergwerksbetrieb in tibetischen Gebieten führte schon mehrfach zu Konfrontationen mit den ansässigen Tibetern, die den chinesischen Firmen vorwerfen, daß sie bei der Ausbeutung der Naturschätze Tibets ihre Stätten spiritueller Bedeutung verwüsten und die Umwelt verschmutzen.
Im August feuerten chinesische Sicherheitskräfte in der Provinz Sichuan in eine Menge von Tibetern, die gegen den Bergwerksbetrieb im Bezirk Palyul in der TAP Kardze protestierten, und im Mai wandten sich Dorfbewohner im Bezirk Markham in der TAR gegen den Abbau von Bodenschätzen an einem ihnen heiligen Berg.
Viele Tibeter glauben, daß das verheerende Erdbeben in Kyegudo in der Provinz Qinghai und die Erdrutsche und Murenabgänge in Drugchu in der Provinz Gansu mit durch den Bergwerksbetrieb und den Aushub des Erdreiches verursacht wurden.
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