8/10. August 2009
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Junger tibetischer Autor im Gefängnis verschwunden – Gedichte eines verstorbenen Schülers verbreitet

Tibetischen Blogs zufolge ist ein junger Autor und Universitätsstudent, der Herausgeber des verbotenen Literaturmagazins Shar Dungri (Östlicher Schneeberg) über die Protestaktionen von 2008 ist, seit Ende Juli verschwunden. Tashi Rabten (Künstlername Therang), ein Student der Nordwestlichen Minderheiten-Universität in Lanzhou, ist seit dem 26. Juli, als die Universität für die Sommerferien schloß, nicht mehr gesehen worden. Tashi ist aus dem Bezirk Dzoge (chin. Ruoergai) in der TAP Ngaba, Provinz Sichuan, gebürtig. Er schrieb auch eine Reihe von Essays unter dem Titel „Mit Blut geschrieben“.

Ein tibetischer Bewohner der Gegend, der anonym bleiben möchte, teilte Radio Free Asia mit: „Er wurde in der Tat festgenommen und nach Barkham gebracht. Vermutlich wird er im dortigen Haftzentrum des Public Security Bureau festgehalten“.

<--- Tashi Rabten, alias Therang

„Wegen der Sommerferien war er nach Hause gefahren und erreichte am 17. Juli seinen Heimatort; seit dem 26. Juli wird er vermißt. Er rief einige seiner Verwandten an und sagte, er könne jetzt nicht mehr kontaktiert werden, aber nannte keine Gründe dafür“, verlautet aus einer Quelle in Ngaba.

„Er veröffentlichte über 1000 Exemplare seines Buches „Mit Blut geschrieben“, 400 davon verteilte er, ehe die Behörden es verboten“.

Es ist das Schlimmste für seine Sicherheit zu befürchten, denn sein jüngstes Werk gilt den Behörden als politisch brisant. Tashi stand bereits seit geraumer Zeit unter behördlicher Beobachtung. Nächstes Jahr sollte er sein Abschlußexamen ablegen. Einer seiner Freunde sagte über ihn: „Unter seinen Studienkollegen, unter den Intellektuellen und den gewöhnlichen Lesern in Tibet war er sehr populär und genoß großes Ansehen als ein tapferer junger Autor“. Und in Bezug auf sein Buch „Mit Blut geschrieben“ fügte er hinzu: „Es enthält viele wertvolle Essays über Demokratie, Freiheit und Gleichheit. Ich kann wirklich nichts Illegales darin entdecken. Es ist alles sehr genau beschrieben und es stimmt alles haargenau.“ Aus derselben Quelle verlautet, daß Tashis Aktivitäten streng überwacht wurden und alle Exemplare seines Buches an der Universität beschlagnahmt wurden.

Indessen wurde eine Sammlung von 25 Gedichten des tibetischen Schülers Yung Lhundup, der sich im letzten Jahr das Leben nahm *, von einem seiner Freunde unter dem Titel „Das gefangene tibetische Volk“ in Umlauf gebracht.

Der 17jährige Yung Lhundup, ein Schüler an der Mittelschule No. 1 im Bezirk Chentsa (chin. Jianza) in der TAP Malho (chin. Huangnan), Provinz Qinghai, beging am 18. Oktober vergangenen Jahres Selbstmord, indem er sich vom dritten Stockwerk des Schulgebäudes hinabstürzte. Lhundup war einer jener Schüler, welche am 27. März 2008 die chinesische Nationalflagge heruntergeholt und verbrannt und sie durch traditionelle tibetische Khatags (Begrüßungsschals) ersetzt hatten.

* Siehe „Selbstmord eines Schülers zum Beweis dessen, daß es in Tibet keine Freiheit gibt“


HighPeaksPureEarth bringt eine Übersetzung eines Blogs über Tashi Rabten, alias Therang, das auf der tibetisch-sprachigen Seite „Khabdha“ erschien:

„Schlechte Nachricht: Tashi, auch als Therang benannt, unser intelligenter, kluger und mutiger Bruder aus dem Schneeland, wurde am 26. Juli insgeheim vom Feind festgenommen. Es gibt keine Spur mehr von ihm, wie bei einem Vogel, der von einem Felsen abhob.

Ein paar vertrauten Freunden zufolge haben die Behörden ihn nach dem Aufstand von 2008 nicht nur viele Male verhört, sondern seine Bewegungen genauestens überwacht und ihn gezwungen, über all seine Aktivitäten Bericht zu erstatten. Ende 2008 schrieb er angesichts der erbärmlichen Lage des tibetischen Volkes ein Buch, in dem er Kritik an der Regierung übte: „Mit Blut geschrieben“ (Khrag yig). Mittels der Metapher von Fleisch und Blut enthüllt das Buch die Repression und die Verbrechen des kommunistischen Regimes. Deshalb war er der Regierung ein Dorn im Auge. Der tapfere und gescheite Therang erleidet jetzt unsägliche Schmerzen und Pein in dem finsteren Kerker der kommunistischen Regierung.

<-- Ein Mönch liest das Buch "Khrag yig"

Ist es nicht überaus traurig für das tibetische Volk, einen jungen tapferen Menschen wie ihn zu verlieren? Wenn alle Leute, die Liebe zu unserer Nation empfinden und alle mutigen jungen Leute einfach verschleppt werden, wozu dann Parolen rufen und die Fäuste in die Luft recken? Gibt es keine fähigen Köpfe unter uns Tibetern? Sollte sich das tibetische Volk nicht erheben, wenn es dermaßen geknechtet wird? Wie viele Leute wie Therang gibt es unter uns, die sich nicht fürchten, über das Elend ihrer Mitmenschen zu sprechen? Wie viele Leute gibt es unter uns, die so intelligent und tapfer wie Therang sind? Wie viele Leute gibt es unter uns, die so jung und entschlossen sind wie er? Sollten wir nicht um dieses großen Denkers willen aufstehen?“

Von jemand aus Lhasa am 28. Juli 2009 nach dem Erhalt der schlechten Nachricht geschrieben: Text auf Tibetisch bei Khabdha.