Weitere Festnahmen und explosive Lage in Osttibet
Tibetische Quellen berichten über eskalierende Spannungen im Osten der Autonomen Region Tibet (TAR). Einem chinesischen Polizeisprecher zufolge wurden bei einer Razzia fünf Personen festgenommen und zu Haftstrafen verurteilt.
„Die Tibeter sind dieser Tage sehr unverschämt und aggressiv. Wir hatten keine andere Wahl als einschneidende Maßnahmen gegen die Demonstranten zu ergreifen“, sagte ein Polizeisprecher der Präfektur Chamdo in einem Telefon-Gespräch. „Wir mußten einfach gegen die tibetischen Demonstranten im Bezirk Jomda (chin. Jiangda) hart vorgehen.“
Weiter sagte der Mann, der nicht genannt werden wollte, diese Woche seien fünf Tibeter zu 2 - 2½ Jahren schwerer Zwangsarbeit verurteilt worden, weil sie einen Dorfvorsteher verprügelt hätten. „Viele Tibeter haben örtliche Behördenvertreter körperlich angegriffen, aber diese fünf gehören zu den ernstesten Fällen.“
Auch Tibeter, die ursprünglich aus der Gegend von Jomda stammen, jetzt aber in Dharamsala leben, berichteten über steigende Spannungen und Zusammenstösse in ihrer Heimat. Sie berufen sich auf Kontakte mit Einwohnern von Jomda.
Seit dem Aufstand vom vergangenen Jahr, der sich von der tibetischen Hauptstadt Lhasa aus rasend schnell in die benachbarten Provinzen ausbreitete, haben die chinesischen Behörden ihre Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen in allen tibetischen Gebieten massiv verstärkt. Es ist seither sehr schwierig geworden, Informationen aus erster Hand zu erlangen.
Den Aussagen eines Samten genannten Mannes zufolge versuchten die Behörden in sechs Klöstern in Jomda die Durchführung der „Patriotischen Umerziehung“ zu erzwingen. In einem davon, dem Kloster Nyedo, verhafteten sie drei Mönche und einen Gehilfen und setzten sie im örtlichen Haftzentrum fest.
Die Namen der festgenommen Mönche werden als Lore Tseten, 32, Dudjom, 23, und Choekyi Nyima, 32, angegeben. Hunderte Tibeter aus neun Dörfern hätten sich vor dem Haftzentrum versammelt und ihre Freilassung gefordert, fügte er hinzu. Daraufhin seien Hunderte von Sicherheitskräften mit Tränengas gegen die Menge vorgegangen, wodurch zahlreiche Demonstranten ohnmächtig geworden und ins Krankenhaus gebracht worden seien.
„Ein Tibeter namens Kalsang, der früher in der chinesischen Armee gedient hatte und gut Mandarin sprach, ging auf die Polizisten zu, um sie zu bitten, das Versprühen des giftigen Gases einzustellen. Als Antwort schlugen sie ihn zusammen.“ Später am Tag hätten dann tibetische Respektspersonen bei den chinesischen Behörden die Freilassung der Mönche erwirkt.
Indessen haben viele Mönche ihre Klöster verlassen, um sich der "Patriotischen Umerziehung“ zu entziehen, weil sie dabei ihr Oberhaupt, den Dalai Lama, und die tibetische Regierung-im-Exil beschimpfen müssen, sagte Samten.
Ein anderer in Jomda gebürtiger Tibeter mit Namen Dorje gab an, man habe den Klöstern eine Frist bis zum 18. Juni gesetzt, um sich der „Patriotischen Umerziehung“ zu fügen und den Dalai Lama und die Exilregierung vor laufender Kamera zu verurteilen. Ansonsten drohe ihnen die Schließung. „Wenn sie sich nicht fügen, werden alle Klöster in der Gegend geschlossen und die Mönche verhaftet und weggeschafft“, sagte er.
Am 5. Januar 2009 verlautete aus tibetischen und chinesischen Quellen, in einem Regierungsgebäude in Jomda sei es zu einer Explosion gekommen, bei der mehrere Häuser und Autos, aber keine Personen zu Schaden kamen.
Tibet ist weitgehend von der Außenwelt abgeriegelt, seit es im letzten Jahr zu anfangs friedlichen Demonstrationen in der Hauptstadt Lhasa kam, die später in Krawalle ausarteten und bei denen mindestens 22 Personen ums Leben kamen.
Die Proteste breiteten sich in die drei benachbarten Provinzen aus, woraufhin China seine Militärpräsenz drastisch verschärfte. Der tibetischen Regierung-im-Exil zufolge starben mindestens 220 Tibeter und etwa 7.000 wurden bei den darauffolgenden Polizei-Razzien verhaftet.
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