Mit Ablauf des Ultimatums in Tibet verhaftet China Hunderte von Menschen
Kathmandu: Wie Radio Free Asia (RFA) berichtet, begannen die Behörden in der tibetischen Hauptstadt im Gefolge der antichinesischen Proteste am Wochenende bei Ablauf des von ihnen den Teilnehmern an Protestmärschen, Demonstrationen und den ausgebrochenen Unruhen gestellten Ultimatums damit, Hunderte von Menschen zu verhaften.
Ein Augenzeuge in Lhasa erklärte, die Bewaffnete Volkspolizei triebe Hunderte von Verdächtigen zusammen, während zuverlässige Quellen in Lhasa von 150 von den städtischen Strafverfolgungsbehörden gegen Flüchtige erlassene Haftbefehle bei Auslauf des Ultimatums sprachen.
Ein anderer Bewohner Lhasas berichtete, daß jetzt die Tibeter aus den Krankenhäusern in die Stadt geschickt würden.
"Das Volkskrankenhaus in Lhasa wurde beschädigt", erzählte er dem Tibetische Nachrichtendienst von RFA. "Die ortsansässigen Tibeter vermuten, daß es von den Chinesen beschädigt wurde, so daß verletzte Tibeter nicht behandelt werden können."
"Tibeter, die von Krankenhäusern in Lhasa aufgenommen wurden, werden jetzt weggeschickt", fügte er hinzu.
Eine in Lhasa lebende Geschäftsfrau aus Hongkong sagte, die Stadt sei jetzt ruhiger und die Bewohner begännen, sich hinauszuwagen, um dringend Notwendiges zu besorgen. "Heute ist es besser, so daß ich rausgehen kann", erklärte sie dem Kantonesischen Nachrichtendienst von RFA.
"Viele Leute gehen auch raus, um Lebensmittel zu kaufen. Aber es stehen viele bewaffnete Polizisten als Wachen auf der Straße und sie überprüfen immer wieder die Identität von Passanten. Es sind sehr viele Polizisten auf der Straße. Die lokalen Behörden haben uns [Chinesen, die keine Festlandschinesen sind] nicht aufgefordert, Tibet zu verlassen. Aber wenn wir weggehen wollen, hilft uns das Auswärtige Amt", fügte sie hinzu.
In der Zwischenzeit haben die Behörden in den westlichen Landesteilen von China jegliche Berichterstattung über antichinesische Proteste unterbunden, indem sie ausländische Journalisten und Touristen aufforderten, das Land zu verlassen.
In einem scharfen Leitartikel von Tibet Daily, dem Aushängeschild der tibetischen Zeitungen der Kommunistischen Partei, bezog sich die Regierung auf die Demonstranten als "der Feind". "Diese gesetzlosen Elemente haben Dienstpersonen beleidigt, geschlagen und verletzt, reaktionäre Parolen gerufen, wichtige Ämter gestürmt, haben Feuer gelegt, geplündert und überall eine Spur der Verwüstung hinterlassen", steht in der Zeitung, die damit die offizielle chinesische Lesart bestätigt, daß die Proteste und Unruhen in der letzten Woche vom Dalai Lama, der sich in Nordindien im Exil befindet, angestiftet worden seien.
"Ihre Greueltaten sind erschreckend und zu schrecklich, um näher darauf einzugehen und ihre Raserei ist menschenverachtend. Ihre verschiedenen Greueltaten machen es uns deutlich und warnen uns, daß es sich hier um einen Kampf auf Leben und Tod zwischen dem Feind und uns handelt."
Ein Protestler in der Zentralen Universität für Minoritäten in Peking erklärte, die Studenten dort hätten in stiller Herausforderung der Regierung einen Protest organisiert. "Es gibt ungefähr 200 Studierende in der Abteilung für Tibetisch an der Zentralen Universität für Minoritäten in Peking - etwa 40 von ihnen organisierten ein schweigendes Gedenken an die getöteten und verletzten Menschen in den anderen Teilen Tibets", sagte er. "Die Polizei kam herein und jetzt sind sie in ihren Klassenräumen eingesperrt."
In der Tibetischen Autonomen Präfektur Ngaba und der Autonomen Präfektur Qiang im Südwesten der chinesischen Provinz Sichuan befinden sich jetzt nach den von Mönchen angeführten Protestmärschen und Demonstrationen, bei denen die Demonstranten Steine auf öffentliche Gebäude warfen, Tausende von Sicherheitskräften auf den Straßen.
Eine chinesische Frau aus Ngaba erzählte der Abteilung für Chinesisch (Mandarin) von RFA: "In der Stadt und auf dem Land brachen Unruhen aus und es war sehr viel Polizei auf den Straßen, aber ich habe mir zu keiner Zeit Gedanken über meine Sicherheit gemacht."
Ein Ortsansässiger, der in der Nähe eines Tempels in der Grenzregion zwischen Gansu und Sichuan wohnt, sagte, am Wochenende wären 400 - 500 Mönche auf den Straßen gewesen.
"Sie warfen Fenster ein und waren dann in weniger als einer Stunde verschwunden. Es waren in diesem Gebiet etwa 2000 Sicherheitskräfte zur Bewachung stationiert. Ein anderer Anwohner erklärte, die Unruhen seien zuerst in den Bezirken Machu (chin. Maqu) und Luchu (chin. Luqu) ausgebrochen.
"Obwohl das Ausmaß der Proteste gering war, dauern sie sie immer noch an." Und er fügte hinzu. "In jedem Bezirk sind etwa 1000 Angehörige der Bewaffneten Volkspolizei stationiert."
In Rebgong (chin. Tongren) in der Provinz Qinghai, sagte eine ortsansässige Anwohnerin, "Wegen der Unruhen in Tibet haben die Behörden hier Maßnahmen ergriffen, um jeglichen Protest hier zu verhindern. Es waren über 200 Bewaffnete Volkspolizisten in unserem Bezirk."
Ausländische Journalisten, die in der Region arbeiteten, wurden ausgewiesen, nachdem sie die Demonstrationen in Xiahe in gesamter Länge gefilmt hatten. "Die einzige nach Xiahe führende Straße war gesperrt worden. Alle Fahrzeuge mußten anhalten und wurden untersucht. Die Personalien der Passagiere ebenso wie die Nummernschilder wurden überprüft und eingetragen", erklärte ein britischer Journalist.
Bei der Einreise als auch bei der Ausreise aus Gansu bildeten sich lange Fahrzeugschlangen, weil alle Fahrzeuge und ihre Passagiere überprüft und untersucht wurden.
Nach Aussagen von Mitarbeitern in der Tourismusbranche wurden ausländische Touristen aufgefordert, die Gebiete mit tibetischer Bevölkerung in Qinghai, Sichuan und Gansu zu verlassen. "Den Touristen wurde befohlen, die Gegend von Ngaba zu verlassen", erklärte einer von ihnen. Drei Gruppen ausländischer Touristen, die gerade angekommen waren, sollten sofort wieder abreisen."
In Rebgong (chin. Tongren), Qinghai, erzählte ein Hotelangestellter dem Reporter Ding Xiao vom Mandarin Nachrichtendienst: "In unserer Gegend dürfen sich keine Ausländer aufhalten."
Ein Touristenführer aus der Provinz Gansu sagte: "Sowie sie ihrer habhaft werden, zerstören die Behörden alle Fotos, die irgend etwas mit den Unruhen zu haben. Sie werden Sie solche Bilder nicht mitnehmen lassen." Die international tätige Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (Reporters sans Frontières), die ihre Zentrale in Paris hat, verurteilte schärfstens Chinas Nachrichtensperre über die tibetischen Unruhen.
Die Gruppe erklärte, China habe seit dem 12. März damit aufgehört, Journalisten eine Genehmigung für Tibet zu erteilen und daß schließlich 25 Journalisten, darunter 15 aus Hongkong nachweislich aus Tibet oder den tibetischen Gebieten ausgewiesen wurden.
In einer Verlautbarung erklärte RSF: "Die Bewegungsfreiheit für ausländische Journalisten war eine der wenigen positiven Entwicklungen, die von den olympischen Spielen ausgingen, aber was die chinesische Regierung jetzt angesichts der tibetischen Proteste tut, ist der wahre Hohn darauf.
Die chinesische Regierung tritt alle Versprechungen mit Füßen, die sie im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen machte und hat damit den Boden dafür vorbereitet, jetzt ohne Zeugen gegen die tibetischen Unruhen hart durchgreifen zu können."
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