Proteste und ihre gewaltsame Unterdrückung durch die Organe des Staates auch in Osttibet
Wie RFA berichtet, wurden am Sonntag Proteste gewaltsam unterdrückt, als sie sich von der TAR in die benachbarten osttibetischen Provinzen ausbreiteten und antichinesische Demonstranten in Sichuan, Gansu und Qinghai auf die Straße gingen und in großer Zahl zu den Regierungsgebäuden marschierten.
Auch aus der Präfektur Ngaba (chin. Aba), Provinz Gansu gibt es Augenzeugenberichte über Zusammenstöße in der Nähe des Klosters Kirti und dabei Erschossene. Einer dieser Zeugen sagte in einem Interview: "Gerade jetzt wurden acht Leichen ins Kloster gebracht."
Ein anderer Tibeter, der an den Protesten in Ngaba teilnahm, berichtete, er habe gesehen, wie Tibeter mit Gewehren erschossen wurden, als die Demonstranten eine Polizeistation angriffen.
"Vier Tibeter wurden bei Kirti erschossen… Etwas später wurden noch einmal drei getötet. Sie wurden aus der Ferne erschossen. Vorher hatten Demonstranten die Fenster von zwei Polizeiposten eingeschlagen", berichtete der Informant. "5000-6000 Leute nahmen an der Demonstration teil…Die letzten drei Getöteten heißen Tsezin, Norbu und Lobsang Tashi."
In den entlegenen Gebieten in Sichuan, Gansu und Qinghai leben zahlreiche Tibeter, die großteils Nomadenstämmen angehören.
Auch am Sonntag kam es in Ngaba (chin. Aba), das im Südwesten der Provinz Sichuan liegt, zu Protesten. Wie Reuters berichtet, umstellten die Aufständischen diverse Verwaltungsgebäude und schleuderten behelfsmäßige Brennsätze und Ziegelsteine darauf.
Tibeter aus Ngaba bestätigten dem chinesischen Dienst von RFA die Berichte von Zusammenstößen: "Alle Berichte sind wahr. Das passiert wirklich alles. Es sind Dinge geschehen, über die ich nicht reden kann, denn das wäre nicht angebracht."
Ein in der Nähe lebender Tibeter bestätigte ebenfalls die Berichte über die Proteste in Ngaba und sagte, sie wären auch noch am späten Sonntagabend noch im Gange gewesen.
Bei Anrufen im Polizeihauptquartier Ngaba war ständig das Besetztzeichen zu hören. Ein Angestellter des Bezirkskrankenhauses weigerte sich, einen Kommentar zu den Ereignissen abzugeben. "Wir wissen nichts. Im Moment wissen wir gar nichts", sagte er.
Auf dem Gelände der Lanzhou Nordwestuniversität in Gansu haben tibetische Studenten eine gewaltlose Protestveranstaltung abgehalten.
"Mehre hundert Tibeter haben sich daran beteiligt und auch tibetische Studenten aus anderen Bereichen wollten teilnehmen, aber sie kamen nicht durch. Sie erklärten, sie wollten friedlich protestieren und forderten die chinesischen Behörden dazu auf, nicht weiter gegen die Tibeter in Lhasa und anderen Regionen vorzugehen", berichtete ein Augenzeuge.
"Ferner erklärten sie ihre Solidarität mit den demonstrierenden Tibetern in Lhasa, Labrang und im Ausland. Sie hatten ein Banner mit der Aufschrift: "Tibeter stehen zusammen - für eine siegreiche Demokratie und das Leben".
Im Bezirk Machu in Gannan, ebenfalls Provinz Gansu, marschierten mehrere hundert Menschen, zumeist Laien zu den Regierungsgebäuden und riefen. "Lang lebe der Dalai Lama". Sie trugen ein Portrait Seiner Heiligkeit mit sich.
Ein Tibeter aus Sichuan berichtete, die Lage sei sehr angespannt.
"Am 15. März gab es Proteste in Kham Tawo (chin: Daofu), Präfektur Ganzi, als plötzlich 10 Laster der PAP anrückten. Das Kloster Kham Sershul wurde umstellt. Sie patrouillieren auf den Straßen und überprüfen stichprobenartig die Personalien", sagte er.
Lhasa, die Hauptstadt der TAR ist mittlerweile hermetisch abgeriegelt. Die Stadt quillt über von Sicherheitskräften, Polizisten und gepanzerten Fahrzeugen. Zeugen, die auf ihrer Anonymität bestanden, berichteten dem tibetischen Dienst von RFA von sporadischen Protestaktionen in der Stadt.
"Ich bin seit zwei Tagen nicht mehr zu Hause gewesen. Überall sind Truppen und wir sind praktisch eingesperrt. Ich habe keine Ahnung, was draußen los ist", gab ein Einwohner aus Lhasa in einem Interview an.
Aus dem Nonnenkloster Tsangkhug wurde berichtet, fünf Verletzte seien gestorben, aber es gibt keine Klarheit über die Todesursache.
"Es waren zwei verletzte Tibeter im Krankenhaus, die sagten, ihre Beine seien gebrochen. Wir haben den Leichnam eines kleinen Jungen hier, der noch von niemand abgeholt wurde. Man hat uns mehrere weitere Leichen gebracht, die alle von ihren Angehörigen abgeholt wurden.", berichtete die Quelle.
Ein anderer Augenzeuge in Lhasa sagte, die Behörden würden systematisch Häuser nach Porträts des Dalai Lama und nach flüchtigen Demonstranten durchsuchen: "Alle tibetischen Einwohner wurden offiziell gewarnt, daß alle Häuser nach Fotos des Dalai Lama und am Aufruhr beteiligten Tibetern durchsucht würden. Niemand solle versuchen, sich diesen Durchsuchungen und Verhaftungen zu widersetzen. Ferner sei es nicht gestattet, sich in Gruppen zu versammeln, während die Verhaftungen durchgeführt würden." Derselbe Informant sagte, die Behörden der TAR hätten tibetische Angestellte der Regierung in allen Teilen Chinas aufgefordert, sich in Lhasa zu melden, da sie benötigt würden, um den Eisenbahnverkehr sicherzustellen. Wer sich nicht meldet, hätte mit Konsequenzen zu rechnen.
Tibeter aus Lhasa sagten, die PAP hätte alle Kreuzungen in der Altstadt blockiert und viele Tibeter säßen in ihren Häusern fest und wären auf die staatlichen Fernsehnachrichten angewiesen.
Ein tibetischer Einwohner vom Stadtrand sagte, man könne unmöglich ins Stadtzentrum gelangen. "Das Militär hat alle Kreuzungen blockiert und man kommt nirgendwohin. Deshalb kann ich nicht sagen, was in der Stadt passiert."
Ein in Lhasa ansässiger Han-Chinese namens Wang erzählte: "In den gestrigen Fernsehnachrichten hieß es, diese Leute würden brandschatzen, töten und plündern. Aber wir wissen im Grunde nichts. Das Gelände wurde abgeriegelt und sie lassen uns nicht raus.
Exiltibeter und Augenzeugen berichten, bei den Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten gäbe es immer mehr Tote; es sind gegenwärtig jedoch keine realistischen Schätzungen möglich.
Nach fünf Tagen mit Protesten brachen am 14. März Gewalttätigkeiten aus, als wütende Demonstranten chinesische Läden und Autos in Brand setzten. Seit 20 Jahren ist es in der Region nicht mehr zu derartigen Gewaltakten gekommen.
Thubten Samphel, ein Sprecher der Exilregierung des Dalai Lama, gab an, eine Vielzahl von Zeugen hätte von mindestens 80 Toten seit Freitag berichtet. Es sei derzeit jedoch noch unklar, wie viele von ihnen Demonstranten seien.
Der offiziellen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhue zufolge, sollen am Freitag mindestens 10 Zivilisten verbrannt sein.
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