Weitere Proteste in der Tibetisch-Autonomen Präfektur Kardze
Hongkong Ungeachtet des extrem harten Durchgreifens der Behörden nach den anti-chinesischen Demonstrationen während der vergangenen Monate organisieren kleine Gruppen von Tibetern in der südwest-chinesischen Provinz Sichuan immer wieder aufs Neue Protestaktionen gegen die chinesische Regierung. "Am Mittwoch waren es vier oder fünf Demonstranten", berichtete ein Einwohner der im Westen der Provinz Sichuan gelegenen Tibetisch-Autonomen Präfektur (TAP) Kardze (chin. Ganzi). Die Demonstration fand an der Kreuzung zweier Hauptstraßen in der Innenstadt statt. In den vergangenen Tagen gab es keine Proteste, doch heute gab es wieder welche", berichtete der Mann weiter. "Ich konnte genau hören, was sie riefen."
Tibetische Quellen aus Kardze bestätigten, daß eine Tibeterin namens Namsey Lhamo (30) aus dem Dorf Raka, ein Tibeter namens Tenzin Thargyal (32) und ein weiterer Mann, dessen Name nicht bekannt ist, am 11. Juni gegen 10:00 Uhr früh auf einer Kreuzung der Hauptstraßen in der Stadt Kardze demonstrierten. Ein Junge und ein Mönch aus dem Dorf Lhoba demonstrierten ebenfalls an diesem Tag.
Nach den Quellen aus der Gegend wurden die fünf Demonstranten geschlagen und festgenommen. Auf den Vorfall hin durchsuchten Angehörige der Lokalverwaltung Namsey Lhamos Haus, bemächtigten sich aller Bilder des Dalai Lama, die sie dort fanden, und zerstörten sie.
Da zog plötzlich Pema Gyatso (30), der Bruder von Namsel Lhamo, sein Messer hervor, woraufhin die Beamten das Haus verließen. Aber schon kurze Zeit später kamen etwa 200 Polizisten des Büros für Öffentliche Sicherheit (PSB), um Pema Gyatso zu verhaften. "Doch diesem war es mittlerweile gelungen, in die Berge zu fliehen", berichtete eine Quelle.
Die chinesischen Beamten machen nun den übrig gebliebenen Familienmitgliedern und den älteren Kindern das Leben sehr schwer.“
Eine andere Quelle berichtete, ein Tibeter namens Palden Wangyal (20) habe am 12. Juni in Kardze protestiert, indem er mit einem Kathak um den Hals und der verbotenen tibetischen Flagge in der Hand durch die Straßen lief. Er sei ca. 2 km weit gekommen, ehe ihn die Sicherheitskräfte festnahmen.
Seit dem 18. März sind in Kardze 100 Tibeter verhaftet worden. Einige von ihnen würden in der Stadt Kardze festgehalten, während andere sich in den Gefängnissen der Bezirke Nyarong und Dartsedo befänden. Anrufe am Mittwoch beim Büro für Öffentliche Sicherheit (PSB) in Kardze blieben unbeantwortet.
Diese jüngsten Ereignisse sind Teil einer Serie von kleinen aber beharrlichen Protestaktionen, deren Grund in den einschneidenden Restriktionen in den Gegenden Chinas mit einem bedeutenden tibetischen Bevölkerungsanteil zu suchen ist.
Am vergangenen Wochenende verhafteten die chinesischen Behörden ungefähr 300 tibetisch-buddhistische Nonnen in Kardze, nachdem sie sich zur Bezirksverwaltung begeben und die Freilassung einer anderen Nonne gefordert hatten. Die Nonne Tsering Tsomo (28) aus dem Kloster Samten Ling war am 8. Juni verhaftet worden, als sie im Bezirk Drango (chin. Luhuo) Flugblätter verteilte, auf denen sie die Rückkehr des Dalai Lama forderte. Noch am selben Tag marschierten etwa 300 Nonnen des Klosters zur Bezirksverwaltung, um die Freilassung von Tsering Tsomo zu verlangen. Sie wurden alle festgenommen und viele von ihnen schwer geschlagen.
Die chinesischen Behörden haben die Kampagne der "Patriotischen Erziehung" intensiviert, mit welcher der Unterstützung Seiner Heiligkeit des Dalai Lama entgegengewirkt werden soll, dem die chinesische Regierung die Schuld an den am 14. März 2008 in Lhasa ausgebrochenen Unruhen zuweist
Die chinesische Regierung behauptet, es seien bei den Unruhen in Tibet, die in Lhasa begannen und sich dann rasch auf andere Gegenden Chinas mit einem großen tibetischen Bevölkerungsanteil ausweiteten, 22 Tibeter ums Leben gekommen. Tibetische Quellen berichten allerdings, es seien unzählige Menschen ums Leben gekommen, als die chinesischen paramilitärischen Kräfte und die Polizei einfach in die Menge der Demonstranten schossen.
Die chinesische Regierung hat dem Dalai Lama vorgeworfen, die Proteste initiiert zu haben und eine tibetische Unabhängigkeitsbewegung zu schüren. Der Dalai Lama weist diese Anschuldigungen zurück und betont, er wolle lediglich Autonomie und Menschenrechte sein Volk.
Die USA und die EU haben China zu "ergebnis-orientierten" Gesprächen mit den Vertretern des Dalai Lama aufgerufen. Die für die vergangene Woche geplante siebte Runde der Gespräche zwischen den Vertretern des Dalai Lama und der chinesischen Regierung war wegen des Erdbebens in der Provinz Sichuan am 12. Mai 2008 verschoben worden.
In einem gemeinsamen Statement haben die USA und die EU Besorgnis wegen der jüngsten Unruhen in Tibet geäußert und alle Seiten dringend aufgefordert, von weiterer Gewalt abzusehen. Der chinesische Außenminister entgegnete darauf, China wünsche keine Einmischung in seine inneren Angelegenheiten.
|