15. April 2008
Radio Free Asia, www.rfa.org

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Führende tibetische Schriftstellerin, Fernsehregisseurin und Sängerin festgenommen

Kathmandu - Die chinesischen Behörden in Tibet haben im Rahmen ihres derzeitigen intensiven Feldzugs gegen antichinesische Proteste in der Region eine führende Schriftstellerin, Fernsehregisseurin und Sängerin festgenommen, wie von Radio Free Asia berichtet wird.

Wie der tibetische Dienst von RFA aus maßgeblicher Quelle erfuhr, wurde die weit gereiste Jamyang Kyi, die sogar einmal in den USA auf Tournee war, am 1. April von ihrem Büro in dem staatlichen Fernsehinstitut von Qinghai von Offizieren der Sicherheitspolizei in Zivil abgeführt. „Sie kehrte nie zurück“, heißt es aus einer Quelle in Siling (chin. Xining). „Man vermutet, daß sie zum Verhör in ein Gästehaus gebracht wurde“.

Aus einer anderen Quelle in Peking verlautet, sie sei von dem Büro für Öffentliche Sicherheit von Xining formell verhaftet worden, obwohl der Grund für die Anklage nicht bekannt ist. In China folgt auf eine formelle Festnahme fast immer eine strafrechtliche Verurteilung. „Das Sicherheitspersonal drang in die Wohnung von Jamyang Kyi ein und nahm ihren Computer, ihre Mailing-Liste und ihre Telefonbücher mit“, verlautet weiter aus Xining.

Die etwa 40jährige Jamyang Kyi ist seit zwei Jahrzehnten als Regisseurin in der Abteilung für tibetische Sprache des staatlichen Fernsehens von Qinghai tätig. Unter den Tibetern ist sie auch als eine Aktivistin für die Belange der Frauen bekannt, 2006 machte sie eine Tournee durch die USA, wo sie sang und Vorträge hielt.

Ihr Blog www.tibetabc.cn/user1/jamyangkyi/index.html <outbind://102/www.tibetabc.cn/user1/jamyangkyi/index.html> ist bei jungen tibetischen Computer-Fans sehr populär. Allerdings erschien dort seit Monaten kein neuer Eintrag mehr und seit Ausbruch der antichinesischen Proteste in Lhasa, die sich dann auf andere Regionen ausweiteten, liegt es völlig still.

Die im Bezirk Mangra (chin. Guinan), TAP Tsolho, in der entlegenen nordwestchinesischen Provinz Qinghai geborene Jamyang Kyi ist auch Sängerin und Liedermacherin, sie gab mehrere Liedersammlungen heraus, die gut ankamen, wie z.B. „Prayer“, eine Musik-CD, und zwei Video-DVDs „The Distant Lover“ und „Karma“. In ihrer Musik verbindet sie Elemente sowohl aus der Popmusik als auch traditionellen Volksliedern aus allen Gegenden Tibets.

Tibet-Experten sagen, Jamyang Kyi sei in der Vergangenheit noch nie festgenommen worden, weshalb der Grund für ihre neuliche Verhaftung rätselhaft bleibt.

Gerade jetzt, angesichts der größten und heftigsten antichinesischen Proteste in Tibet seit fast 50 Jahren vernehmen die Behörden zahlreiche Tibeter aus Kham, Amdo und der Gegend um Lhasa, die in den letzten Jahren im Ausland gewesen sind.

Außerdem gab es bei dem staatlichen Fernsehinstitut von Qinghai letztes Jahr schon Kontroversen. Nachdem der Dalai Lama 2006 den Tibetern nahegelegt hatte, auf das Tragen von Pelzkleidung zu verzichten, befahlen die chinesischen Behörden den tibetischsprachigen Ansagern des Qinghai-Fernsehens, ihre traditionelle Kleidung mit Pelz zu verbrämen. Die dort arbeitenden Tibeter sehen in dieser Maßnahme einen recht unverhohlenen Angriff auf den Dalai Lama im Exil.

Che Xizhen, der Leiter der Propaganda-Abteilung von Qinghai, und Rinchen Gyal, der Chef der für Ideologie zuständigen Abteilung für Einheitsfront-Arbeit der KP der Provinz, erschienen im Fernsehinstitut von Qinghai und verkündeten, daß die tibetischsprachigen Fernsehsprecher von nun an traditionelle tibetische Kleidung mit Pelzbesatz tragen müßten.

„Hier geht es um Politik, und daher müßt ihr alle nun Pelzbesätze auf eure Chubas nähen. Wenn ihr keine Pelze habt, dann müßt ihr welche kaufen, wir geben euch das Geld dafür“, sollen die Funktionäre den Fernsehsprechern erklärt haben.