Tibeter in Lhasa festgenommen wegen Disputs mit Behörden um Verkaufsstände
RFA, Washington Chinesische Behörden in der tibetischen Hauptstadt Lhasa haben sechs Tibeter festgenommen, weil diese eine Beschwerde wegen der Verlegung ihrer Verkaufsstände eingereicht hatten. Durch diese Maßnahme sollte Platz geschaffen werden für einen neuen Fußgängerweg.
„Die Stadtverwaltung von Lhasa nahm am 13. September sechs Tibeter fest, weil sie Beschwerde eingelegt hatten gegen die offizielle Anweisung, ihre Verkaufsstände in der Nähe des Zentrums für Tibetische Medizin in Lhasa an einen anderen Ort zu verlegen“, erfuhr RFA telefonisch aus Lhasa.
„Alle Kleinhändler, die ihre Waren auf Ständen vor dem Tibetischen Medizinzentrum im Stadtzentrum von Lhasa feilboten, wurden aufgefordert, ihre Läden in den dritten Stock eines neuen Gebäudekomplexes in der Nähe des Barkhors zu verlegen“.
Eine Gruppe von Händlern hatte mit einem Sitzstreik im Gebäude der Stadtverwaltung von Lhasa gegen diese Anordnung protestiert und das Argument angeführt, daß sie an dem neu zugewiesenen Standort mit empfindlichen geschäftlichen Einbußen rechnen müßten.
Gesuch an die Regierung
Ursprünglich hatten die Kleinhändler im Rahmen eines Armutslinderungsprogramms von der Regierung fahrbare Verkaufstische zur Verfügung gestellt bekommen, die sie nach und nach abzahlen mußten.
„Wir wollen, daß die Stadtverwaltung von Lhasa uns die Erlaubnis gibt, unser Geschäft am selben Ort wie bisher weiterzuführen“, sagte ein tibetischer Händler.
„Wenn wir in den dritten Stock des neuen Gebäudekomplexes ziehen müssen, machen wir dort überhaupt kein Geschäft. Durch diesen Kleinhandel bestreiten wir unseren Lebensunterhalt, und wenn man uns verlegt, dann wird sich dies sehr nachteilig für uns auswirken“, fuhr er fort.
„Chinas Kommunistische Partei ist allmächtig, und viele wagen nicht, ihre Stimme gegen sie zu erheben. Wir appellieren doch nur aus Sorge um unseren täglichen Lebensunterhalt an die Behörden, wir reden nicht über Politik. Aber viele Tibeter wagen aus Angst vor Repressalien nicht den Mund aufzumachen“.
„Tatsache ist, daß alle guten Geschäftsplätze in Lhasa an die Chinesen gehen und den Tibetern werden sie weggenommen,“ fügte er hinzu.
Ein per Telefon kontaktierter Beamter der Stadtverwaltung von Lhasa bestätigte, daß es eine Auseinandersetzung gegeben hätte, weigerte sich jedoch, Einzelheiten zu nennen.
„Es ging um die fahrbaren Verkaufsstände. Die Sache ist jetzt beigelegt“, sagte der Beamte.
Starkes Wirtschaftswachstum
Die Einwohner von Lhasa sagen, daß sie ein Jahr nach der Inbetriebnahmen der neuen 5 Mrd. US-Dollar teuren Eisenbahnlinie, die die tibetische Hauptstadt mit der chinesischen Grenzstadt Golmud verbindet, trotz des gewaltigen wirtschaftlichen Wachstums in der Region kaum einen Nutzen für sich sehen.
Sie sprechen von einer „erschreckenden Explosion der chinesischen Bevölkerung“ in der Stadt; viele Tibeter in Lhasa fürchten, daß sie durch die Eröffnung der Eisenbahnlinie noch stärker marginalisiert werden als es bisher schon der Fall ist.
Tibets Bruttoinlandsprodukt stieg nach Angaben des Regionalen Amtes für Statistik im ersten Halbjahr 2007 auf 14 Mrd. Yuan (1,84 Mrd. US$), was eine Steigerung von 2,2 % gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahrs bedeutet.
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