Die am längsten in Tibet inhaftierte Nonne wurde davor gewarnt, über ihren Leidensweg zu sprechen
Washington Eine tibetische Nonne, die fast 15 Jahre lang inhaftiert war, weil sie sich der chinesischen Herrschaft über Tibet widersetzt hatte, erklärte am vergangenen Mittwoch bei ihrer Landung in den Vereinigten Staaten, die chinesischen Behörden hätten sie davor gewarnt, über ihren Leidensweg zu sprechen, da "ihre Familie ja in Tibet" lebe.
Phuntsog Nyidron, die Mitte dreißig ist, sagte RFA, sie habe in dem berüchtigten Drapchi Gefängnis und während der zwei Jahre nach ihrer Entlassung, in denen sie bei ihrer Familie in Lhasa wohnte, schwere gesundheitliche Probleme gehabt.
Bei ihrer Ankunft in San Francisco wurde sie von ihrer ehemaligen Zellengenossin Ngawang Sangdrol, einer jetzt im Exil lebenden tibetischen Nonne, und von der Geschäftsführerin von ICT, Mary Beth Markey, begrüßt.
"Ich flog am Dienstag von Lhasa nach Peking und von dort weiter nach San Francisco", sagte sie im tibetischen Uke-Dialekt. "Obwohl ich bereits 2004 aus der Haft entlassen worden war, mußten meine Angehörigen und ich viel erdulden. Ich entwickelte drei verschiedene Beschwerden."
"Ich bin so froh, daß ich mich jetzt in einem freien Land wie den Vereinigten Staaten befinde, und ich bin Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama ebenso wie allen anderen, die sich für meine Freiheit eingesetzt haben, unendlich dankbar", fuhr sie fort und fügte hinzu: "Die chinesischen Behörden wiesen mich an, nicht über meine Situation zu sprechen, denn meine Familie lebe schließlich noch in Tibet."
Konterrevolutionäre Verbrechen
"Ich freue mich so sehr, daß ich Ngawang Sangdrol am Flughafen getroffen habe", sagte sie. Die chinesischen Beamten, die sie von Lhasa nach Peking begleiteten, hätten sie gut behandelt.
Phuntsog Nyidron wohnte seit ihrer Entlassung aus dem berüchtigten Drapchi Gefängnis am 26. Februar 2004 bei ihrer Familie in Lhasa, der Hauptstadt der TAR. Sie wurde im Oktober 1988 verhaftet und wegen "konterrevolutionärer Propaganda und Volksverhetzung" zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.
Im September 1993 wurde sie zusammen mit 13 weiteren Gefangenen desselben Delikts wegen angeklagt und zu weiteren neun Jahren Haft verurteilt. Nachdem ihr Strafmaß wegen guter Führung gemindert wurde, kam sie im Jahr 2004 frei.
Ehemalige Zellengenossin berichtet über Mißhandlungen im Gefängnis
"Es war ein richtiger Kampf, sie hierher zu bekommen, aber man hat mir vor zwei Jahren zugesagt, daß man sie in die Vereinigten Staaten ausreisen lassen würde", äußerte sich der Vorsitzende der in San Francisco ansässigen Dui-Hua-Stiftung RFA gegenüber.
Phuntsog Nyidron hat für ihr friedliches Aufbegehren gegen die chinesische Herrschaft über Tibet vermutlich mehr Zeit als irgendeine andere politische Gefangene in chinesischen Gefängnissen zugebracht.
Ihre frühere Zellengenossin Ngawang Sangdrol berichtete RFA bei ihrer Ankunft in den USA im Jahr 2003, wie sie im Gefängnis geschlagen und gefoltert wurde. Einmal hätten die Wärter sogar auf Häftlinge geschossen, die bei einem Flaggenappell Parolen für die Unabhängigkeit Tibets riefen. "Ich weiß nicht, ob jemand von ihnen dabei getötet wurde, aber ich hörte deutlich, wie die Gefangenen "Sie bringen uns um!" riefen.
Ngawang Sangdrol berichtete über die strenge Überwachung, unter der auch sie nach ihrer vorzeitigen Haftentlassung im Jahr 2002 stand. Sie wurde neun Jahre vor dem eigentlichen Entlassungsdatum freigelassen.
"Nach meiner Haftentlassung aus medizinischen Gründen stand ich immer noch ständig, sogar zu Hause, unter Bewachung." Die Wachen hätten sie häufig geschlagen und einmal Becher und Rohre gegen ihren Kopf geschleudert, bis sie blutete. Sie sagte weiter, sie hätte versprechen müssen, sich im Ausland an keinen "anti-chinesischen" Aktivitäten zu beteiligen.
"Die Behörden hatten mir niemals gesagt, daß ich nach Amerika ausreisen dürfte. Das erfuhr ich erst in der allerletzten Minute, bevor ich das Flugzeug bestieg", sagte sie damals. "Vor meiner Ausreise verlangten sie von mir, eine Erklärung zu unterschreiben, daß ich nichts sagen oder tun würde, das gegen China gerichtet wäre. Ich unterschrieb diese Erklärung."
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