11. Mai 2005
Radio Free Asia (RFA), www.rfa.org

Seite drucken

Tibeter verlangen Entschädigung für den Verlust ihres Grund und Bodens

Dem Verlauf der vielgerühmten Qinghai-Tibet-Eisenbahn entlang legen tibetische Bauern gegen die Räumung ihrer Häuser und den geringen Betrag, der ihnen im Rahmen des 3,1 Mrd. Dollar teuren Projektes als Entschädigung angeboten wird, Einspruch ein.

Ein Verwaltungsbeamter aus dem Kreis Toelung Dechen in der Nähe der Hauptstadt Lhasa bestätigte dem tibetischen Nachrichtendienst von RFA, daß es wegen der 1.142 km langen Eisenbahnstrecke, die Golmud in der westchinesischen Provinz Qinghai mit der entlegenen Himalaya-Region verbinden soll, zu Konflikten gekommen sei.

"Die Situationen sind unterschiedlich, es gibt auch einige tibetische Bauern, deren Häuser in schlechtem Zustand sind oder deren Felder nicht unmittelbar dort liegen, wo der Schienenstrang verlegt wird, und die umziehen möchten, aber Entschädigung verlangen... Andere, die ihr Bewässerungssystem beeinträchtigt sehen, wollen auch an einen anderen Ort ziehen und fordern Entschädigung".

Nichts hilft wirklich!

Ein Bewohner von Dongkar, das in demselben Landkreis liegt, berichtete, Abgesandte der ortsansässigen Familien hätten bereits versucht, wegen der geplanten Umsiedelung, womit für die Verlegung der Eisenbahnschienen Platz geschaffen werden soll, bei den Behörden vorzusprechen. "Die tibetischen Bauern hätten an verschiedene Stellen, sogar an die Regierung der TAR appelliert, aber nichts hilft wirklich", meinte eine ältere Frau aus der betroffenen Gegend. Ein Parteikader, der sich für seine Gemeinde einsetzen wollte, sei seines Amtes enthoben worden. "Keiner wagt mehr, ein Wort zu sagen", fügte sie hinzu. Die Bewohner klagten, die Behörden hätten zwar versprochen, für ihre Umsiedlung zu sorgen, doch könnten sie an dem ihnen zugewiesenen Ort ihren Lebensunterhalt nicht erwirtschaften.

"Und das nennen sie das große Entwicklungsprogramm für den Westen! Wir sind die Opfer dieser Entwicklung. Die Eisenbahn, die, wie die Chinesen uns erklären, der wichtigste Teil dieser Entwicklung ist, verläuft mitten durch mein Haus und meinen Acker", sagte die Frau. Die Behörden hätten zwar versprochen, an anderer Stelle neue feste Häuser aus Ziegelsteinen für die Bauern zu bauen, aber nur wenige seien fertig gestellt worden. Der Bau hätte am 4. Mai beginnen sollen. Ein paar Chinesen seien gekommen, um ihr Haus und Land zu vermessen, aber da sie kaum Tibetisch sprechen und die meisten der dort lebenden Menschen kein Mandarin, hätte man ihre Erklärungen einfach nicht verstanden.

Offizielle begrüssen das Projekt

"Ich bin sehr betrübt, daß ich wegziehen muß. Ich wurde hier geboren, und viele Generationen unserer Familie wohnten in diesem Haus und bebauten denselben Boden. Ich möchte an dem Ort sterben, an dem ich geboren wurde. Die meisten älteren Tibeter fühlen wie ich", meinte die Frau.

"Unsere einzige Einnahmequelle ist das Ackerland. Diejenigen, die in Büros oder sonstwo arbeiten, haben ein regelmäßiges monatliches Einkommen, aber wir haben das nicht. Wenn uns nun unser Land für den Bau der Eisenbahn weggenommen wird, wovon sollen wir dann leben? Es heißt, sie würden uns mit 3.500 Yuan (422 US$) entschädigen und ein Darlehen von 50.000 Yuan (6.000 US$) geben, aber nichts steht bisher fest".

Der chinesische Premier Wen Jiabao besuchte am 1. Mai, dem internationalen Tag der Arbeit, die Musterarbeiter an der Eisenbahntrasse. Diese Hochland-Eisenbahn wird von den offiziellen Medien als eine großartige technische Leistung und ein Pionierprojekt gefeiert, welches ein schnelleres wirtschaftliches Wachstum in der Region ermöglicht. Kritiker argumentieren jedoch, sie würde den Schutz, den ihre Isolation den Tibetern und ihrer Kultur bisher gewährt habe, aufheben, die Zuwanderung von Han-Chinesen beschleunigen und außerdem Chinas Militärpräsenz in der Region konsolidieren...

Die Eisenbahn soll am 1. Juli 2006 im Testbetrieb gestartet werden. Sie ist bereits bis Gulu, einer Ortschaft im Distrikt Nagchu in Nordtibet und der letzten Station vor Lhasa, vorgedrungen. Nach ihrer Fertigstellung 2007 wird sie Lhasa mit der Provinzhauptstadt von Qinghai, Xining, und anderen großen Städten Chinas verbinden.