China geht wegen eines kurzen Einblendens der tibetischen Flagge gegen TV-Station vor
Washington, 25. März 2004: Nachdem in einem offiziellen Fernsehprogramm in der tibetischen Hauptstadt Lhasa für wenige Sekunden ein Bild der von der chinesischen Regierung verbotenen tibetischen Nationalflagge aufblitzte, haben die chinesischen Behörden dort ein politisches Umerziehungsprogramm in Gang gebracht.
Das "anstößige" Programm wurde am 21. Februar, dem ersten Tag des neuen Jahres nach dem tibetischen Kalender, gegen 8.00h morgens von dem Sender "Tibet TV3" ausgestrahlt. Wie der tibetische Nachrichtendienst von Radio Free Asia (RFA) von einer mit dem Vorfall vertrauten Person erfuhr, sah man in der Sendung "Wunder der Erde" einen Tibeter in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu, hinter dem eine große tibetische Flagge wehte.
Wohlinformierten Quellen zufolge wurde das Material versehentlich gesendet, weil ein neuer chinesischer Mitarbeiter der Nachrichtenredaktion die Flagge im Hintergrund nicht erkannt hatte. Die Ausstrahlung des Bildes dauerte weniger als fünf Sekunden. Einem pensionierten Mitarbeiter des Senders fiel die Fahne auf und er meldete es der Fernseh-Aufsichtsbehörde der TAR.
Die Ausstrahlung führte zu einem Aufschrei der Empörung bei den chinesischen Beamten. Der Direktor von "Tibet TV3" wurde degradiert, es wurde jedoch niemand verhaftet. Wie aus besagter Quelle verlautet, mußten die Angestellten ihren Fehler bei einer Versammlung im Ministerium für Information und Kommunikation der TAR eingestehen. Die meisten der jüngeren Mitarbeiter des Senders sind teilzeitbeschäftigte Han-Chinesen. Das gesamte Personal muß jetzt an Umerziehungskursen teilnehmen und selbstkritische Statements mit dem Eingeständnis des Irrtum verfassen.
Ein Informant berichtete, die Sendung sei ursprünglich in China produziert und dann erst an "Tibet TV3" weitergeleitet worden, genaue Einzelheiten waren leider nicht in Erfahrung zu bringen. Die offiziellen Vertreter des Senders verweigerten RFA gegenüber jeden Kommentar.
Eine in London ansässige Menschenrechtsgruppe (TIN) berichtete kürzlich vom Verbot eines in chinesischer Sprache geschriebenen Buches über Tibet, das sich mit der sensiblen religiösen Problematik befaßt und unter anderem auch schildert, wie sehr die Tibeter in Tibet immer noch den im Exil lebenden Dalai Lama verehren.
Wie TIN berichtete, wurden im vergangenen Jahr die von der tibetischen Autorin Oeser auf Chinesisch verfaßten "Notizen über Tibet" verboten, nachdem diese versucht hatte, sie in der südchinesischen Provinz Guangdong, wo das politische Klima im allgemeinen toleranter ist, zu veröffentlichen. Das Buch ist eine Sammlung von 38 Essays, in denen die Autorin ihre Begegnung mit unterschiedlichen Menschen und Orten in Tibet beschreibt. Zehn davon erweckten bei den Behörden ein solches Mißtrauen, daß sie das ganze Buch verboten.
Die Autorin, die bisher für die chinesisch-sprachige Zeitschrift "Tibetische Literatur in Lhasa" arbeitete, hat inzwischen infolge der Kontroversen über ihr Buch die tibetische Hauptstadt fluchtartig verlassen. Zensur wird in Tibet seit der "friedlichen Befreiung" durch die Volksbefreiungsarmee im Jahr 1951 schon immer von der von Han-Chinesen dominierten Regierung geübt..
RFA sendet Nachrichten und Informationen für asiatische Hörer aus, deren einheimische Medien ihnen keinen ausreichenden Zugang zu vollständiger und ausgewogener Berichterstattung bieten. Die Sendungen, an denen sich die Hörer teilweise telefonisch beteiligen können, sollen die Informationslücken der Menschen überall in Asien schließen.
Vom US-Kongreß 1994 ins Leben gerufen und 1996 als Gesellschaft registriert, sendet Radio Free Asia gegenwärtig auf Burmesisch, Kantonesisch, Khmer, Koreanisch, Lao, Mandarin, dem Wu-Dialekt, Vietnamesisch, Tibetisch (Uke, Amdo und Kham) sowie Uigurisch. Der Sender ist den höchsten journalistischen Standards verpflichtet und legt bei seiner Berichterstattung größten Wert auf Genauigkeit, Ausgewogenheit und Fairneß.
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