2. Dezember 2004
Radio Free Asia, www.rfa.org

Chinas Schweigen zum Todesurteil gegen tibetischen Mönch

Washington - Verwandte des inhaftierten tibetischen Mönches, dessen für zwei Jahre aufgeschobene Exekution am Donnerstag fällig war, berichten, sie seien immer noch nicht darüber informiert worden, ob die Todesstrafe an Tenzin Delek Rinpoche vollzogen wird oder nicht. "Wir machen uns große Sorgen um sein Schicksal. Wir wissen nicht, was mit ihm geschehen wird. Die Behörden lassen uns völlig im Ungewissen", sagte ein Verwandter des Rinpoche dem tibetischen Nachrichtendienst von RFA. Aufgeschobene Todesurteile werden in China fast immer in lebenslängliche Gefängnisstrafen umgewandelt, doch Tenzin Delek Rinpoches Familie fürchtet, daß die Behörden in seinem Fall hart bleiben könnten.

Tenzin Delek Rinpoche wurde am 2. Dezember 2002 im Zusammenhang mit einer Reihe von Sprengstoffattentaten, die Befürwortern der tibetischen Unabhängigkeit angelastet wurden, mit zweijährigem Aufschub zum Tode verurteilt. Ein weiter Mann, Lobsang Dhondup, wurde ebenfalls zum Tode verurteilt und am 26. Januar 2003 hingerichtet. Beide Männer wiesen die Beschuldigungen zurück, und der Fall rief weltweite Empörung hervor.

Tenzin Delek Rinpoches Verwandte sagen, sie hätten sowohl beim Mittleren Volksgericht der Präfektur Kardze als auch bei dem PSB (Public Security Bureau) der Präfektur nachgefragt, aber seien barsch abgewiesen worden. Wiederholte Versuche von Reportern von RFA, dieselben Behörden während der Bürozeiten per Telefon zu kontaktieren, waren anfänglich erfolglos. Später sagten Beamte, die ihre Namen nicht nennen wollten, sie hätten nichts mehr mit dem Fall zu tun und könnten daher keine Auskunft geben.

Es heißt, vier Verwandte von Tenzin Delek Rinpoche, die seine Unschuld beteuerten, als er vor zwei Jahren verurteilt wurde, hätten seitdem ihre Freizügigkeit verloren und dürften ihr Dorf nicht mehr verlassen.

Am 19. November äußerte eine Sprecherin des US-Außenministeriums ernste Bedenken hinsichtlich des geheimen Prozesses von Tenzin Delek Rinpoche im Jahr 2002. Die USA hätten immer "die Notwendigkeit betont, daß es in allen Fällen von Todesurteilen eindeutige und überzeugende Beweise für die Schuld geben müsse und die große internationale Besorgnis in Tenzin Deleks Fall registriert", erklärte die Sprecherin Darla Jordan gegenüber Radio Free Asia. "Die Vereinigten Staaten haben den Fall von Tenzin Delek Rinpoche von Anfang an, als er im Zusammenhang mit einer Reihe von Bombenanschlägen in der Provinz Sichuan verhaftet und von China zum Tode verurteilt wurde, sehr genau verfolgt", fuhr sie fort.

Die über Tenzin Delek Rinpoche und Lobsang Dhondup verhängten Todesurteile riefen einen internationalen Aufschrei hervor, und Menschenrechtsorganisationen forderten eine öffentliche Wiederaufnahme des Verfahrens. Washington "hat wiederholt Vertretern der VR China gegenüber seine ernste Besorgnis zum Ausdruck gebracht, daß es sich bei der Verhandlung des Falles hinter verschlossenen Türen um keinen ordentlichen und fairen Prozeß handelte; aber trotz der wiederholten von chinesischen Offiziellen diesbezüglich gemachten Zusagen wurde Tenzin Delek Rinpoches Urteil nicht vom Obersten Volksgericht überprüft", sagte die US Sprecherin weiter.

"Erst kürzlich trugen wir hier in Washington der chinesischen Botschaft erneut unsere Besorgnis über Tenzin Delek Rinpoches Lage vor, ebenso dem Außenministerium in Peking und der Provinzregierung in Sichuan, wo Tenzin Delek inhaftiert ist", sagte Jordan.

"Wir betonten die Notwendigkeit, daß in allen Fällen, wo die Todesstrafe verhängt wird, ein eindeutiger und überzeugender Beweis für die Schuld zu erbringen ist, und stellten in zahlreichen Ländern wegen Tenzin Deleks Schicksal große Besorgnis fest... Niemand sollte inhaftiert werden, nur weil er seinen persönlichen Ansichten Ausdruck verliehen hat oder anderen friedlichen legitimen Tätigkeiten nachgegangen ist".

"Wir betrachten ihn als einen politischen Gefangenen", sagte vergangenen Monat T. Kumar, der in Washington ansässige Leiter der Asien-Abteilung von Amnesty International. "Amnesty International fordert die chinesische Regierung auf, alle Exekutionen sofort einzustellen, besonders die Hinrichtung politischer Gefangener wie Tenzin Delek Rinpoche".

In seinem weltweiten Menschenrechtsbericht von 2003 betonte das US State Department, daß der Umgang der chinesischen Regierung mit den Menschenrechten in den tibetischen Gebieten Chinas "trotz einiger positiver Entwicklungen weiterhin ausgesprochen schlecht ist". "Die Prozesse gegen die beiden Männer fanden unter dem Vorwand, es gehe um Staatsgeheimnisse, unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt, und beiden wurde ein fairer Prozeß verweigert und damit auch der Zugang zu einer angemessenen rechtlichen Vertretung. Lobsang Dhondup wurde noch an demselben Tag, an dem seine Berufung vom Höheren Volksgericht der Provinz Sichuan abgelehnt wurde, exekutiert. Dies und die Tatsache, daß das Oberste Volksgericht Chinas den Fall keiner Revision unterzog, wie es ausländischen Regierungsvertretern versprochen worden war, rief bei der internationalen Gemeinschaft ernste Bedenken hervor".

Im Januar 2003 sprach Tenzin Delek Rinpoche eine Botschaft auf ein Tonband, das aus dem Gefängnis geschmuggelt und dem tibetischen Nachrichtendienst von RFA zugespielt wurde. Darin sagte er noch einmal, daß er gänzlich unschuldig ist.

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