30. November 2018
Phayul, www.phayul.com, www.tibet.net, www.tibetsun.net

Palden Gyatso, ehemaliger politischer Gefangener und Freiheitskämpfer für Tibet, ist tot

Der bekannte tibetische Freiheitskämpfer Palden Gyatso starb heute nach langer Krankheit im Delek Hospital in Dharamsala um 7.10 Ortszeit. Er war 85 Jahre alt.

Ein Mönch des Klosters Kirti Jepa, in dem er in den letzten Jahren wohnte, sagte, er sei friedlich mit dem Namen Seiner Heiligkeit des Dalai Lama auf den Lippen entschlafen. Vor etwa zwei Monaten hatte er eine Audienz bei S.H. dem Dalai Lama, der ihn lobte und als „jemanden, der all diese Jahre eifrig seinem Volk dient“, schätzte.

Palden Gyatso (Foto: Tibet Sun)

Palden Gyatso sagte vor einiger Zeit, er leide an Schwäche und habe Leberprobleme. Er starb an Leberkrebs.

Am 15. November äußerte der bettlägerige Mönch Phayul gegenüber, er hätte nun genug von Krankenhäusern und Behandlungen: „Ich erklärte dem Doktor, daß ich nicht mehr operiert werden will, selbst wenn es den Tod bedeutet“.

„Ich bin glücklich und fühle mich gesegnet, daß ich so lange gelebt habe. Selbst im Gefängnis, als ich beinahe verhungerte und so viele meiner Freunde um mich sterben sah, konnte ich mich glücklich schätzen, daß ich überlebte“.

Palden Gyatso wurde 1933 in einem Dorf namens Panam am Fluß Nyangchu zwischen Gyantse und Shigatse geboren. Mit zehn Jahren trat er als Novize ins Kloster Gadong ein. Mit 18 wurde er als Mönch voll ordiniert - in einer Zeit, als Tibet infolge der chinesisch-kommunistischen Invasion mitten im Aufruhr war. Später studierte er im Kloster Drepung bei Lhasa.

Nach dem Volksaufstand von 1959 wurde er von den Chinesen festgenommen, weil er gegen deren Invasion protestiert hatte. 33 Jahre verbrachte er in chinesischen Gefängnissen und Arbeitslagern, wo er extrem gefoltert wurde. Er wurde zur Umerziehung gezwungen, ausgehungert, mußte Zwangsarbeit leisten und wurde brutal mißhandelt.

1992 nach seiner Freilassung floh er aus Tibet. Er nahm einige der Folterinstrumente, mit denen er gequält worden war, als Beweis für die Mißhandlungspraktiken des chinesischen Regimes mit sich. Im Exil wurde er zum „Gesicht“ von Chinas kulturellem Genozid Tibets und der Unterdrückung des tibetischen Volkes. Er reiste um die Welt und stellte die chinesischen Folterwerkzeuge vor, mit denen er während Jahrzehnten bei den Mißhandlungen, Verhören und den Sitzungen zur „mentalen Reform“ traktiert wurde.

Seine persönlichen Geschichten und Zeugenaussagen aus erster Hand wurden bei der UN-Menschenrechtskommission 1995 in Genf und vor dem US-Kongreß angehört. Ebenso sprach er bei der Eröffnung des „Oslo Freedom Forum“ 2009. 1998 wurde er für seine unermüdliche Arbeit mit dem John Humphrey Freiheitspreis der kanadischen Menschenrechtsorganisation Rights and Democracy ausgezeichnet. Seine Vorzeige-Memoiren „Fire under the Snow“, die 1998 herauskamen, wurden in 28 Sprachen (deutsch: „Ich, Palden Gyatso, Mönch aus Tibet“) übersetzt, und über eine Million Mal verkauft.

Bei der Nachricht von seinem Tod sprachen viele ihr Beileid und ihre Dankbarkeit für diese prominente Gestalt der Tibet-Bewegung aus. Ein Mitgefangener, der Mönch Bagdro (1), schrieb auf Facebook: „Ich bin tief betrübt und erschüttert über das Ableben des ehrwürdigen Palden Gyatso. Ich hatte das Glück, drei Jahre als sein Zellengenosse im Drapchi-Gefängnis zu verbringen. Erst kürzlich hatte ich die Gelegenheit, Abschied von ihm zu nehmen. Wir unterhielten uns über eine Stunde lang, und er erzählte mir viele Einzelheiten von dem, was er im Gefängnis durchgemacht hatte, und von seinen lebenslangen Leiden und Entbehrungen“.

Vertreter des Tibetischen Jugendkongresses nannten ihn „einen wahren tibetischen Helden“ und „einen wahren tibetischen Kämpfer“, während die Gruppe „Students for a Free Tibet“, mit denen er bei seinen vielen Kampagnen über die Jahre hin zusammengearbeitet hatte, erklärte, seine Geschichte „zeugt von der Widerstandsfähigkeit des menschlichen Geistes und von der Stärke der stolzen Zivilisation Tibets, die jetzt vom kulturellen Genozid bedroht ist“.

Palden Gyatso
15.11.18 (Foto: Phayul)

Bis zu seinem letzten Atemzug wirkte er aktiv im tibetischen Freiheitskampf. Sogar in seinem fortgeschrittenen Alter reiste er um die Welt und sprach sich bei verschiedenen Plattformen für ein freies Tibet aus.

Ein tibetischer Netzbürger schrieb: “Trotz allem, was er durchgemacht hat, war er ein demütiger und friedliebender Mensch. Ein großer Verlust für Tibet. Wir sollten ihn niemals vergessen“.

Auch der Präsident der Tibetischen Zentralverwaltung Lobsang Sangay gab seiner Trauer über den Tod des ehrwürdigen Palden Gyatso Ausdruck: „Wir sind tief betrübt über die Nachricht vom Tod von Palden Gyatso. Er war ein wahrer Patriot, der so lange gelitten hat. Viele Menschen auf der ganzen Welt sind tief beeindruckt von seinem unbeugsamen Geist der Tapferkeit, mit dem er für die Würde und Freiheit des tibetischen Volkes kämpfte“.

Er schloß: „Der ehrwürdige Palden Gyatso widmete sein ganzes Leben der Sache Tibets. Mögen wir alle inspiriert sein von seiner lebenslangen Hingabe und geloben, den tibetischen Freiheitskampf zu stärken“.

(1) Mönch Bagdro „"Eine Hölle auf Erden" - Erlebnisse des ehemaligen politischen Gefangenen Bagdro vom Kloster Ganden, 1998“, http://www.igfm-muenchen.de/tibet/Reports/Bagdro.html