Tibetischer Student, der seinen Freund schützen wollte, getötet, Osttibet von Militär überzogen
„Ein riesengroßes Aufgebot an chinesischer bewaffneter Polizei und Soldaten haben die Ortschaft Barma und andere Dörfer in der Nähe umstellt und die Tibeter darin eingeschlossen. Sie dürfen den Ort nicht mehr verlassen“, teilte Kanyag Tsering, ein Mönch aus Dharamsala mit guten Kontakten zu seiner Heimatregion Ngaba mit.
Der Tibeter, der am 26. Januar 2012 von den paramilitärischen Soldaten erschossen wurde, ist ein Oberschüler aus der Ortschaft Barma, Bezirk Dzamthang (chin. Rangtang), TAP Ngaba (ehemals Amdo). Der 20jährige Urgyen, der Sohn von Ripung Normo, wurde von einer Kugel getroffen, als er zusammen mit einer Gruppe anderer Tibeter versuchte, seinen Freund und Schulkameraden Tharpa vor der Verhaftung zu schützen.
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Tharpa (Bild:Tibet Post International)
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Um die Mittagszeit am Donnerstag, dem 26. Januar, brachte Tharpa Flugblätter in der Gegend an, auf denen stand, daß die Gründe für die Selbstverbrennungen die Wiedererlangung der Freiheit Tibets und die Rückkehr des Dalai Lama seien. Solange, wie die Forderungen jener Feueropfer nicht erfüllt werden, würden die Tibeter ihren Kampf fortsetzen und noch mehr Kampagnen organisieren. Tharpa hatte die Flugblätter eigenhändig unterschrieben und mit seinem Foto versehen. Die chinesischen Behörden könnten ihn ja festnehmen, wenn sie wollten…
Innerhalb von zwei Stunden traf das Sicherheitspersonal am Haus der Familie Ripung Normotsang ein, um ihn festzunehmen. Etliche Tibeter versuchten, die Polizei daran zu hindern, und während der folgenden Konfrontation gab die chinesische Polizei Schüsse auf die unbewaffnete Menge ab, wobei Urgyen tödlich getroffen und viele andere verletzt wurden.
Denselben Quellen zufolge wurden vier Mönche aus dem benachbarten Kloster Lhawang im Zusammenhang mit diesem Vorfall verhaftet. Ob Urgyens Leiche seinen Angehörigen übergeben wurde, ist unklar. Von Tharpa fehlt nun jede Spur.
Dies ist das dritte Mal in einer Woche, daß die chinesische Polizei das Feuer auf Tibeter eröffnete; mindestens acht Personen kamen bei diesen Massakern ums Leben [über die Zahl der Todesopfer differieren die Angaben, was bei der derzeitigen Informationssperre nicht verwunderlich ist]. Die anderen tödlichen Zwischenfälle ereigneten sich in den Nachbarregionen Drango und Serthar.
Dem Tibetischen Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) zufolge veranstalteten um eintausend Tibeter am 23. Januar in der Gemeinde Dzumenda in Dzamthang in der TAP Ngaba einen Kerzenumzug.
„Die Organisatoren des Umzugs wandten sich an die Menge und sagten, daß das Neujahr jenen Märtyrern gewidmet sein sollte, die ihr Leben dahingaben, um gegen die chinesische Regierung zu protestieren. Aus Solidarität mit ihnen sollten die Leute am Neujahrstag den Tod so vieler Märtyrer betrauern und nicht feiern. Die Namen derjenigen, die sich selbst verbrannt hatten, sowie die Umstände, unter denen sie handelten, wurden verlesen“, heißt es in einer Presseerklärung des TCHRD.
Anderen Berichten zufolge holten Tibeter im Bezirk Pema der TAP Golok, Provinz Qinghai, die chinesische Nationalflagge von einem chinesischen Verwaltungsgebäude herunter und verbrannten sie. Dann hißten sie die tibetische Flagge und stellten ein Bild ihres spirituellen Oberhaupts, des Dalai Lama, zur Schau. Chinesische Sicherheitskräfte in großer Zahl waren sofort zur Stelle und schlugen auf die versammelten Tibeter ein. Es gab viele Festnahmen.
„Bald danach trafen 16 Mannschaftswagen verschiedener Größe mit bewaffneter chinesischer Polizei in der Stadt ein und schränkten die Bewegungsfreiheit der Tibeter drastisch ein”. Läden und Restaurants im Bezirk Pema sind nun geschlossen und die ganze Gegend steht unter strenger Überwachung.
Einer anderen Quelle zufolge sei ein Mönch von der chinesischen Polizei festgenommen worden, als er versuchte, sich in Brand zu setzen. Weiterhin seien Tibeter in Tawu, als sie einen Konvoi chinesischer Militärlastwagen heranfahren sahen, auf die Straße gestürzt, um diese zu blockieren und den Konvoi an der Weiterfahrt zu hindern.
Am Montag erschoß das chinesische Sicherheitspersonal mindestens drei Tibeter in Drango, die friedlich demonstriert hatten und die die Rückkehr des Dalai Lama aus dem Exil forderten. Der etwas 40 Lastwagen zählende Militärkonvoi war eine Verstärkung für chinesische Truppen in Drango. Ganz Tawu ist nun von Sicherheitskräften umstellt.
Die gesamte Region steht unter strenger Militärkontrolle, teilte Kalsang, ein Mitglied des tibetischen Exilparlaments mit. „Am schlimmsten ist es in den drei Bezirken Serthar, Kardze und Drango“. „Auch die Bezirke Dartsedo und Lithang befinden sich in militärischer Alarmbereitschaft“.
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