“Sechs Millionen Tibeter wollen Freiheit und Unabhängigkeit” - Abschiedsbotschaft von Nyingkar Tashi
Ein Tibeter, der seinem feurigen Protest erlag, forderte in seiner Abschiedsbotschaft, die er vor seiner Protestaktion geschrieben hatte, „Freiheit und Unabhängigkeit für Tibet“.
Nyingkar Tashi, 24, der in seinem Testament deutlich machte, daß er sich aus Protest gegen die chinesische Regierung verbrenne, flehte außerdem um die Rückkehr Seiner Heiligkeit des Dalai Lama.
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Nyingkar Tashi und sein Vermächtnis
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„Sechs Millionen Tibeter begehren Freiheit für Tibet, Unabhängigkeit für Tibet, die Freiheit zum Lernen der tibetischen Sprache, die Freiheit, ihre Muttersprache zu sprechen“, steht in Tashis letzter auf Tibetisch verfaßten Botschaft. „Wir Tibeter fordern die Freilassung des Panchen Lama und daß Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama erlaubt werde, nach Tibet zu kommen“.
„Aus Protest gegen die chinesische Regierung lege ich Feuer an mich“. Außerdem bat er seine Angehörigen, besonders seinen Vater Tashi Namgyal, nicht „besorgt und betrübt“ zu sein.
„Meine Hoffnung ist, daß alle sechs Millionen Tibeter die tibetische Sprache erlernen, Tibetisch sprechen, tibetische Kleidung tragen und sich einig sind“.
Am 12. November zündete sich Nyingkar Tashi in dem etwa 100 km von der Stadt Rongwo entfernten Dowa an, und rief, Seine Heiligkeit der Dalai Lama möge ein langes Leben haben.
Zahlreiche Tibeter wurden Zeuge seiner Selbstverbrennung, sie waren nämlich in die Gegend gekommen, um den Familien der Feueropfer Tamdrin Tso und Kalsang Jinpa ihr Beileid auszusprechen und für sie zu beten.
„Die Menge war so groß, daß sie verhindern konnte, daß Nyingkar Tashis Körper in die Hände der chinesischen Sicherheitskräfte fiel“, teilte Dorjee Wangchuk, ein Exiltibeter, Phayul mit. „Später brachten sie seinen Körper nach Hause“.
Tamdrin Tso, Mutter eines 6jährigen Söhnchens, verbrannte sich am 7. November in Dro Rongpo, während Kalsang Jinpa einen Tag danach auf dem Dolma Platz vor dem Kloster Rongwo ein freiwilliges Opfer der Flammen wurde. Auf diese Vorfälle hin kam es in der Gegend zu massiven gegen die Regierung gerichteten Protesten mit Tausenden von Schülern und Ortsansässigen, die durch die Straßen marschierten und Slogans für die Freiheit und die Rückkehr des Dalai Lama riefen.
Auf diese Demonstrationen hin sei eine große Zahl chinesischer Offizieller und Parteikader nach Dowa gereist, um mit den dortigen Tibetern und den Gemeindevorstehern zu reden.
„Am 11. November schoben chinesische Regierungsvertreter bei einer Ansprache an das Volk die Schuld auf ausländische Kräfte, welche zu den Selbstverbrennungen aufgestachelt hätten, und betonten, daß solche Akte gegen die Regeln und Bestimmungen des Landes seien“, berichtete Wangchuk. „Und am 12. November wurden erneut Gemeindevorsteher einbestellt - es war um die Zeit, als Nyingkar Tashi Feuer an sich legte“.
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Der brennende Nyingchag Bum
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Stunden nach seinem Feuerprotest kam ein weiterer Tibeter, Nyingchag Bum auf dieselbe Weise ums Leben. Nach Angabe der Tibetischen Zentralverwaltung sind seit dem zweifachen Feuerprotest vom Montag zahlreiche Militärkonvois in der Ortschaft Dowa eingetroffen.
Aus mehreren Quellen erfuhr Phayul, daß die Behörden die Stromversorgung in Dowa unterbrachen, um das Internet lahmzulegen. Auf diese Weise wollen sie verhindern, daß Informationen über die Proteste und die derzeitige Lage dort ihren Weg nach draußen finden.
Es war nicht mehr möglich, die Gegend per Telefon zu kontaktieren, was zu Befürchtungen Anlaß gibt, daß es zu gewaltsamen Militäreinsätzen kommen könnte und die Sicherheit der dortigen Tibeter bedroht ist.
Alleine im November setzten sich zehn Tibeter in Brand, womit die Zahl der Selbstverbrennungen auf 72 [74] anstieg, seit diese Art der Feuerproteste 2009 einsetzte.
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