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China ereifert sich im Länderprüfverfahren beim UN-Menschenrechtsrat und weist alle Bedenken über die Menschenrechtssituation in Tibet zurück
Dharamsala - China lehnte gestern in Genf bei der internationalen Überprüfung seiner Beachtung der Menschenrechte jegliche Erwähnung der Menschenrechtslage in Tibet kategorisch ab.
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Demonstration am 9. Februar 2009 vor dem UN-Gebäude in Genf
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China lehnte die meisten der von den UN-Mitgliedstaaten vorgebrachten Empfehlungen zur Einführung spezieller Maßnahmen ab, um die Beachtung der Menschenrechte zu verwirklichen. Im Abschlußdokument der „Allgemeinen regelmäßigen Länderüberprüfung“ (Universal Periodic Review/UPR) Chinas, das gestern von dem UPR-Ausschuß herausgegeben wurde, nahm China zwar einige Empfehlungen über die Förderung der Menschenrechte im allgemeinen an, spielte aber andere herunter: Das sind Maßnahmen, welche eine Besserung der Informationsfreiheit und Meinungsäußerung bewirken, die Unabhängigkeit der Justiz und Rechtsanwälte gewährleisten, den Inhaftierten Zugang zu einem Rechtsbeistand bieten, die Anwälte vor Angriffen und Schikanen schützen und den ethnischen Minderheiten wie den Tibetern und Uighuren Religionsfreiheit und Freizügigkeit gewähren sollten.
Obwohl Kanada, Indien und Nigeria den Vorsitz bei der Begutachtung führten, konnten alle 47 Staaten, die dem Menschenrechtsrat angehören, Empfehlungen zu dem Bericht einreichen. China akzeptierte ein paar, die allgemein von den Menschenrechten handeln und stimmte begeistert der Empfehlung Kubas zu, „Leute ins Visier zu nehmen, die sich mit dem Ziel, den Interessen des chinesischen Staates und Volkes zu schaden, als Menschenrechtsverteidiger ausgeben“.
Dies war das erste Mal, daß China vor dem Ausschuß der allgemeinen Länderüberprüfung erschien. Sharon Hom, die Geschäftsführerin von Human Rights in China, bezeichnete diese erst 30 Monate alte Prozedur als einen Fehlschlag.
„Als Lackmustest für ein staatlich durchgeführtes Verfahren, dessen Ziel die Förderung der Menschenrechte unter den Mitgliedstaaten durch konstruktiven Dialog, Entscheidungsfindung mittels Konsens und Kooperation ist, hat die UPR, was China betrifft, versagt“, sagte sie. „Dieses Verfahren hat China statt dessen den nötigen Rückhalt gegeben, um weiterhin ungestraft so fortfahren zu können wie zuvor“.
Mary Beth Markey, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit bei International Campaign for Tibet, sagte, Chinas Weigerung, die meisten der Empfehlungen zu den Menschenrechten in Tibet anzunehmen, ließe ernste Bedenken im Hinblick auf sein wahres Engagement im UPR-Prozeß aufkommen. „Die Tatsache, daß die Empfehlungen in einem Hinterzimmer einfach unter den Tisch gekehrt werden konnten, schadet der Integrität der UPR selbst, die ja eigentlich ein ernsthaftes und konstruktives Prüfungsverfahren der Menschenrechtspraktiken, gemessen an internationalen Normen, sein sollte. Wir sehen hier eine grobe und absichtliche Politisierung dieses Prozesses durch China selbst und seine Kollaborateure im Menschenrechtsrat.“
Das Länderprüfverfahren der Vereinten Nationen, das alle vier Jahre stattfindet, war die erste größere Gelegenheit für die Internationale Gemeinschaft, China bezüglich der Menschenrechte zur Rede zu stellen seit der Pekinger Olympiade und dem Beginn seines scharfen Vorgehens in Tibet im letzten Jahr.
Neuseeland, Australien, Großbritannien, Kanada, die Schweiz und die Tschechische Republik äußerten bei der UPR ihre Bedenken im Hinblick auf Tibet, als eine Reihe von Empfehlungen von China zurückgewiesen wurde.
Australien, Portugal, Deutschland und Süd-Afrika erhoben Bedenken wegen der Minderheitenrechte in China, ohne sich spezifisch auf die Lage in Tibet zu beziehen, während Rußland, Pakistan und Sri Lanka den Umgang Chinas mit den Menschenrechten verteidigten. Pakistan stellte die unruhige Lage in Tibet als Ergebnis von ausländischen Einflüssen hin.
Die chinesische Delegation war auch bei der Ablehnung der Punkte, die die Staatsgeheimnis-Gesetze, die Todesstrafe und andere Menschenrechtsfragen betreffen, die von verschiedenen Ländern vorgebracht wurden, erfolgreich, wodurch sie erreichte, daß 70 von den 119 Empfehlungen aus dem Abschlußdokument entfernt wurden. Die Erklärung in dem UPR-Dokument lautet, daß diese Empfehlungen „keine chinesische Unterstützung genießen“.
Xinhua ignorierte alle gegen China erhobene Kritik und erklärte: „Bei der Bewertung lobten viele Länder Chinas ungeheure Leistung bei der Förderung und dem Schutz der Menschenrechte in den vergangenen 60 Jahren, insbesondere seit der Öffnung des Landes und der Reformpolitik ab 1979“.
Die Tschechische Republik, die derzeit die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union innehat, war das einzige Land, das sich in seinem Statement auf spezielle politische Gefangene bezog. Sie empfahl, daß China die Kampagne des „Harten Durchgreifens“, die zahlreiche ernste Menschenrechtsverletzungen mit sich bringt, einstellen sollte, daß alle Fälle, wo sich die Polizei besonders brutal verhielt und ebenso Fälle von Folter untersucht werden sollten, wie beispielsweise der Tod von Pempa Tsepak im Januar dieses Jahres, daß das Recht auf friedliche Versammlung geschützt und alle in diesem Zusammenhang verhafteten Personen freigelassen werden sollten.
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