China siedelte 2008 über 300.000 Tibeter in festen Behausungen an
Dharamsala Die chinesische Regierung hat, wie staatliche Nachrichtenagenturen kürzlich bekanntgaben, im Rahmen eines staatlichen Programms dieses Jahr 57.800 tibetische Haushalte, was etwa 300.000 Personen entspricht, in festen Ziegelsteinhäusern angesiedelt. Menschenrechtsgruppen zufolge bringen diese Maßnahmen für die Betroffenen schwere Nachteile mit sich.
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Yakherde der Nomaden im Changthang
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„Weitere 312.000 Bauern und Hirten, die zu 57.800 Familien gehören, haben dieses Jahr in Tibet ihre Bruchbuden verlassen und sind dank eines von der Regierung finanzierten Wohnprojekts, das sich die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zum Ziel gemacht hat, in neue solide Ziegelhäuser umgezogen“, ließ Xinhua am Samstag verlauten.
„Ich brauchte nur 18.000 Yuan (2.647 US$) für den Bau meines neuen Hauses auszugeben, der Rest, über 40.000 Yuan, wurde von der Regierung gestellt“, wird Drolkar, eine Bewohnerin des Dorfes Yamdo in der Nähe der tibetischen Hauptstadt Lhasa, zitiert. Weiter teilt Xinhua mit, ebenso wie Drolkar seien dieses Jahr sämtliche 208 Haushalte des Dorfes in neue Ziegelsteinhäuser umgezogen. Den Statistiken zufolge sind bis zum heutigen Tag insgesamt 860.000 Bauern und Hirten aus 170.000 Familien in neuen Häusern angesiedelt worden, fährt der Bericht fort.
Das auf 5 Jahre anberaumte Ansiedlungsprojekt, dessen Ziel es ist, „220.000 Familien feste Häuser zur Verfügung zu stellen“, wurde 2006 ins Leben gerufen.
Wenn das Projekt gegen Ende 2010 vollendet ist, werden, wie es in dem Bericht über das umstrittene Projekt, das an den sozialistischen Aufbau von früher erinnert, heißt, 80 % der Bauern und Hirten aus der Gegend umgesiedelt sein.
China nennt die Maßnahme ein „Projekt für komfortableres Wohnen“. Es beabsichtigt, Tibet, das es seit 1950 besetzt hält, moderner zu gestalten.
China behauptet, daß die neuen Siedlungen entlang der Hauptstraßen, wobei sich die Häuser oft nur eine Meile von den bisherigen Unterkünften entfernt befinden, den Kleinbauern und Hirten besseren Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten und Bildung verschafften und außerdem der Ökologie und der Gesundheit der Bauern und Hirten förderlich seien.
Xinhua zitiert einen kommunistischen Kader, demzufolge Tibet in den vergangenen 16 Jahren ein zweistelliges wirtschaftliches Wachstum verzeichnete: „Bauern und Viehhirten sind die Nutznießer der Wirtschaftsentwicklung unter China“.
Unabhängige Berichte schildern indessen ein anderes Szenario. Chinas übergeordnetes Ziel scheint es zu sein, Tibet eine Region mit eigener Kultur, Sprache und religiösen Traditionen umzugestalten, um die Bevölkerung endgültig unter seine Kontrolle zu bringen.
Mit der erzwungenen Seßhaftmachung der nomadischen Bevölkerung der TAR und der angrenzenden von Tibetern bewohnten Regionen in Sichuan, Gansu und Qinghai wurde eigentlich schon 2000 begonnen, aber seit 2003 wird sie forciert weiterbetrieben.
Beobachtern zufolge ist das großangelegte Umsiedelungsprogramm im Zusammenhang mit Pekings 1999 gestartetem Programm zur Entwicklung des armen, widerspenstigen Westens Chinas zu sehen, mit dem dieser an den aufstrebenden Osten angebunden werden soll. Seit dieser Zeit zwingt China, wie Menschenrechtsgruppen angeben, auch die tibetischen Nomaden, sich in permanenten Siedlungen niederzulassen - angeblich um Land für die Entwicklung zu räumen, wodurch jedoch vielen von ihnen die Möglichkeit zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts genommen wird.
In Erwartung der Millionen von Touristen, die im Olympia-Jahr 2008 Tibet besuchen sollten, wurde das Umsiedelungsprojekt auf dem gesamten tibetischen Hochland vehement vorangetrieben. In den Monaten vor den Olympischen Spielen berichteten die staatlichen Medien von einer vermehrten Umsiedelung der nomadisierenden Hirten in Qinghai, Sichuan und Gansu ebenso wie in der TAR in feste Behausungen - eine Maßnahme, die in erster Linie dem Schutz der Umwelt und der Anhebung des Lebensstandard der Bevölkerung dienen würde.
Alleine von 2006-2007 siedelte die chinesische Regierung etwa 250.000 tibetische Bauern und Hirten aus ihren verstreuten Weilern in die neuen „sozialistischen Dörfer“ um, was etwa einem Zehntel der Bevölkerung entspricht. Alternativen Berichten zufolge wurden sie gezwungen, die neuen Häuser großenteils auf eigene Kosten zu bauen, ohne daß sie jemals nach ihrer Zustimmung gefragt worden wären.
Dies bedeutete, daß diese tibetischen Nomaden ihre traditionelle Lebensweise aufgeben mußten, was für viele von ihnen frustrierend war und sie in die Verzweiflung trieb. Sie waren nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt in einer Weise zu verdienen, die nicht ihrer Tradition und Erfahrung entsprach.
Außerdem bedeutete die Umsiedlung in fest gebaute Häuser nach dem Bericht von Human Rights Watch von 2007 für die zumeist nomadischen Hirten oftmals die Schlachtung ihrer Tiere sowie anschließende Arbeitslosigkeit, weil ihnen die für andere Tätigkeiten notwendigen Kenntnisse fehlen.
Andere Tibeter werden dem Bericht zufolge gewaltsam vertrieben, um Platz für öffentliche Bauprojekte wie Staudämme und Straßen zu schaffen.
China behauptet, dank seiner Verwaltung habe sich die hauptsächlich buddhistische Himalaya-Region zu einer modernen Gesellschaft entwickelt. Kritiker halten dem entgegen, die Modernisierung des Landes sei den Tibetern von den chinesischen Behörden gewaltsam aufgezwungen worden und gehe einher mit drakonischen Maßnahmen zur Einschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung, der Freiheit, eine Religion ihrer Wahl zu praktizieren, sowie einer gewaltigen Einschränkung der wirtschaftlichen Möglichkeiten der Einheimischen.
Während Hunderte von Millionen von Dollar in den Straßenbau und Entwicklungsprojekte in Tibet gesteckt werden, unterhält China eine große Militärpräsenz in Tibet und hält die Bevölkerung mit einem riesigen Überwachungsapparat von Videokameras und Informanten auf den Straßen der Städte und in den Klöstern unter Kontrolle, um die aufmüpfige Himalaya-Region in Griff zu bekommen und Aufstände, wie die, die in diesem März ausbrachen, im Keim ersticken zu können.
Xinhuas neuester Artikel über die Seßhaftmachung von Tibetern scheint Teil einer Propagandaoffensive zu sein, die China letzten Monat startete, um dem, was es die „soziale und wirtschaftliche Entwicklung Tibets in den vergangenen 30 Jahren“ nennt, den richtigen Nachdruck zu verleihen.
Chinesische Medien kündigten im letzten Monat an, daß Chinas führende neun staatliche Medien, zu denen auch das offizielle Xinhua und People’s Daily Online zählen, vom 5. November an einen „Bericht in mehreren Folgen über die letzten 30 Jahre in Tibet seit der Reform- und der Öffnungspolitik in China“ veröffentlichen werden.
Diese massive, staatlich finanzierte Kampagne wird als ein Schritt beschrieben, der „internationalen Lesern helfen soll, Tibet besser zu verstehen“. In dem Bericht heißt es, die gezielte Reportage-Tätigkeit über Tibet würde gemeinsam von dem Propaganda-Departement der TAR und dem Propaganda-Department des Parteikomitees der TAR finanziert und durch das Netzwerk des China Tibet Information Centre unterstützt, das seine Dienste zur Verfügung gestellt hat.
Siehe auch:
http://www.phayul.com/news/article.aspx?id=16790&article=China+forcing+Tibetan+nomads+to+settle+in+towns&t=1&c=1
http://www.phayul.com/news/article.aspx?article=China+orders+resettlement+of+thousands+of+Tibetans&id=16462
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