18. August 2008

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Formlose Reihenhäuser, in denen tibetische Nomaden zwangsangesiedelt werden


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China zwingt über 73.700 Nomaden in Osttibet zur festen Niederlassung

Dharamsala - Staatliche Medien kündigten am Freitag an, daß die chinesische Regierung in den nächsten fünf Jahren über 73.700 tibetische Nomaden in der TAP Kanlho (chin. Gannan) in permanenten Ziegelhäusern anzusiedeln plant. Menschenrechtsgruppen wie Human Rights Watch zufolge geht dieses Umsiedelungsprogramm mit grobem Machtmißbrauch einher.

Nach Aussage des von Xinhua zitierten chinesisch-kommunistischen Funktionärs Wang Hongwei werden unter diesem Programm über 73.700 tibetische Nomaden in der Präfektur Gannan (Provinz Gansu) ihre Lebensräume am Oberlauf des Gelben Flusses, wo die Weideflächen erheblich degradiert seien, aufgeben müssen. Die Regierung der Präfektur Gannan habe schon 2004 Maßnahmen eingeleitet, damit die tibetischen Nomaden ihr Vieh in umzäunten Flächen weiden lassen, statt mit ihren Herden von einem Ort zum anderen zu ziehen, heißt es weiter bei Xinhua. Die staatlichen Zuschüsse für das Ansiedelungsprogramm für die tibetischen Nomaden belaufen sich Wang zufolge auf 1.3 Mrd. Yuan.

In der Präfektur Kanlho kam es im März des Jahres zu massiven Demonstrationen gegen die chinesische Herrschaft. Ein großes Aufgebot an regulären und paramilitärischen Truppen wurde eingesetzt, um eine Reihe von Protesten in den Bezirken Sangchu (chin. Xiahe), Luchu (chin. Luqu), Machu (chin. Maqu), Chone (chin. Zhouni), Tewo (chin. Diebu) sowie in der Stadt Hezuo, die alle zur Provinz Gansu gehören, niederzuschlagen. In diesem Monat verboten die chinesischen Behörden die Abhaltung des jährlichen Rituals „Hirschtanz“ am 8. August im Kloster Bora im Bezirk Sangchu (chin Xiahe).

„Die Regierung wendete in den vergangenen zwei Jahren 1,3 Mrd. Yuan auf, um den Bauern zu helfen, von ihren alten Holz-Lehm-Hütten in richtige Ziegelsteinhäuser umzuziehen und die Nomaden fest anzusiedeln“, erklärte Xinhua. Durch dieses 2006 eingeleitete Ansiedelungsprogramm sollen bis 2010 neunundachtzig Prozent der tibetischen Bauern und Viehhirten in festen Behausungen wohnen können.

In der Xinhua-Nachricht ist jedoch keine Rede davon, ob die Tibeter bei diesen Plänen zur Veränderung ihrer traditionellen Lebensweise auch ein Wort mitzureden hatten. China sagt, die feste Ansiedelung der nomadisierenden Tibeter in den Provinzen Qinghai, Sichuan und Gansu und in der TAR diene dem Schutz der Umwelt und der Verbesserung des Lebensstandards. Die Nomaden würden Darlehen erhalten, um ihre heizbaren Unterkünfte selbst zu bauen, und außerdem technischen Beistand und Beratung bei der Viehhaltung.

Andere Berichte der letzten Zeit hoben jedoch die Notlage der tibetischen Nomaden hervor, die frustriert  und verzweifelt darüber sind, daß sie ihren traditionellen Lebensstil aufgeben müssen, weil sie nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt mit anderen ihrer Tradition und Erziehung fremden Mitteln zu erwirtschaften. Die Ansiedelung bedeutet auch oft das Schlachten von den Tieren der Nomaden, der Umzug in schlecht gebaute Unterkünfte und Arbeitslosigkeit infolge Mangels an anderweitigen beruflichen Kenntnissen, heißt es in einem Bericht von Human Rights Watch* vom vergangenen Jahr.

Außerdem werden Nomaden und Bauern zwangsweise umgesiedelt, um Raum zu schaffen für Infrastrukturprojekte wie Damm- und Straßenbau.

In den Jahren 2006 und 2007 zwang China an die 250.000 Tibeter, das ist etwa 1/10 der Bevölkerung, von ihren verstreuten ländlichen Siedlungen in die neuen „sozialistischen Dörfern“ umzuziehen. Sie wurden nicht nach ihrer Meinung gefragt und mußten größtenteils die neuen Unterkünfte auf eigene Kosten bauen.

„No one has the liberty to refuse“, Tibetan Herders Forcibly Relocated in Gansu, Qinghai, Sichuan, and the Tibet Autonomous Region: http://hrw.org/reports/2007/tibet0607/