20. März 2008 |
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Human Rights Watch
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Wir fordern ein Ende der Angriffe, willkürlichen Festnahmen und der Schikanierung von Tibetern in Nepal
Human Rights Watch forderte die nepalesische Regierung auf, sie möge den willkürlichen Verhaftungen, Schikanen und der unnötigen Gewalt, mit der sie die tibetischen Demonstranten zum Schweigen bringen will, ein Ende setzen. Statt dessen sollte sich die Regierung, die nach den Protesten gegen König Gyanendra an die Macht kam, wieder zur Versammlungs- und Redefreiheit bekennen.
In Nepal, das an China grenzt, leben zahlreiche tibetische Exilanten oder Asylsuchende. Seit dem 10. März, dem Jahrestag des tibetischen Volksaufstands gegen die chinesische Herrschaft von 1959, kam es dort immer wieder zu Demonstrationen, mit denen die Tibeter auf die gewaltsame Unterdrückung der Proteste in Tibet und den benachbarten Provinzen aufmerksam machten.
Brad Adams, der Asiendirektor von Human Rights Watch erklärte: "Die Polizei in der nepalesischen Hauptstadt treibt unter Gewaltanwendung friedliche Demonstranten auseinander und nimmt immer mehr willkürliche Verhaftungen vor. Wie kann eine Regierung, die selbst durch öffentliche Proteste gegen ein autoritäres Regime an die Macht kam, nun selbst mit Gewalt gegen die friedlichen Proteste der Tibeter vorzugehen?"
Auf Fragen nach dem Grund für die Verhaftungen gab ein Bezirkspolizeikommissar HRW an, es sei die Politik der nepalesischen Regierung, daß es in Nepal keine Proteste gegen China geben dürfe.
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Polizeibrutalität
HRW wurde seit dem 10. März täglich Zeuge des brutalen Vorgehens der Polizei und der Bewaffneten Polizei gegen gewaltlose tibetische Demonstranten. Die Sicherheitskräfte gingen mit schweren Schlagstöcken (auf Nepali und Hindi: lathi) gegen die Menge vor und setzten Tränengas ein. Die Menschen wurden geschlagen, getreten und herumgezerrt, um sie zu vertreiben und zu festzunehmen. Mehrere Demonstranten trugen Verletzungen davon, darunter auch durch die lathis hervorgerufene Kopfverletzungen.
Human Rights Watch ist außerordentlich besorgt über die in der Polizeiwache Boudha vorgenommenen Misshandlungen an tibetischen Verhafteten. Die am 10. März Verhafteten wurden 15-20 Minuten lang getreten, mit der Faust geschlagen, geohrfeigt und beschimpft. Ihre Namen wurden registriert und man drohte ihnen mit der Deportation nach China, wo sie nach Auffassung von HRW mit Gefängnis und Folter zu rechnen hätten.
Am Abend des 14.März wurden dort drei Verhaftete ungefähr eine Stunde lang von Polizisten verprügelt. Man schlug mit den lathis derartig auf sie ein, daß diese zerbrachen. Wie Human Rights Watch beobachtete, wiesen alle drei Verletzungen auf, als sie die Polizeiwach verließen. Freunde brachten sie ins Krankenhaus. Bei der selben Demonstration wurde ein Mann bei dem Versuch, ihn zu verhaften, durch Schläge mit dem lathi auf den Kopf so schwer verletzt, daß er zu Boden stürzte, wo drei Polizisten derart auf ihn eindroschen, daß er schwere Knochenbrüche in beiden Füßen davontrug. Demonstranten gaben Reportern gegenüber an, die Polizisten hätten gerufen: "Wir müssen sie verprügeln".
HRW fordert die nepalesische Regierung auf, sicherzustellen, daß die Polizei und die Bewaffnete Polizei keine Gewalt gegen friedliche Demonstranten anwenden. "Die nepalesischen Sicherheitskräfte müssen begreifen, daß sie bei Anwendung von körperlicher Gewalt gegen Tibeter strafrechtlich verantwortlich gemacht werden können", sagte Adams.
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Willkürliche Verhaftungen
HRW zufolge haben die nepalesischen Behörden in mehreren Fällen friedliche Proteste gestattet, aber manchmal auch Demonstranten willkürlich verhaftet. Zum Beispiel wurden am 10. März über 150 Tibeter nach einer friedlichen Demonstration in Boudha verhaftet und auf drei verschiedenen Polizeiwachen ca. sieben Stunden lang festgehalten. Am 14. März wurden drei Personen verhaftet und ungefähr zwei Stunden auf der Wache Boudha festgehalten. Am 15. März wurden 12 Demonstranten für ca. drei Stunden auf der Polizeistation Jawalakhel festgehalten, nachdem sie vor dem Gebäude der Vereinten Nationen demonstriert hatten. Nach einer weitern Demonstration vor dem UN-Komplex wurden am 17. März wurden 49 Demonstranten, von denen zwei verletzt waren, ca. acht Stunden lang im Mahendra Polizeiclub festgehalten. Am 18. März wurden vor dem UN-Gebäude erneut 58 Personen verhaftet; 54 von ihnen wurde in den Mahendra Polizeiclub gebracht und dort sieben Stunden lang festgehalten und vier auf der Polizeiwache Jawalakhel. Am 19. März wurden bei einer weiteren Demonstration vor dem UN-Komplex um die Mittagszeit 21 Personen verhaftet, auf der Jawalakhel-Wache festgehalten und nach sechs Stunden wieder freigelassen.
Besonders besorgniserregend ist die am 18. März gegen 09.30 h vorgenommene Verhaftung von Tenzin Jamphel (Thupten) und Gyalbo Lama Tamang, einem tibetischen und einem nepalesischen Mönch, beide aus dem Kloster Sarswati. Sie wurden auf der Polizeiwache Swayambhu Ward eine Stunde lang verhört, dann brachte man sie ins Polizeihauptquartier in Naxal, wo man sie weitere 30 Minuten verhörte und schließlich wurden sie zum Büro des Distriktspolizeichefs von Kathmandu geschafft und dort bis zwei Uhr morgens festgehalten. Sie wurden gezwungen, ein Dokument zu unterzeichnen, in dem sie garantierten, daß sie sich nicht an weiteren Protesten beteiligen würden. Dem tibetischen Mönch wurde damit gedroht, ihn nach China zurückzuschicken, falls er sich noch einmal an Demonstrationen beteilige. Man sagte ihm auch, man habe ihn auf die Fahndungsliste der Polizei gesetzt.
HRW ist besorgt über Berichte, denen zufolge der Polizeichef von Kathmandu eine Fahndungsliste von 11 tibetischen Personen angefertigt, die nur deshalb verhaftet werden sollen, weil sie gegen die chinesische Regierung opponieren.
"Man droht mit Verhaftung und Deportation nach China, um so die friedlichen Proteste in Nepal zu ersticken", sagte Adams. "Die willkürlichen Verhaftungen von Tibetern sind unverzüglich einzustellen."
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Angriffe auf Journalisten
HRW brachte ebenfalls seine Besorgnis über die Angriffe gegen Journalisten zum Ausdruck, die über die Proteste der Tibeter und die Entwicklungen an der nepalesisch-chinesischen Grenze berichten wollten. Am 16. März wurde ein nepalesischer Pressefotograf, der mit einem ausländischen Journalisten zusammenarbeitete, auf nepalesischem Staatsgebiet in 200 m Entfernung von der chinesischen Grenze von 10 chinesischen Polizisten aufgehalten, die ihn in ein offizielles Gebäude brachten und in Anwesenheit von nepalesischen Polizisten seine Tasche durchsuchten und sein Fotomaterial löschten. Am 17. März wurde ein ausländischer Journalist, der die Verhaftung von Demonstranten filmen wollte, von einem nepalesischen Polizisten mit der Faust in Gesicht geschlagen. Journalisten berichten auch von einer auffälligen Zunahme von chinesischen Sicherheitskräften an der Grenze und von chinesischen Sicherheitskräften in Zivil, die auf der nepalesischen Seite der Grenze zugange sind.
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Kein Asyl in Nepal
Da zahlreiche Tibeter vor den brutalen Polizeiaktionen in Tibet auf der Flucht sind und sich über Nepal Sicherheit bringen wollen, erinnert HRW Nepal an seine internationalen Verpflichtungen, diesen gefährdeten Menschen Zuflucht in Nepal zu gewähren.
Diejenigen Tibeter, die vor dem 31. Dezember 1989 in Nepal eintrafen, wurden offiziell als Flüchtlinge anerkannt. Seither weigert sich die nepalesische Regierung, tibetischen Asylsuchenden den Flüchtlingsstatus zu gewähren. Dies führt dazu, daß alle Neuankömmlinge von Zwangsrückführung bedroht sind. Sie können sich nur schwer in die nepalesische Gesellschaft integrieren, haben kaum Zugang zu Bildung, Gesundheitsfürsorge und Arbeit. Ferner ist es unmöglich für sie, das Land zu verlassen, es sei denn, sie erhalten eine Ausreisegenehmigung. Unter Druck der chinesischen Regierung wurde im Januar 2005 das Büro des Vertreters Seiner Heiligkeit des Dalai Lama geschlossen. 2007 löschten die Behörden - etwas noch nie Dagewesenes - das Bhota Wohlfahrtsbüro, eine lokalen Organisation, die in Nepal lebenden Tibetern Beistand leistete, aus dem Vereinsregister und zwangen es zur Schließung.
"Jetzt ist es für die nepalesische Regierung an der Zeit, die Tibeter zu beschützen - und nicht den Wasserträger für Peking abzugeben", fügte Adams abschließend hinzu.
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