21. Juli 2006
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Tibetischer Mönch Namkha Gyaltsen weiterhin in Kardze inhaftiert

Ein junger Mann und drei Mönche aus dem Distrikt Kardze der Provinz Sichuan wurden im Oktober 2005 bei dem Versuch, aus Tibet zu fliehen, an einer Brücke zwischen Shigatse und Sakya festgenommen. Sicherheitsbeamte brachten sie zurück nach Kardze. Der junge Mann und zwei der Mönche wurden im Februar 2006 auf freien Fuß gesetzt, während sich der dritte Mönch, Namkha Gyaltsen, weiterhin im Gefängnis von Kardze befindet. Er könnte mit 6-7 Jahren Gefängnis bestraft werden, weil er 2005 Free-Tibet-Flugschriften in Umlauf gebracht und eine tibetische Nationalflagge im Kreis Kardze sichtbar aufgehängt hatte – wie uns ein Tibeter mitteilte, der aus Angst vor Vergeltung anonym bleiben möchte.

Der junge Mann, Kunstmaler von Beruf, war mit drei Mönchen aus dem Kloster Kardze befreundet, die ihn baten, eine tibetische Nationalflagge zu malen. Die Mönche schrieben dann “Freiheit für Tibet” und die Menschenrechte für Tibeter einfordernde Parolen auf Poster und brachten diese sowie die tibetische Flagge am 1. Juli 2005 heimlich auf dem Gemüsemarkt von Kardze an, sie klebten sie an die Außenmauern von größeren Läden in der Distrikthauptstadt Kardze und verteilten auch an anderen Orten des Distrikts Flugblätter mit demselben Inhalt. Es war der Gründungstag der KPC, doch keiner von ihnen wurde zu diesem Zeitpunkt festgenommen.

Auf die Frage, was sie denn zu so solch riskantem Tun veranlaßt habe, meinte unsere Quelle: “Sie glauben, daß Tibet ein freies Land ist, und sie sind mit vielen der Maßnahmen, welche die chinesische Regierung in ihrer Gegend durchführt, nicht einverstanden. Die Regierung läßt beispielsweise Weidenbäume und Dornenbüsche auf dem Ackerland von Tibetern pflanzen, andere Tibeter werden von ihrem Land vertrieben, damit es an Chinesen verpachtet werden kann, um dort Gemüse anzubauen. Wiederholt wurde den enteigneten Tibetern eine finanzielle Entschädigung versprochen, aber bisher haben sie nichts bekommen, weshalb sie immer mehr verarmen. Manche Eltern halten ihre Kinder aus Verzweiflung sogar zum Stehlen an, da sie sonst keine Möglichkeit zum Überleben sehen, doch die chinesische Regierung unternimmt überhaupt nichts, um ihnen zu helfen.”

Die Aktion der vier Tibeter blieb etwa drei Monate lang unentdeckt, aber als die Ortspolizei dann Wind davon bekam, begann sie intensiv zu ermitteln. Daraufhin beschlossen die vier Tibeter im Oktober 2005, ins Exil zu fliehen. Der Maler setzte sich nach Lhasa ab, und die drei Mönche folgten ihm etwas später, sie hielten sich etwa 2 Wochen dort auf. Einer rief seine Familie in Kardze an und erfuhr, daß ihnen fünf Polizeioffiziere nach Lhasa nachstellten. Sie mußten nun um ihr Leben fürchten und heuerten eiligst einen Guide an, dem sie je 3.500 Yuan zahlten. Zusammen mit noch einem Mönch aus Lhoka fuhren sie nach Shigatse. Von dort aus schlossen sie sich anderen Pilgern an, die auf dem Weg nach Sakya waren, weil sie sich von dort aus auf die Flucht begeben wollten.

Unglücklicherweise wurde ihr Truck um 5 Uhr morgens an einem Checkpost bei einer Brücke angehalten; die Polizei griff sechs Personen heraus und nahm sie fest. Unsere Quelle vermutet, daß sie entweder von dem Guide oder von dem Besitzer des Hauses, wo sie in Lhasa übernachtet hatten, bei der Polizei denunziert worden seien. Wie man hört, belohnen die chinesischen Behörden nämlich Informanten mit reichlichen Geldgeschenken. Die vier wurden daraufhin eine Woche in einem Gefängnis in Shigatse festgehalten, wo man sie schlug. Daraufhin wurden sie ihren jeweiligen Heimatdistrikten überstellt. Der Maler und die Mönche wurden den Polizeioffizieren, die ihnen gefolgt waren, übergeben und in die Kreisstadt Kardze zurückgebracht. Im Distriktgefängnis von Kardze wurden sie schwer gefoltert, gestanden aber nie ein, daß sie nach Indien fliehen wollten.

Da die Behörden keine Beweise finden konnten, wurden der junge Mann und ein Mönch nach sechs Monaten Gewahrsam im Februar 2006 entlassen, ein anderer Mönch trat im Gefängnis in den Hungerstreik und wurde immer schwächer. Da die Polizei keine Verantwortung für ihn übernehmen wollte, übergab sie ihn seinen Angehörigen. Doch der dritte Mönch, Namkha Gyaltsen, der beschuldigt wird, im Juli im Distrikt Kardze separatistische Aktivitäten ausgeführt zu haben, ist weiterhin in Haft. Namkha gestand später seine Teilnahme an der Aktion, und unserer Quelle zufolge droht ihm nun eine Gefängnisstrafe von 6 bis 7 Jahren.

Namkha Gyaltsen ist 27 Jahre alt und einer der vier Gesangsmeister des Klosters Kardze in der Kreishauptstadt Kardze. Das Kloster hat über 500 Mönche. Seine drei Begleiter müssen sich nun alle zwei Wochen beim Public Security Bureau von Kardze melden und können ohne dessen Erlaubnis nicht mehr außerhalb ihres Distrikts reisen. Gegenwärtig halten sich die zwei Mönche bei ihren Familien auf, weil sie nicht mehr in ihr Kloster zurückkehren dürfen.