September 2007
Human Rights Update

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Inhalt:

  1. Das TCHRD verurteilt Chinas neue Reinkarnationspolitik
  2. China unterzieht Lithang einer massiven patriotischen Erziehungskampagne
  3. Ein ehemaliger politischer Gefangener erreicht Indien
  4. Repressalien im Kloster Tongkyab in Golog
  5. Bekannter tibetischer Musiklehrer in Lithang verhaftet
  6. Dreizehn Tibeter in Sog, Präfektur Nagchu, festgenommen

Das TCHRD verurteilt Chinas neue Reinkarnationspolitik

Das TCHRD mißbilligt die von der chinesischen Regierung erlassenen neuen Vorschriften für die Auswahl von reinkarnierten Lamas.

Der vom staatlichen Büro für Religionsangelegenheiten (State Administration of Religious Affairs = SARA) herausgegebene 14 Punkte umfassende Maßnahmenkatalog zur Reinkarnation trat am 1. September in Kraft. Er zeigt deutlich die unerbittliche Entschlossenheit der KPCh, der jahrhundertealten religiösen Tradition der Tibeter ihren Status zu nehmen und sie zu zersetzen. Gleichzeitig soll die Autorität der legitimen religiösen tibetischen Würdenträger einschließlich des Dalai Lama geschwächt werden. Den neuen Vorschriften zufolge ist ein jeder buddhistischer Mönch, der außerhalb Chinas lebt, davon ausgeschlossen, selbst in Tibet als Wiedergeburt anerkannt zu werden oder jemand anderes als "lebenden Buddha" anzuerkennen. Dies stellt quasi das Ende einer jahrhundertealten Tradition des tibetischen Buddhismus dar.

Der offiziellen Verlautbarung der SARA zufolge "müssen alle Wiedergeburten ‚lebender Buddhas’ im tibetischen Buddhismus vom Staat gebilligt werden, andernfalls ist ihre Anerkennung illegal und damit ungültig". Diese neuen Vorschriften machen das seit Jahrhunderten überlieferte System der Anerkennung wiedergeborener tibetischer Lamas gegenstandslos, denn ab sofort entscheidet alleine die KPCh über die Rechtmäßigkeit einer „Wiedergeburt“.

In den neuen Vorschriften heißt es: "Alle Anträge auf Reinkarnation müssen sowohl beim Büro für religiöse Angelegenheiten der SARA als auch beim Staatsrat eingereicht werden, damit eine gültige Anerkennung, die dem Ruhm und dem Einfluß des lebendigen Buddha in der religiösen Abfolge genüge tut, erfolgen kann". Die neuen Maßnahmen stellen eine Umgehung und Verhöhnung der tradierten Methode zur Bestimmung reinkarnierter Lamas dar, bei der keinem Amt für religiöse Angelegenheiten oder dem Staatsrat eine Bewerbung zur Billigung vorgelegt werden mußte. Sie sind eine frappante Verletzung des Rechts auf Religionsfreiheit.

Die neuen Vorschriften vermitteln eine subtile, aber dennoch deutliche Botschaft: Wiedergeburten, die einer uralten Sitte entsprechend von den religiösen Oberhäuptern, wozu auch der im Exil lebende Dalai Lama zu rechnen ist, benannt wurden, können nur dann als gültig betrachtet werden, wenn sie von den chinesischen Behörden bestätigt wurden. Weiter heißt es in der Vorschrift: "Bei der Bestimmung von Reinkarnationen muß die nationale Einheit und Solidarität zwischen allen ethnischen Gruppen gewahrt bleiben, und der Auswahlprozeß darf nicht von Gruppen oder Personen außerhalb von China beeinflußt werden". Mit dieser neuen  Regelung bekundet die chinesische Regierung unmißverständlich ihre Entschlossenheit, die Kontrolle über die jahrhundertealte religiöse Tradition der Auswahl von wiedergeborenen Lamas, die bei den gläubigen tibetischen Buddhisten größte Hochachtung genießen, an sich zu reißen. Die neue Vorschrift soll sicherstellen, daß künftig die KPCh die alleinige Instanz für die Auswahl von Reinkarnationen ist, und sie verlangt von den Bürgern die Autorität der Partei in dieser Angelegenheit anzuerkennen, womit sie die tradierte Vorgehensweise vollständig ausschaltet.

Abgesehen von der Umsetzung der neuen Richtlinie intensivieren die chinesischen Behörden weiterhin ihre Aktivitäten in den Klöstern und führen regelmäßig Kampagnen für die "patriotische Umerzíehung" der Mönche und Nonnen durch. Zuverlässigen Informationen zufolge haben sogenannte "Arbeitsgruppen" in letzter Zeit vor bedeutenden Jahrestagen und ähnlichem an bestimmten religiösen Stätten regelmäßig obligatorische politische Schulungen abgehalten. So wurden beispielsweise in Lhasa die religiösen Aktivitäten während des heiligen Monats Saka Dawa weitgehend verboten. In allen großen Klöstern überwacht die Regierung weiterhin die alltäglichen Abläufe bis ins Detail. Die Regierung, die nichts zu den laufenden Kosten der Klöster beiträgt, übt durch die sogenannten Demokratischen Managementkomitees und die örtlichen Büros für religiöse Angelegenheiten eine strenge Kontrolle über ihre Verwaltung aus.

Noch vor dem Erlaß dieser neuen Vorschriften veröffentlichte das 11. Ständige Komitee der Regierung der TAR am 19. September 2006 die 56 Artikel umfassenden "Maßnahmen zur Regelung religiöser Angelegenheiten", die am 1. Januar 2007 in Kraft traten. Statt dem Schutz der Religionsausübung zu dienen, haben derartige Maßnahmen den Zweck, religiöse Organisationen, Geistliche und religiöse Bürger zur Befolgung der diesbezüglichen staatlichen Vorschriften zu zwingen. Ferner bieten sie den offiziellen Stellen die gesetzliche Absicherung zur Ausweitung von Restriktionen, der Ausübung staatlicher Kontrolle und zur Repression.

China behauptet, die Religionsfreiheit sei von der Verfassung garantiert und werde von der Gesetzgebung geschützt, und diese juristischen Sicherheitsmaßnahmen stünden im Einklang mit dem Geist und den Bestimmungen der internationalen Menschenrechtsabkommen.

Die neuesten offiziellen Maßnahmen, die eine staatliche Zulassung wiedergeborener Lamas vorsehen, zeigen wieder einmal, daß all diese rechtlichen und administrativen Bestimmungen nicht etwa die religiöse Freiheit schützen, im Gegenteil, sie verletzen die religiösen Gefühle gläubiger tibetischer Buddhisten. Das TCHRD fordert die chinesische Regierung zur Einhaltung ihrer in internationalen Abkommen eingegangenen Menschenrechtsverpflichtungen auf, wie sie es bei ihrer Wahl zum Mitglied des neuen Menschenrechtsrats der UN bestätigt hat.

China unterzieht Lithang einer massiven patriotischen Erziehungskampagne

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) erfuhr aus zuverlässiger Quelle, daß die chinesische Regierung einen patriotisch-politischen Feldzug großen Umfangs in Lithang gestartet hat. Einer bestätigten Information zufolge bestellte sie als Auftakt zu ihrem Feldzug zur patriotisch-politischen Erziehung in der ersten Septemberwoche 2007 die Gemeinde- und Klostervorsteher in und um Lithang ein.

Ebenso luden die zuständigen Ämter und Beamten die Tibeter vom Kloster Lithang vor, um ihnen die korrekte politische Gesinnung zu vermitteln. Sie wurden belehrt, wie die Aristokraten und die Staatsdiener im alten Tibet, d.h. vor 1959, das gemeine Volk unterdrückten, knechteten und quälten. Außerdem erzählte man ihnen, wie sich das gewöhnliche Volk dank der Befreiung Tibets durch die Chinesen endlich erheben konnte und jene Staatsdiener, die es zuvor unterdrückt und geknebelt hatten, in speziellen „Denunzierungssitzungen“ (tib. thamzing) demütigte.

Im patriotischen Erziehungsunterricht machen die chinesischen Kader den Tibetern weis, wie die chinesische Regierung den Lebensstandard des tibetischen Volkes verbessert hat, und daß sie nun einer Ära des Wohlstands entgegenblicken. Sie klären die Tibeter fernerhin auf, daß Trulku Tenzin Delek und Rongye Adrak sich dem Mutterland gegenüber, ungeachtet des ganzen Fortschritts und der Entwicklung, die China ihnen gebracht hat, als sehr undankbar erwiesen hätten. Die Kader erläuterten, welche ernsten Fehler Trulku Tenzin Delek, Rongye Adrak und eine Reihe anderer böswilliger Tibeter begangen hätten. Dazu wurden auch Bilder und Pamphlete mit der Schmähung von Trulku Tenzin Delek* und Rongye Adrak** verteilt.

Die chinesischen Behörden haben das Aufstellen von Bildern des Dalai Lama nicht nur in den Klöstern, sondern auch in den Wohnquartieren der Mönche verboten. Sie verfügten, daß Mönche unter 18 Jahren ihre Klöster verlassen und nach Hause zurückkehren müßten. Zudem wurde eine Schule, die dem Kloster Lithang unterstand und von ihm verwaltet wurde, geschlossen und die Schüler zu ihren Familien zurückgeschickt.

In einer anderen Aktion durchsuchten 30 bewaffnete Polizei-Milizen (PAP) bei Nacht und ohne Vorwarnung die Wohnung eines Mönches und schlugen und mißhandelten ihn. Sie stürmten auch die Wohnquartiere einiger anderer Mönche, die in keiner Weise politisch aktiv sind.

In einem Akt empörender und grober Verletzung der Religionsfreiheit wurde Angestellten des öffentlichen Dienstes und Beamten im Ruhestand das traditionelle Umrunden des Klosters sowie das Praktizieren von Ritualen auf ihren Hausaltären verboten. Die chinesische Regierung ist entschlossen, die patriotische Erziehungskampagne in Lithang drei Monate lang mit besonderer Intensität durchzuführen.

Bilder des Dalai Lama sind nun außer in Klöstern auch in Privathäusern verboten. Angesichts der politischen Unruhen und der angespannten Situation in Lithang in den letzten Monaten hat die Regierung zu neuen, geradezu bizarren Restriktionen gegriffen. Eine patriotische Umerziehungskampagne dieser Art und dieses Umfangs hat es in Lithang seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben.

Das TCHRD ist ernsthaft besorgt über das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen und den Einbruch der Behörden in den Alltag und die Traditionen der Tibeter von Lithang. Es ruft die chinesische Regierung auf, die Menschenrechte des tibetischen Volkes in Lithang zu respektieren.

Ein ehemaliger politischer Gefangener erreicht Indien

Ngawang Dripsel wurde nach Verbüßung seiner Haftstrafe am 6. November 2000 aus dem Gefängnis entlassen. Er kommt aus bescheidenen Verhältnissen aus der Gemeinde Tsodoe, Kreis Phenpo Lhundup, Bezirk Lhasa. Ngawang Dripsel verbrachte vier Jahre im Kloster Drepung, wo er im Buddhismus unterwiesen wurde und sich nützlich machte, indem er da und dort Hand anlegte. Er hatte keine moderne Schulbildung genossen. Bis zum 20. Lebensjahr wohnte er zu Hause bei seinen Eltern und half ihnen bei der Führung des Haushalts.

Auf den Rat seiner Eltern hin trat er ins Kloster Drepung ein. Dort lernte er lesen und schreiben und erhielt eine religiöse Grundausbildung. Studieren war jedoch nicht seine Sache und er zog es vor, im Teehaus des Klosters zu arbeiten.

Politisch aktiv wurde er 1992, als er am 13. Mai jenes Jahres zusammen mit acht Mönchen in Lhasa friedlich für die Unabhängigkeit demonstrierte. Schnell schlossen sich ihnen acht weitere Mönche an. Sie alle trugen die tibetische Nationalflagge vom Mentsekhang (Tibetisches Medizinisches Institut) zum Jokhang und riefen dabei laut Parolen wie „Unabhängigkeit für Tibet, „Chinesen raus aus Tibet“, „Lang lebe der Dalai Lama“. Ihr friedlicher Protest währte aber nur 20 Minuten, und schon waren die Polizisten des Public Security Bureau (PSB) und der Bewaffneten Volkspolizei (PAP) zur Stelle, die die Demonstranten festnahmen und ins Gutsa Haftzentrum brachten. Dort wurden sie vernommen und mit elektrischen Schlagstöcken und anderen Instrumenten traktiert.

Während der Vernehmungen mußten sie viele Arten unmenschlicher Folter und grausame Schläge ertragen. Sie mußten sich ausziehen und unbeweglich dastehen, während die Aufseher mit ihren Metallgürteln auf sie eindroschen, bis ihr Körper voller Wunden und Schrammen war. Einen halben Tag lang wurden sie an einem Seil vom Dach herab aufgehängt mit dem Gesicht zur Gosse unter ihnen gewandt. In den fünf Monaten in Gutsa waren sie in separaten Zellen eingesperrt.

Am 13. September 1993 erfolgte ihr Prozeß vor dem Mittleren Volksgericht, wo sie „konterrevolutionärer Verbrechen“ sowie der „Volksverhetzung und reaktionärer Propaganda“ angeklagt und zu Haftstrafen verschiedener Länge verurteilt wurden. Von 1992 bis 1994 mußten sie in der Gemüsefarm des Gefängnisses arbeiten. Selbst in ihren Zellen mußten sie noch harte Arbeit verrichten oder vom frühen Morgen bis zum Nachmittag im Militärstil trainieren, und das alles bei miserabler Kost und unter grauenhaften sanitären Bedingungen. Sie wurden mißhandelt, gefoltert und entwürdigenden Strafen ausgesetzt.

Ngawang Dripsel bezeugte dem TCHRD, daß die chinesischen Gefängniswachen ihn wiederholt mit elektrischen Viehstöcken traktierten, wodurch er sich chronische Kopfschmerzen zuzog. Obwohl er krank und in einem erbärmlichen physischen Zustand war, kam er nie in die Gefängnisklinik.

Sein Zellengenosse Jonden eröffnete nach seiner Entlassung ein tibetisches Restaurant im Stadtteil Ramoche von Lhasa. Nachdem Ngawang Dripsel dann auch seine Strafe verbüßt hatte, stellte er diesen in seinem Restaurant an.

Da ihn das Leid seiner Landsleute tief berührte, konnte Ngawang Dripsel nicht schweigen und wurde bald wieder politisch aktiv. Er brachte zu Papier, wie die tibetischen politischen Gefangenen im Gefängnis gefoltert und mißhandelt werden. Seine Manuskripte sandte er auf geheimen Wegen an die Tibetische Regierung-im-Exil. Am 7. November 1997 wurde er erneut festgenommen und kam wegen seines politischen Aktivismus ins Haftzentrum des Kreises Samye. Schließlich bekam er drei Jahre Gefängnis, die er im Haftzentrum des Kreises Toelung absaß.

Nach Verbüßung seiner Strafe wurde er am 6. November 2000 entlassen. Nachdem ihm im Laufe der Zeit klar geworden war, daß das Leben für einen ehemaligen politischen Gefangenen unerträglich ist, und seine Zukunft, falls er in Tibet bliebe, sehr düster aussähe, trat er am 1. August 2007 die Flucht an und erreichte unversehrt das Tibetische Flüchtlingsauffanglager in Kathmandu.

Hier folgt die Liste der Mönche, die wegen ihrer Teilnahme an jener Unabhängigkeitsdemonstration vom 13. Mai 1992 ins Gefängnis kamen:

1. Phutsok, 26, Lhasa, 8 Jahre Gefängnis.

2. Phuntsok Siggey, 27, Kreis Phenpo Lhundrub, 8 Jahre Gefängnis.

3. Paljor Dorjee, 22, Kreis Phenpo Lhundrub, 7 Jahre Gefängnis.

4. Phuntsok Leksang, 20, Damshung, Präfektur Nagchu, 7 Jahre Gefängnis.

5. Jorden, 22, Kreis Phenpo Lhundrub, 5 Jahre Gefängnis.

6. Ngawang Lungtok, 19, Kreis Phenpo Lhundrub, 5 Jahre Gefängnis.

7. Penpa, 23, Kreis Toelung Dechen, 5 Jahre Gefängnis.

8. Ngawang Dripsel, Kreis Phenpo Lhundrub, 4 Jahre Gefängnis.

9. Phuntsok Samten, 20, Präfektur Nagchu, 4 Jahre Gefängnis.

10. Drapa (Rufname), 24, Kreis Toelung, 4 Jahre Gefängnis.

11. Samdrup, 27, Kreis Phenpo Lhundrub, 3 Jahre Gefängnis.

12. Ngawang Choegyal, 21, Kreis Phenpo Lhundrub, 3 Jahre Gefängnis.

13. Thinley Tenzin, 30, Kreis Meldrogungkar, 3 Jahre Gefängnis.

14. Jampa Tenzin, 26, Kreis Meldrogungkar, 2 Jahre Gefängnis.

15. Tenzin Nyima, 24, Kreis Meldrogungkar, 2 Jahre Gefängnis.

16. Lobsang Ngawang, 26, Lhasa, 1 Jahr Gefängnis.

Repressalien im Kloster Tongkyab in Golog

Wie kürzlich bekannt wurde, ließ die chinesische Regierung Mitte Juli 2007 eine Reihe von Tibetern in der Tibetisch-Autonomen Präfektur (TAP) Golog, Provinz Qinghai, festnehmen. Am 16. Juli 2007 drang ein Kontingent chinesischer Soldaten überfallartig in das Kloster Tongkyab ein und nahm den Abt und einen Mönch fest.

In Zusammenhang mit diesen Ereignissen wurden auch Thupwoe und Rigphel aus der Gemeinde Gonma Toerma festgenommen. Bei einer anderen überraschenden Razzia nahmen die Milizen der PAP Kundo und Rigkyab aus der Gemeinde Donkha und eine große Gruppe von anderen Tibetern fest. Der Hauptgrund für diese Festnahmen war der Widerstand der einheimischen tibetischen Bevölkerung gegen eine neue Moschee, die von dort ansässigen chinesischen Hui Geschäftsleuten gebaut worden war.

Nach Aussage der ortsansässigen Tibeter soll die Moschee, die von einem wohlhabenden Hui Geschäftsmann finanziert wurde, gebaut worden sein, ohne daß die notwendige Genehmigung von der Lokalverwaltung vorlag.

Die Tibeter brachten ihren Unmut darüber zum Ausdruck, indem sie die Moschee und einige im Besitz von Hui Chinesen befindliche Restaurants beschädigten. Die chinesischen Behörden schieben die Schuld für das Wüten und Toben der Tibeter den Mönchen des Klosters Tongkyab zu, welche die Tibeter aufgehetzt hätten und für den von ihnen angerichteten Schaden verantwortlich seien. Daher forderten sie das Kloster Tongkyab auf, den Restaurantbesitzern und der Moschee eine Entschädigung für den entstandenen Schaden und ihre Verlust zu zahlen. Die Mönche des Klosters Tongkyab wiesen jedoch ihre Verwicklung in die Sache und die von den Behörden gegen sie erhobenen Beschuldigungen entschieden zurück.

Das Kloster Tongkyab steht schon seit geraumer Zeit unter behördlicher Überwachung. Als der Demokratische Verwaltungsrat die patriotische Umerziehung mit der üblichen Kritik am Dalai Lama in dem Kloster durchführen wollte, stieß er auf den heftigen Widerstand der Mönche. Bei der Umerziehung werden die Mönche angehalten, den Dalai Lama als den „Hauptspalter der Nation und den Staatsfeind No. 1“ zu denunzieren. Die Kampagne hatte jedoch nur geringen Erfolg bei ihnen.

Auf diese Entwicklung hin wurde das gesamte Kloster Tongkyab unter strenge Überwachung gestellt. Den letzten uns zugegangenen Informationen zufolge soll es von schwer bewaffneten PAP-Milizen umstellt worden sein. Außerdem zitierten die Behörden die ortsansässigen Tibeter und die Geistlichen des Klosters zu einem Meeting, bei dem sie den Mönchen erklärten, es sei ihnen untersagt, das Kloster zu verlassen und Mobiltelefone zu benutzen.

Bei einem ähnlichen Vorfall in der TAP Golog nahm die PAP nach einer Konfrontation zwischen Tibetern und Hui-Chinesen bei einem Pferderennen-Fest um die 60 Tibeter fest.

Über Spannungen zwischen den beiden Volksgruppen wurde schon des öfteren berichtet. Im vorliegenden Fall kam es zu der Auseinandersetzung, nachdem die Tibeter in den in einem Hui-Restaurant servierten Speisen menschliche Zähne und Fingernägel entdeckten. Es ist nicht das erste Mal, daß so etwas passierte.

Die Tibeter klagen schon lange über die Diskriminierung, Demütigung und schlechte Behandlung, denen sie seitens der Hui-Chinesen ausgesetzt sind. Der tiefsitzende Groll gelangte zur Oberfläche, nachdem während des jährlichen Pferderennens in Tawo menschliche Körperteile in den Schüsseln gefunden wurden. Die aufgebrachten Tibeter verwüsteten die den Hui-Chinesen gehörenden Restaurants der Gegend und fügten ihrem Eigentum beachtlichen Schaden zu.

Um die Lage unter Kontrolle zu bekommen, rückte die Sicherheitspolizei an. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas eine, um die Protestierenden zu verjagen, und nahmen dabei auch viele Tibeter fest.

Auf der Liste der in dem Haftzentrum Inhaftierten standen etliche Namen lokaler tibetischer Beamter und Bürger. Kurz darauf wurden die meisten auf Bewährung entlassen. Die zwei Tibeter Nyiwoe und Ribkyab befinden sich jedoch immer noch im Kreisgefängnis. Außerdem wurden Woebar und Kundhor aus dem Kloster Bod in der Gemeinde Golog festgenommen.

Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen beauftragten die Behörden das Sicherheitspersonal, zwei prominente tibetische Lamas des Klosters Tongkyab, die sie als die Rädelsführer des Protestes betrachteten, zu verhaften, nämlich Dunlo und Palden Sangpo. Beide konnten sich jedoch rechtzeitig der Festnahme durch Flucht entziehen. Gegenwärtig gibt es im Kloster Tongkyab etwa 150 Mönche. Nach dem Ausbruch der Unruhen wurde ihr Kloster von chinesischem Sicherheitskräften umstellt, so daß sie sich nun förmlich unter Hausarrest befinden.

Bekannter tibetischer Musiklehrer in Lithang verhaftet

In Lithang wird die Bevölkerung weiterhin von den Behörden drangsaliert und stöhnt unter den Restriktionen, die nach der Verhaftung von Rongye Adrak und anderen tibetischen „Abweichlern“ im August angeordnet wurden. Berichten zufolge greifen die Kontrollen nun auch in das sozial-wirtschaftliche Gemeinwesen der Tibeter ein.

Am Abend des 22. Augusts nahmen die chinesischen Behörden den talentierten Musiklehrer Kunkhyen im Dorf Latse, Lithang, Provinz Sichuan, fest. Gegenwärtig gibt es keine Informationen über seinen Verbleib und seinen Zustand. Die dort ansässigen Tibeter und seine Verwandten machen sich große Sorgen wegen seines plötzlichen Verschwindens.

Der 32jährige Musiklehrer stammt aus einer Nomadenfamilie und wohnte zuletzt bei seiner Mutter und seinen Tanten. Sein Vater starb, als er 20 Jahre als war. Er ist ein Mann von vielseitiger Begabung, nicht nur ein ausgezeichneter Musiker, sondern er malt auch Tangkas. Von früher Jugend an verfolgte er eifrig seine künstlerische und musikalische Karriere. Das Spielen der tibetischen Dranyen wurde ihm von dem bekannten Lehrer Dunbel beigebracht.

Kunkhyen trat immer wieder in seiner Heimat auf der Bühne auf und begeisterte die tibetischen Zuhörer durch seine musikalischen Darbietungen. Diese liebten seine Kompositionen und Melodien. Sein Beitrag zur Musik und Kunst war für seine Landsleute eine echte Bereicherung ihres täglichen Lebens.

Die Mauern und Wände des Klosters Lithang sind mit seinen Thangkas und Gemälden von Buddha und Bodhisattvas geschmückt. Eine Wand im Kloster Lithang trägt ein von ihm gemaltes Fresko des Beschützers des Nechung Orakels. Die Tibeter von Lithang verehren täglich die Statuten und Gemälde, die er für sie gemalt hat.

Einige seiner besten Songs wie „Oh Weißer Kranich“ oder „Süße Melodien des Weißen Kranichs“ fanden innerhalb und sogar außerhalb Tibets Verbreitung.

Zur Zeit seiner Festnahme, die im Zusammenhang mit dem Massenprotest auf die Verhaftung von Rongye Adrak stand, arbeitete er als regulärer Musiklehrer an einer Mittelschule in Lithang. Infolge seines Verschwindens hat sich nun ein Schleier der Traurigkeit und Sorge über die Mittelschule von Lithang gelegt. Da er nicht mehr da ist, gibt es keine Gesangs-, Tanz- und Musikstunden mehr an dieser Schule. Seine Schüler warten sehnlichst auf seine Rückkehr, denn sie möchten so gerne wieder seine Musikklassen besuchen.

Dreizehn Tibeter in Sog, Präfektur Nagchu, festgenommen

Im Juni war es zwischen zwei Tibetern und mehreren muslimischen Migranten chinesischer Herkunft (Hui) im Kreis Sog, Präfektur Nagchu zu einem heftigen Streit gekommen. Es ging dabei um die Vermarktung des Raupenkeulenpilzes (tib. yartsa gunbu, botanischer Name: cordyceps sinensis), einem tibetischen Heilgewächs. Aus einem kleinen Disput wurde bald eine gewalttätige Auseinandersetzung. Die Hui-Chinesen, die in der Überzahl waren, schlugen die zwei Tibeter brutal zusammen. Als andere Tibeter sahen, was vor sich ging, eilten sie ihren Landsleuten zu Hilfe. Der Vorfall eskalierte bald zu einer größeren Konfrontation zwischen den zwei Volksgruppen.

Dutzende von Personen auf beiden Seiten trugen bei der Auseinandersetzung ernste Verletzungen davon. Einige mußten sogar ins Volkshospital des Kreises Sog und nach Lhasa zur Behandlung gebracht werden.

Nach der Rauferei nahmen die ortsansässigen Tibeter die Sache in die Hand und vertrieben die muslimischen chinesischen Restaurant- und Ladenbesitzer aus Sog. Sie forderten auch andere ethnische Hui-Chinesen zum Verlassen des Kreises Sog auf. Nur drei Hui-Chinesen, die tibetische Ehepartner haben, ließen sie dableiben, weil diese sich gewöhnlich den Tibetern gegenüber anständig verhielten und familiär mit ihnen verbunden sind.

Dutzende von Sicherheitsbeamten der Kreisverwaltung von Sog und aus der Präfektur Nagchu versuchten, die Spannungen abzubauen, doch vergeblich. Schließlich wurde ein angesehener Lama der Gegend, Ngawang Jigdrel Rinpoche, um Vermittlung gebeten. Er wandte sich an die Tibeter und es gelang ihm, sie zu beruhigen. Ruhe und Ordnung in Sog und Nagchu waren wiederhergestellt.

Der Groll der Tibeter gegenüber den zugewanderten Händlern ist geradezu mit Händen greifbar, und ein Funke genügt, um Proteste auszulösen. Häufig sind Gleichgültigkeit und Mißachtung, die offizielle Stellen gegenüber den Problemen der Tibeter an den Tag legen, der Auslöser. Heutzutage sind das Sammeln und der Verkauf von yartsa gunbu in vielen Gegenden Tibets zu einem lukrativen Geschäft geworden, obwohl viele Tibeter es als eine unheilsame Tätigkeit betrachten und darauf herabschauen.

Viele Bewohner dieser Gegend, die zumeist Nomaden sind, haben jedoch keine andere Wahl, da sie angesichts des sich ständig verringernden Weidelandes und der von den Behörden auferlegten Beschränkung der Anzahl der Tiere pro Haushalt ihren Lebensunterhalt nicht mehr erwirtschaften können. In den letzten Jahren haben sich jedoch immer mehr chinesische Einwanderer in dieses gewinnbringende Geschäft gedrängt, was die Probleme der ortsansässigen Tibeter zusätzlich verschärft.

Als Folge dieses Vorfalls nahm das Büro für Öffentliche Sicherheit (PSB) am Ende diejenigen Tibeter fest, die eine Schlüsselrolle bei der Rauferei gespielt hatten. 13 tibetische Anwohner wurden verhaftet und Ende Juli 2007 vom Mittleren Volksgericht zu Haftstrafen von einem bis drei Jahren verurteilt. Nur von drei der Verhafteten sind die Namen bekannt: Kunsang, Sangpo und Norbu Lamsang. Sogar eine 60jährige Großmutter soll unter den verurteilten Tibetern sein. Gegenwärtig befinden sich diese 13 Tibeter in einem Gefängnis in der Präfektur Nagchu, TAR.