September 2006
Human Rights Update


Inhalt:

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  1. Tibetischer Mönch wegen Protestplakaten verhaftet
  2. Der Fall des verschwundenen Panchen Lama vor den Vereinten Nationen
  3. Exiltibeter zur Rückkehr gezwungen
  4. Wieder ein Mönch in Kardze festgenommen
  5. Biographie des ehemaligen politischen Gefangenen Norbu Dradul
  6. Jahresbericht 2006 zur Religionsfreiheit in aller Welt

Tibetischer Mönch wegen Protestplakaten verhaftet

Wie Radio Free Asia am 7. September berichtete, haben die chinesischen Behörden den Mönch Jinpa aus dem Kloster Taklung im Dorf Choktsang, Kreis Serthar, TAP Kardze, festgenommen. Seine Inhaftierung steht vermutlich mit Plakaten in Zusammenhang, die vor einem Jahr auf dem Klostergelände angebracht wurden und auf denen die Unabhängigkeit Tibets gefordert wurde. Damals kam es noch zu keinen Verhaftungen.

Am 23. September gegen ein Uhr früh trafen zwei Fahrzeuge mit Angehörigen der Bewaffneten Volkspolizei aus der nahegelegenen Stadt Dartsedo im Kloster ein und umstellten es. Sie untersagten das Verlassen oder Betreten des Geländes. Einige Beamte drangen in das Kloster ein und verhafteten Jinpa. Sie durchsuchten auch seine Kammer, fanden aber nichts, was auf eine Beteiligung an der Aktion schließen ließe. Die Behörden gaben auch später keinerlei Gründe für Jinpas Verhaftung an. Derzeit ist er im Landkreis Dartsedo (Kangding), TAP Kardze, inhaftiert, über seine Verurteilung liegen noch keine Informationen vor.

1995 wurde Tuklu Gawo Kyes aus dem Kloster Nubsur, Landkreis Serthar, TAP Kardze, zu 17 Jahren Haft verurteilt, weil er Handzettel für die Unabhängigkeit verteilt hatte. Er wurde in der Haft unmenschlich gefoltert. Das TCHRD befürchtet, Jinpa könnte es ähnlich ergehen, falls sich seine Beteiligung bei dem Vorfall bestätigen sollte.

Jinpas Verhaftung ist bereits die zweite in der TAP Kardze dieses Jahr im Zusammenhang mit Unabhängigkeitsplakaten. Einen Monat zuvor nahmen die chinesischen Behörden das 16jährige tibetische Mädchen Yiwang fest, weil sie Flugblätter verteilt hatte, auf denen die Unabhängigkeit gefordert wurde.

Der Fall des verschwundenen Panchen Lama vor den Vereinten Nationen

Neun NGOs mit Beraterstatus bei den Vereinten Nationen brachten am 19. September bei der zweiten Sitzung des Menschenrechtsrats in Genf den Fall des verschwundenen [vom Dalai Lama anerkannten] Panchen Lama Tibets vor. Ihre Anfrage stand im Zusammenhang mit dem Bericht 2005 der Arbeitsgruppe für erzwungenes oder unfreiwilliges Verschwinden, den diese bei der Schlußsitzung der nun aufgelösten UN-Menschenrechtskommission vorgetragen hatte.

In der gemeinsamen zweiminütigen Erklärung der NGOs, die von „Movement Against Racism and Friendship Among All People (MRAP) [Bewegung gegen Rassismus und Freundschaft unter den Völkern] vorgetragen wurde, hieß es: "Wir sind weiterhin tief besorgt über das Verschwinden von Gedhun Choekyi Nyima und seinen Eltern und bitten die Arbeitsgruppe, den Menschenrechtsrat über ihre derzeitigen Bemühungen in diesem außerordentlichen Fall zu informieren. Ferner möchten wir die Meinung der Arbeitsgruppe zu der Empfehlung hören, die das Komitee für die Rechte des Kindes vergangenes Jahr abgab und in der vorgeschlagen wurde, China aufzufordern, den Besuch eines unabhängigen Experten zu ermöglichen, der sich unter Wahrung seiner Privatsphäre und der seiner Eltern seines Wohlergehens vergewissern könnte".

Folgende NGOs brachten zusammen mit MRAP den Fall des Panchen Lama vor: International Fellowship of Reconciliation, Society for Threatened Peoples (Gesellschaft für bedrohte Völker) Transnational Radical Party, Interfaith International, Asian Indigenous and Tribal Peoples Network, Pax Romana, International Federation for the Protection of Ethnic, Religious, Linguistic and other Minorities, Forum Asia. 

Exiltibeter zur Rückkehr gezwungen

Am 13. Oktober 2005 traf der 23jährige Tsering Tashi mit seiner Frau Kalsang Dekyi, 20, im Tibetischen Empfangszentrum in Kathmandu ein. Während ihres siebenmonatigen Aufenthalts in der nepalesischen Hauptstadt wurde ihnen eine Tochter geboren. Nach der Geburt des Babys wurden sie, wie es bei Neuankömmlingen üblich ist, zum Empfangszentrum für tibetische Flüchtlinge nach Dharamsala weitergeschickt.

Nachdem sie vom Dalai Lama empfangen worden waren, sollten sie in die Transitschule kommen, um ihre Ausbildung zu vervollständigen. Kalsang Dekyi wollte jedoch lieber mit ihrem Kind in Dharamsala bleiben, von wo aus es zehn Kilometer zu der Transitschule sind. Bereits nach 20 Tagen verließ auch Tashi Tsering wieder die Schule. Da er die tibetische Sprache recht gut beherrschte, hoffte er, eine Arbeit zu finden, bei der diese Kenntnisse gefragt sind. Während er noch auf Stellensuche war, tauchten im Juni 2006 plötzlich seine Eltern aus Tibet bei ihm auf.

Sie befanden sich auf Pilgerfahrt durch Indien. Ehe sie von zu Hause aufbrechen konnten, hatten die chinesischen Behörden und die Polizei aus dem Kreis Gertse, Präfektur Ngari, TAR, ihnen zur Auflage gemacht, ihren Sohn aus Indien zurückzuholen. Die Offiziellen waren zweimal bei ihnen zu Hause erschienen und hatten nach dem Aufenthaltsort ihres Sohnes gefragt. Bei der ersten Befragung versuchte der Vater sie in die Irre zu führen und gab an, Tsering sei nach Nagchu gegangen. Obwohl er beim zweiten Besuch der Polizei wieder eine Ausrede benutzte und behauptete, sein Sohn sei aus geschäftlichen Gründen in die Grenzregion von Dram gereist, befahlen sie ihm, Tsering nach Hause zu bringen. Falls sie dem Befehl nicht Folge leisteten, würden sie großen Ärger bekommen, wurde ihnen gedroht. Angesichts dieser Umstände sah sich Tsering gezwungen, gegen seinen Willen nach Tibet zurückzukehren.

Nachdem er am 9. September 2006 das Tibetische Empfangszentrum in Kathmandu erreicht hatte, bemühte er sich um Erhalt einer Reisegenehmigung von Dram nach Lhasa. Er erläuterte dem TCHRD: "Ohne Reisegenehmigung wird mich die chinesische Grenzpolizei vermutlich verhaften. Wenn das passiert, wird meine gesamte Familie zur Zielscheibe des Zorns der chinesischen Behörden. Ich mache mir große Sorgen über das, was mir und meiner Familie dann bevorstehen würde. Wenn ich verhaftet werde, wird mein jüngerer Bruder, der in der chinesischen Armee dient und derzeit an der chinesisch-indischen Grenze bei Ladakh stationiert ist, seine Arbeit verlieren. Auch der Rest meiner Familie hätte Schlimmes zu leiden, wenn man mich festnehmen würde."

Tsering stammt aus einer Bauernfamilie aus dem Dorf Gertse, Gemeinde Voma, Kreis Gertse, Präfektur Ngari, TAR, und seine Frau aus der Präfektur Shigatse, ebenfalls TAR. Vom sechsten bis zum 12. Lebensjahr besuchte er die Grundschule des Landkreises und absolvierte anschließend in vier Jahren die Mittelschule. Danach legte er eine Prüfung ab, um in die Armee aufgenommen zu werden, die er auch bestand.

Tsering erzählte, etwa 450 Tibeter seien zu dieser Prüfung angetreten, aber nur 20 seien ausgewählt worden. Nach einer sechsmonatigen Ausbildung wurde er zur Grenzschutztruppe nach Pu-Hring versetzt. Dort war er drei Jahre lang stationiert und erhielt 300 Yuan Sold im Monat. 

Während seiner Zeit in Pu-Hring taten dort 30 Soldaten Dienst. Nur zwei von ihnen waren Tibeter. Nach drei Jahren quittierte Tsering den Dienst bei der Armee und kehrte nach Hause zurück. Zwei Jahre lang arbeitete er als Taxifahrer für Händler, die zwischen Lhasa und Nagchu verkehrten. Es war noch kein Jahr her, daß er zusammen mit seiner Frau im Exil eingetroffen war, und schon wurde er von den chinesischen Behörden zur Rückkehr nach Tibet gezwungen. Man kann sich kaum ausmalen, welche Zukunft ihn erwartet, wenn er der chinesischen Polizei an seinem Herkunftsort überstellt werden wird.

Höchstwahrscheinlich wird es für ihn viele Monate der Einschüchterung und Zwangsverhöre durch die Polizei geben, die gewaltsam aus ihm herauspressen wird, weshalb er ins Exil nach Indien gegangen ist.

Das TCHRD ist sehr besorgt um das Schicksal der zahlreichen Tibeter, die dadurch zur Rückkehr gezwungen wurden, daß ihre Eltern und Angehörigen von den Behörden schikaniert werden. Im Artikel 12 des Internationalen Abkommens über bürgerliche und politische Rechte, das die VR China am 5. Oktober 1998 unterzeichnete, heißt es: "Jedermann steht es frei, jedes Land einschließlich seines eigenen zu verlassen." und "niemand darf willkürlich das Recht entzogen werden, in sein eigenes Land einzureisen". 

Wieder ein Mönch in Kardze festgenommen

Wie das TCHRD einer Information von Radio Free Asia entnahm, verhafteten die Behörden in der Region Kardze, Provinz Sichuan, kürzlich den Mönch Lobsang Palden aus dem Kloster Kardze auf den bloßen Verdacht hin, daß er sich politisch betätigt haben könnte.

RFA zufolge wurde der 22jährige Mönch am 15. August in seinem Kloster festgenommen. Bisher nannten die Behörden keinen Grund für seine Festnahme.

Der 1984 geborene Lobsang ist der Sohn von Shakya und Urgyen Tso aus Jo-Gong-nong, Dorf Phopa, Kreis Kardze, TAP Kardze, Sichuan. Vor fünf Jahren trat er in das Kloster von Kardze ein. Es heißt, er habe dort ein sehr einfaches und diszipliniertes Leben geführt. Da er sich keiner kriminellen Straftat schuldig gemacht hat, ist es klar, daß er aus rein politischen Gründen verhaftet wurde. Nach seiner Festnahme durfte er noch nicht einmal seine Eltern und Geschwister benachrichtigen. Es heißt, daß ihm kein Dokument ausgehändigt wurde, woraus die ihm zur Last gelegten Straftaten hervorgingen.

Unseren Quellen zufolge haben die chinesischen Sicherheitskräfte dieses Jahr acht Mönche aus der Gegend von Kardze festgenommen, wo der Widerstand gegen die Herrschaft der Chinesen zuzunehmen scheint.

Obwohl die chinesischen Behörden in letzter Zeit noch brutaler gegen jegliche Form von Dissens vorgehen, kommt es immer wieder zu Protestaktionen, wie daß zum Beispiel Plakate an belebten Plätzen angebracht, Parolen auf Regierungsgebäude gemalt werden oder die tibetischen Flagge gehißt wird.

Biographie des ehemaligen politischen Gefangenen Norbu Dradul

Der ehemalige politische Gefangene Norbu Dradul wurde im Dorf Wosang in der TAP Kardze, Provinz Sichuan, geboren. Mit acht Jahren kam er auf die Grundschule der Gemeinde Dadoh, Distrikt Kardze. Mit 13 Jahren trat er ins Kloster Kardze Shedrup Norling ein. Unter der kompetenten Führung seines Lehrers Lama Tashi studierte er zwölf Jahre lang die verschiedenen Disziplinen der buddhistischen Metaphysik.

1995 erkor die chinesische Regierung einen tibetischen Jungen namens Gyaltsen Norbu zur Reinkarnation des X. Panchen Lama, womit sie sich über den ausdrücklichen Wunsch der Tibeter hinwegsetzte(sowohl die Tibeter in Tibet wie außerhalb betrachten den vom Dalai Lama identifizierten Gedhun Choekyi Nyima als die wahre Inkarnation des X. Panchen Lama). Von nun an zwangen die Chinesen sie, den Panchen Lama von ihren Gnaden anstatt den von Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama anerkannten Knaben zu akzeptieren. Norbu verfaßte einen Brief, in dem er die Einmischung der Regierung in die religiöse Tradition der Tibeter verurteilte, beklebte Mauern mit Plakaten für die Unabhängigkeit und beteiligte sich an weiteren politischen Aktivitäten, was schließlich zu seiner Verhaftung führte. Während der Verhöre erlitt Norbu unmenschliche Folterungen.

Der Mittlere Gerichtshof der TAP Kardze verurteilte ihn wegen Weitergabe von Staatsgeheimnissen zu drei Jahren Gefängnis. Nach dem Urteilsspruch wurde er in die Haftanstalt Maowan im Autonomen Distrikt Maowan Qiang, TAP Ngaba, Provinz Sichuan, verlegt, wo er schwere körperliche Arbeiten verrichten mußte.

Nach seiner Entlassung am 1. April 1999 durfte er nicht mehr in sein Kloster zurückkehren und stand unter der ständigen Überwachung durch die Sicherheitsbehörden, weshalb er Ende 2000 ins Exil floh.

Im Mai 2001 erhielt er eine Privataudienz bei Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama, der ihn auf die Bedeutung moderner Bildung hinwies. Daraufhin trat Norbu in die Sherab-Gatsel-Lobling-Schule in der Nähe von Dharamsala ein, wo er dreieinhalb Jahre lang Englisch und Tibetisch lernte. Derzeit arbeitet er bei der tibetischen Abteilung des Büros des amerikanischen Senders Radio Free Asia in Delhi als Reporter für den Kham-Dialekt.

Jahresbericht 2006 zur Religionsfreiheit in aller Welt>

Das US-Außenministerium äußerte sich in seinem "Bericht zur Internationalen Religionsfreiheit 2006" besorgt über die Lage der Religionsfreiheit in Tibet, in Xinjiang und in China im allgemeinen. Der aktuelle achte Bericht, der im September vom Büro für Demokratie, Menschenrechte und Arbeit veröffentlicht wurde, behandelt den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 30. Juni 2006.

Der Sonderbeauftragte für die Internationale Religionsfreiheit, John Hanford, beklagte die anhaltende Unterdrückung der religiösen Freiheit durch die VR China: "Seit 1999 fällt die VR China, was die Religionsfreiheit betrifft, jedes Jahr in die Kategorie der Länder, die uns Anlaß zu großer Sorge geben, und immer noch nimmt die Unterdrückung der religiösen Freiheit weiter zu."

Zu Tibet heißt es in dem Bericht: "Die chinesische Regierung hielt an ihrer strengen Kontrolle der Religionsausübung und der Andachtsstätten in den tibetischen Gebieten fest. Obwohl die Behörden viele traditionelle religiöse Praktiken und öffentliche Manifestationen des Glaubens gestatteten, unterbanden sie unverzüglich und gewaltsam andere Aktivitäten, die sie als Vehikel von politischem Dissens oder der Unterstützung von Unabhängigkeitsbestrebungen betrachten, wie z.B. religiöse Aktivitäten, die mit der Verehrung des Dalai Lama zu tun haben, der von der Regierung als "Separatist” bezeichnet wird.

Obwohl Regierungsvertreter verkündet hatten, der Besitz oder das Aufstellen von Bildern des Dalai Lama sei nicht illegal, verzichteten die meisten Einwohner der TAR darauf, sein Portrait zur Schau zu stellen. Bei Verhaftungen aus politischen Gründen werten die Behörden offenbar den Besitz solcher Photos als Zeichen einer separatistischen Gesinnung. In den großen Klöstern sieht man keine Bilder des Dalai Lama mehr, und man kann sie in der TAR auch nicht mehr offen kaufen. Ebenso hielt die Regierung an ihrem Verbot von Bildern des vom Dalai Lama als Panchen Lama anerkannten Knaben Gedhun Choekyi Nyima fest."

Weiter heißt es in dem Bericht: "Die Sicherheitsmaßnahmen in der TAR und einigen anderen tibetischen Gebieten wurden in der Zeit um den Geburtstag des Dalai Lama und sonstigen heiklen Jahres- und Festtagen verstärkt. Das Verbot, den Geburtstag des Dalai Lama am 6. Juli feierlich zu begehen, wurde nicht aufgehoben. Verlautbarungen zufolge verlegte die Regierung sogar das traditionelle Datum von tibetischen Festen wie dem Drepung-Shodon-Fest. Im Juni wurden Tibeter im Staatsdienst angewiesen, während des Saga-Dawa-Fests keine Tempel oder Klöster aufzusuchen. Mehrere Regierungsbedienstete berichteten, man hätte ihnen mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes oder Gehaltskürzungen gedroht, falls sie dieser Order nicht nachkämen.

Dutzende von Mönchen und Nonnen befinden sich wegen ihres Widerstands gegen die "patriotische" oder politische Umerziehung weiterhin in Haft. Den meisten internationalen Beobachtern wurde der freie Zugang zu den tibetischen Gebieten verwehrt, und nur unter strenger Überwachung durften ein paar von ihnen diese besuchen. Ebenso penibel kontrolliert wurde die Veröffentlichung von Informationen zur Lage in Tibet. Auf Grund der genannten Restriktionen war es unmöglich, das Ausmaß der Verletzungen der Religionsfreiheit adäquat zu beurteilen.

Den Angaben von Regierungsvertretern zufolge wurde die Kampagne für patriotische Erziehung, die 1996 gestartet wurde und bei der in den religiösen Institutionen häufig wochenlange Schulungen durch Arbeitsteams von außerhalb durchgeführt werden, im Jahr 2000 beendet. Sie räumten jedoch ein, daß Mönche und Nonnen weiterhin regelmäßig politischer Erziehung unterzogen würden. Im allgemeinen handelt es sich dabei um bis zu vier derartige Schulungen pro Jahr, manchmal finden sie allerdings auch häufiger statt. Seit die Regierung die Hauptverantwortung für die politische Erziehung den Klosterleitungen übertragen hat, scheinen die Schulungen in den verschiedenen Klöstern, was Form, Inhalt und Häufigkeit betrifft, recht unterschiedliche Züge zu tragen. Deren Durchführung an sich ist jedoch obligatorisch und gehört mittlerweile zur Routine der Klosterverwaltung.

Im Weißbuch der Regierung von 2005 hieß es, Ende 2003 habe es in der TAR für die Buddhisten 1.700 Stätten zur Wahrnehmung ihrer religiösen Aktivitäten und annähernd 46.000 Mönche und Nonnen gegeben. Diese Zahlen werden seit 1996 stereotyp wiederholt, obwohl in vielen Klöstern die Zahl der Mönche und Nonnen infolge der patriotischen Erziehung und der Ausweisung vieler von ihnen, die sich weigerten, den Dalai Lama zu verunglimpfen oder die als politisch unzuverlässig eingestuft wurden, gesunken ist.

Die Regierung pflegt buddhistische Klöster in den tibetischen Gebieten Chinas häufig mit Aktivitäten für die Unabhängigkeit in Verbindung zu bringen. Spirituelle Führer, die historische Klöster wiederaufbauen wollten, sahen sich infolge des Finanzmangels, der allgemeinen Restriktionen bei der klösterlichen Ausbildung sowie der Verweigerung behördlicher Genehmigungen für den Bau bzw. das Betreiben von religiösen Einrichtungen, erheblichen Schwierigkeiten gegenüber. In einigen Regionen vertraten die Behörden die Auffassung, die Klöster würden lokale Ressourcen abziehen und einen Nährboden für politische Infiltration durch die tibetische Exilgemeinschaft bilden. Die Regierung behauptete, es gäbe in den großen Klöstern keine Begrenzung für die Zahl der Mönche und Nonnen, und die Demokratischen Management-Komitees (DMC) der einzelnen Klöster entschieden unabhängig darüber, wie viele Mönche ein Kloster unterhalten könne. Viele dieser Komitees werden indessen von der Regierung kontrolliert, und in der Praxis hat diese, vor allem in der TAR, die Höchstgrenzen für die Zahl der Mönche und Nonnen festgesetzt. Die Regierung hat das Recht, den Antrag einer Person auf Eintritt in ein Kloster abzulehnen; in diesem Jahr hat sie allerdings darauf verzichtet, es wahrzunehmen. Durch die Vorschrift, die den Klöstern die Aufnahme von Anwärtern auf die monastische Laufbahn unter 18 Jahren verbietet, unterbanden die Behörden jedoch die traditionelle Praxis des Entsendens von Knaben in die Klöster zum Zweck einer religiösen Ausbildung.    

Auf Grund des eingeschränkten Zugangs zu Informationen über Gefangene und Haftanstalten erwies sich die genaue Feststellung der Anzahl tibetischer politischer Gefangener als ebenso schwierig wie die Einschätzung des Ausmaßes und des Schweregrads von Mißhandlungen. Die Gefangenen-Datenbank der Congressional Executive Commission on China (CECC) (Exekutiv-Kommission des Kongresses zu China) geht von einer Anzahl von 96 tibetischen politischen Gefangenen aus, von denen 76 Mönche oder Nonnen sind. Dem CECC zufolge waren vor zehn Jahren fünfmal mehr Personen aus politischen Gründen inhaftiert als heute. Etwa 15 politische Gefangene sitzen im TAR-Gefängnis in Lhasa (auch als Drapchi bekannt) ein. Die meisten verbüßen Strafen wegen "konterrevolutionärer Aktivitäten", ein Straftatbestand, der in dem 1997 revidierten Strafrecht gestrichen wurde.

Der Bericht äußert sich auch äußerst besorgt über das Schicksal buddhistischer Würdenträger wie Gedhun Choekyi Nyima, Chadrel Rinpoche, Bangri Tsamdrul Rinpoche und Tulku Tenzin Delek Rinpoche, die immer noch nicht aus dem Haftzentren oder Gefängnis entlassen sind, ebenso wird die Tatsache angesprochen, daß der Dalai Lama und der Karmapa Lama gezwungen sind, im Exil zu leben. Er befaßt sich auch mit dem Tod des 28jährigen tibetischen Mönchs Ngawang Jangchub, der nach einer hitzigen Auseinandersetzung mit den Arbeitsteam-Kadern in seinem Kloster, bei der er sich geweigert hatte, den Dalai Lama zu verunglimpfen, tot aufgefunden wurde.

Der Bericht hebt hervor, daß in den tibetischen Gebieten weiterhin ein hohes Maß an Repression herrscht und daß die Regierung in dem durch den Bericht abgedeckten Zeitraum kaum Achtung vor der religiösen Freiheit gezeigt hat. Indessen war das Ausmaß der religiösen Freiheit von Region zu Region unterschiedlich. Mit Ausnahme von Teilen der TAP Kardze in der Provinz Sichuan ist die Lage in den tibetischen Gebieten außerhalb der TAR in der Regel etwas weniger angespannt.