April 1999
Human Rights Update
Inhalt:
  1. Tibeter stirbt auf schwere Folterung im Gefängnis hin
  2. Engagierter Tibeter verschwand
  3. Schweigender Protest verboten
  4. Portrait eines politischen Gefangenen: Mönche wegen Anklebens von Plakaten verhaftet
  5. Die 55. UN Menschenrechtskommission und Tibet
  6. Ngawang Woeser als Ehrenmitglied von PEN nominiert
  7. 15-jähriger Junge zwei Monate auf Verdacht festgehalten
  8. Ein Brief aus Tibet
  9. Portrait eines politischen Gefangenen: Verteilung von Langlebensgebet führt zu der Verhaftung eines Mönchs
  10. Patriotische Umerziehung geht weiter

Tibeter stirbt auf schwere Folterung im Gefängnis hin

Sonam Wangdu, ein 44jähriger Geschäftsmann, starb Ende März in seiner Wohnung in Lhasa. Sein Tod steht in direktem Zusammenhang mit der Folterung und unmenschlichen Marter, die er in einem chinesischen Gefängnis erlitt. Sonam Wangdu wurde im April 1988 wegen angeblicher Beteiligung am Tod eines chinesischen Polizisten während der brutalen Niederschlagung der Demonstration vom 5. März 1988 verhaftet. Viele Tibeter kamen damals ums Leben. Angeklagt einen Chinesen umgebracht zu haben, wurde Sonam Wangdu zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Er wurde zuerst in der Gutsa-Haftanstalt eingesperrt. Dort wurde er schwer gefoltert, was zu einer permanenten Schädigung seiner Organe führte. Seine Nieren waren verletzt und der Rücken gebrochen. Nach der Verurteilung wurde Sonam Wangdu ins Drapchi Gefängnis verlegt, wo er wieder unmenschliche Mißhandlung erlitt und auf seine schon geschädigten Nieren geschlagen wurde. Sein Ausscheidungssystem war ruiniert und der untere Teil des Körpers querschnittsgelähmt. Als er 1993 aus medizinischen Gründen bedingt entlassen wurde, war er inkontinent und an einen Rollstuhl gefesselt, er hatte einen Plastikschlauch und Katheder.

Seiner lebenslänglichen Verurteilung ging fast ein volles Jahr Untersuchungshaft in Gutsa voraus. Während dieser Zeit wurde er ständig gefoltert, weil man ihn zum Geständnis zwingen wollte, daß er den chinesischen Polizist getötet habe. Zusätzlich zu anderen Foltermethoden wurde er mit elektrischen Schockgeräten geschlagen und 6 Monate lang an Händen und Füßen gefesselt. Fünf Tage lang hängte man ihn an einem Baum auf und eine Woche steckte man ihn in einen Einzelkarzer. Sein Kopf wurde in einen Eimer Wasser gepreßt und gewaltsam wurde ihm Blut entnommen. Wegen all dieser Peinigungen geriet er im April 1988 in eine kritische gesundheitliche Verfassung.

Am 17. Januar 1989 wurde Sonam Wangdu in das schwer bewachte Hauptquartier der PAP unterhalb des Chakpori Hügels zur Verurteilung gebracht. Er und seine Mitangeklagten wurden aufgefordert ihr Verbrechen zu gestehen. Ihre Beteuerung der Unschuld erboste die chinesische Polizei, die sie schon fast ein Jahr gequält hatte, derart, daß sie nun die Männer im Beisein des Gerichtshofes zu schlagen begann. "Sie packten uns und ließen uns nicht reden", erzählte der ehemalige politische Gefangene Bagdro. Das Gericht vertagte sich und die 5 Angeklagten wurden außerhalb der Sicht des Publikums von der hinteren Tür aus hinausgeführt und dem chinesischen Polizeipersonal übergeben. Hinter einer Barrikade von Armeefahrzeugen wurden sie wild geschlagen. "Sonam Wangdu begann Blut zu erbrechen, und weil er die Schläge nicht mehr aushalten konnte, versuchte er zurückzuschlagen. Dann legten sie ihm eine Pistole an die Schläfe und nahmen in nach Gutsa zurück", berichtet Bagdro. Am Abend dieses Tages waren sie kaum mehr bei Bewußtsein. Am nächsten Tag wurden die Gefangenen zusammen mit 16 anderen, die mitdemonstriert hatten, wieder vor das Gericht gestellt und sofort verurteilt. Wieder folgte nach der Verurteilung eine Runde von Schlägen hinter dem Gerichtszimmer. Dann kamen sie nach Drapchi. Dort wurden sie in separate Blocks gesperrt. Sonam Wangdus Zustand war allen ein Grund zu großer Sorge. Bagdro, der Mitte 1991 ins Exil entkam, sagt, daß Sonam Wangdu, als er ihn das letzte Mal sah, wie ein Verlorener aussah. Nachdem er aus dem Gefängnis nach Hause geschickt wurde, war er immer in gebückter Haltung und konnte sich nicht mehr aufrichten. Seine Ohren waren schwer geschlagen worden, so daß ständig Flüssigkeit aus ihnen lief.

Ehe er starb, waren auch seine Lungen, Kopf, Nieren, Leber und Gedärme schwer in Mitleidenschaft gezogen. Er litt entsetzliche Kopfschmerzen, sein Gehör und seine Sprache waren behindert. Diese Symptome und seine Unfähigkeit, Urin zu lassen oder Stuhl auszuscheiden, sind Anzeichen einer ernsten Gehirnschädigung. Er konnte sich nur mit Hilfe eines Rollstuhls ein wenig fortbewegen.

Sonam Wangdu war einer der politischen Gefangenen, die am brutalsten gefoltert wurden. Nach den ein Jahr anhaltenden mißlungenen Versuchen, ihn zum Bekenntnis seiner "Verbrechens" zu bringen, wurde er schließlich am 18. Januar 1989 zu lebenslanger Haft verurteilt. Von den anderen vier Mitangeklagten wurde Lobsang Tenzin zum Tode mit 2 Jahren Aufschub, Gyaltsen Choephel zu 15 Jahren Haft, Tsering Dhondup zu 10 Jahren Haft, Tamdin zu 5 Jahren und Bagdro zu 3 Jahren verurteilt. Nach der Aussage Bagdros hatten sich die 5 Männer vorher nicht gekannt und noch viel weniger jemanden ermordet.

Der Tod eines weiteren Tibeters durch Folter ist ein kritischer Rückschlag angesichts des erwarteten Besuchs eines Experten der UN für Folter in China in der ersten Hälfte 2000, entsprechend einer Einladung der chinesischen Regierung. Sonam Wangdus Tod zeigt erneut das Ausmaß der grausamen und unmenschlichen Behandlung, die politische Gefangene in Tibet weiterhin erleiden.

Engagierter Tibeter verschwand

Angehörige des Sicherheitsdienstes verhafteten im August 1998 Gyaye Phuntsok, einen 68jährigen Mönch aus Qinghai. Sein derzeitiger Verbleib ist nicht bekannt. Phuntsok stammt aus dem Dorf Gyaye, Gemeinde Rigmon, Kreis Ghongo, Tsolho TAP, Provinz Qinghai. Er wurde 1931 in einer Nomadenfamilie geboren. In jungen Jahren trat er in das Kloster Dibser ein, wo er buddhistische Philosophie, Tibetisch und Mathematik studierte. Gyaye Phuntsok wurde erstmals 1949 bei der chinesischen Invasion festgehalten und dann wieder in den 60er Jahren während der Kulturrevolution. Er erlitt schwere physische Mißhandlung und machte auch die "harte Reform durch Arbeit" durch. In dem relativ milderen politischen Klima nach der Kulturrevolution wurde er entlassen. Danach widmete er sich Aktivitäten für die Verbesserung der Lebensqualität der Tibeter. Er schilderte dem ehemaligen kommunistischen Parteisekretär Hu Yaobang bei dessen Besuch im Juni 1980 die Probleme und Schwierigkeiten der tibetischen Bevölkerung seiner Gegend.

Das Dorf Gyaye liegt unweit des Kokonor Sees (Tsongonpo) und die umliegende Gegend ist ein fruchtbares Land mit grünen Weiden. Das meiste davon wird nun von dem Militärbatallion Landrou eingenommen, wodurch den Nomaden ihr Weideland zu knapp wurde. Als Phuntsok von diesen Problemen hörte, wurde er zusammen mit einer Gruppe von Nomaden bei der Leitung des Militärbatallions Landrou vorstellig. Seine Bemühungen führten zur Rückgabe der Hälfe des enteigneten Landes und einer Verbesserung der Wasser- und Stromversorgung.

Weil die Kinder der Gegend keine Möglichkeit zur Schulbildung hatten, bemühte sich Phuntsok um die Erlaubnis zum Bau einer Schule. Schließlich bekam er diese und baute eine ständige Grundschule für diese Gegend. Die meisten Gelder dazu kommen aus privaten Spenden und deutscher Hilfe. Phuntsok kümmerte sich mit seinen 6 Mitarbeitern um die allgemeine Verwaltung der Schule.

Die über 60 Schüler werden in Chinesisch, Tibetisch, Englisch und Mathe unterrichtet. Ein Deutscher ist dort, der Englischunterricht gibt. Diese Schule ist die erste ihrer Art, die Englisch als ein Hauptfach hat. Die Kinder kommen aus den ärmsten Familien der Gegend, denen es bisher an grundlegender Erziehung in tibetischer Sprache mangelte. Die Lokalbevölkerung hält Phutsok in hohem Ansehen und preist ihn wegen seines Engagements für die Gemeinschaft. Sie wählte ihn als ihren Volksvertreter. Er wurde von den Chinesen auch als das politische Konsultativmitglied der Tsolho TAP für den Kreis Gonghai bestimmt.

Im März 1992 unternahm Gyaye Phuntsok mit gültigen chinesischen Reisedokumenten eine Pilgerfahrt nach Indien. Nach seiner Rückkehr im Juni 1992 wurde er mehrere Male vernommen. Seitdem stand er unter strenger Überwachung des Geheimdienstes. Im August 1998 wurde sein Haus durchsucht und einige Broschüren mit Reden S.H. des Dalai Lama konfisziert. Gyaye Phuntsok wurde daraufhin verhaftet und in einem Lastwagen von dem Sicherheitsdienst abgeführt. Quellen in Tibet vermuten, daß Phuntsok in einem Gefängnis in Qinghai festgehalten wird, aber der genaue Ort ist nicht bekannt. Nach seiner Verhaftung versuchten einige Nomaden der Gegend, etwas über ihn zu erfahren. Als sie die Regierungsvertreter nach ihm fragten, wurde ihnen gedroht, daß sie auch verhaftet würden, wenn sie noch weitere Fragen stellten. In seiner Abwesenheit verfallen eine Reihe seiner Projekte, wie etwa die Schule, die er ins Leben gerufen hatte.

Schweigender Protest verboten

Das TCHRD erhielt im März Information aus Tibet über die neue Verordnung, daß den Verkaufständen am Barkhor versagt wird, im Gedenken an den Tag des tibetischen Aufstandes zu schließen. Das lokale Volkskomitee des Lhasa-Barkhor gab im September neue Richtlinien heraus. Die Inhaber der Verkaufstände müssen ihre Stände an allen heiklen politischen Daten, an denen Proteste der Tibeter gegen die chinesische Herrschaft stattfanden, so etwa dem 10. März, 27. September und 1. Oktober offenhalten. Wenn sie der Verordnung zuwiderhandeln, verlieren sie ihre Lizenz. Bisher begingen die Kleinhändler diese Tage, indem sie als Ausdruck der Solidarität ihre Stände geschlossen hielten.

Um den Barkhor gibt es etwa 800 Kleinhändler, die allerlei Waren verkaufen. Diese Stände sind die Haupteinkommensquelle der Leute. Im August 1998 wurden alle Verkäufer zu einem Treffen des Volkskomitees gerufen. Man wollte ihnen uniforme Verkaufstände, alle blau und numeriert, zuteilen. Viele waren schockiert darüber, weil die neuen Stände viel kleiner als die bisherigen waren und viele ihrer Waren auf den Tischen keinen Platz haben. Drei Tage später waren die neuen Stände vor der Polizeistation aufgestapelt, um verteilt zu werden. Etwa 100 Händler appellierten an die Stadtverwaltung, daß die Tische vergrößert werden sollten. Die Beamten dort sagten, sie wüßten nichts von der ganzen Sache. Wangdu, ein Kader der Barkhor-Polizeistation, kam um die Leute zu beruhigen, und sagte, sie sollten ihre Beschwerde an das betreffende Volkskomitee richten. Etwa 26 Personen begaben sich dorthin. Statt ihrer Bitte zu entsprechen, wurden sie getadelt und jeder mit 100 Yuan bestraft, weil sie versucht hatten, sich den Verordnungen zu widersetzen.

Im September 1998 rief das Volkskomitee und die Barkhor Polizeistation die Kleinhändler erneut zusammen und teilte ihnen mit, daß sie an den betreffenden Daten ihre Läden offenzuhalten haben. Die Tische wurden offiziell verteilt, numeriert und auf eine bestimmte Person eingetragen. Auch wurde eine Erhöhung der Abgaben angekündigt.

Das Volkskomitee bietet nun auch arbeitslosen Jugendlichen in Lhasa einen neuen Job an. Sie müssen Störungen durch etwaige politische Demonstranten überwachen. Sie bekommen Uniformen und 300 Yuan Monatslohn. Jedem wird ein kleines Gebiet zugewiesen, das er oder sie überwachen muß. Wenn sie in ihrem Kontrollgebiet etwaige "Störenfriede" dingfest machen, dann bekommen sie 500 Yuan als Belohnung. Wenn sie es verfehlen, riskieren sie, ihren Lohn zu verlieren.

Portrait politischer Gefangener: Mönche wegen Anklebens von Plakaten verhaftet

Im Juni 1993 klebten Tsultrim Topgyal, ein Mönch des Klosters Sungrabling, und vier seiner Gefährten, Tsultrim Gyaltsen, Shilog, Tsultrim Sherab und Ngawang Jinpa, Unabhängigkeitsposter in der Gemeinde Lhoka Chideshol an. Im August verdächtige das PSB der Gemeinde Chideshol Tsultrim und seine Gefährten als Urheber. Als das PSB zum Kloster kam, um sie zu verhaften, versammelte sich eine Menschenmenge vor dem Kloster, von denen einige sogar Steine auf die Beamten warfen.

Einen Monat später, im September 1993, kam eine große Einheit von PSB und PAP Kräften mitten in der Nacht zu dem Sungrabling Kloster. Sie umstellten das Kloster, während Tsultrim und die anderen 4 Mönche herausgeholt und in das Polizeifahrzeug gesteckt wurden. Sie brachten sie in das PSB Haftzentrum von Lhoka, wo sie 6 Monate festgehalten wurden.

Alle 5 wurden schwer geschlagen. Die ersten 5 Monate lang hatten sie überhaupt kein Besucherrecht und ihre Verwandten bekamen keine Auskunft über ihr Wohlergehen. Nach Monaten der intensiven Vernehmung wurden die Mönche im Januar 1994 vor das Volksgericht von Lhoka gestellt und alle der "konterrevolutionären" Aktivität angeklagt. Sie wurden zu 3-6 Jahren Haft und zusätzlichen 2-3 Jahren Verlust der Bürgerrechte verurteilt. Im Februar 1994 wurden alle 5 nach Drapchi verlegt. Dort brach Tsultrim Topgyal wegen der harten Arbeit in den Treibhäusern unter den heißen Plastikdächern zusammen. Wie alle anderen politischen Gefangenen mußte auch er die Militärdrills absolvieren. Manchmal wurde er brutal geschlagen, weil er nicht so dem Drill folgen konnte, wie die PAP Soldaten es verlangten. Tsultrim ist aus der Gemeinde Kyimshe in der Region Lhoka. Er ist der jüngste von 6 Geschwistern und kommt aus einer bäuerlichen Familie. 6 Jahre lang besuchte er eine Schule. 1988 trat er dem Sungrabling Kloster bei.

Das TCHRD erfuhr letztes Jahr, daß das Sungrabling Kloster völlig geschlossen wurde, nachdem dort die chinesische Arbeitsbrigade im Juni 1997 einzog. Die Mönche hatten sich geweigert, den Instruktionen zur patriotischen Umerziehung Folge zu leisten.

Die 55. UN Menschenrechtskommission und Tibet

Die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen verfehlte wegen des von der PRC (People's Republic of China) gestellten Nichtbefassungsantrages einen von den USA und von Polen unterstützten eingebrachten Resolutionsentwurf über Menschenrechte in China zuzulassen. Die Abstimmung zu dem Nichtbefassungsantrag ergab 22 dafür und 17 dagegen bei 14 Enthaltungen. Ein Nichtbefassungsantrag ist ein Verfahrensmechanismus, der die PRC befähigt, eine Resolution noch im Anfangstadium zu blockieren, so daß überhaupt keine weitere Diskussion entsteht. Die USA wollten die Resolution wegen ihrer Besorgnis über die sich verschlechternde Menschenrechtslage in der PRC und insbesondere die Lage in Tibet einbringen. Sie wollten speziell die Frage des 11. Panchen Lama und die Weigerung der PRC, mit S.H. dem Dalai Lama in einen Dialog zu treten, zur Sprache bringen. Wäre die Resolution akzeptiert worden, so hätte die Kommission sich besorgt über die anhaltenden Berichte von Menschenrechtsverletzungen, schweren Beschränkungen der Rechte der Bürger auf gewaltlose Versammlung, Vereinigung, Meinungsäußerung und Religion und den Mangel an einem fairen juristischen System in China geäußert. Ebenso wie über die ständig zunehmenden Einschränkungen bei der Ausübung der kulturellen, religiösen und anderen Rechte der Tibeter. Sie hätte an die PRC appelliert, alle politischen Gefangenen freizulassen und die spezielle kulturelle, ethnische, linguistische und religiöse Identität der Tibeter zu schützen. Sie hätte auch die PRC aufgefordert, ihren bilateralen Dialog und die Zusammenarbeit mit der Menschenrechtskommission zu verstärken und mit den Arbeitsgruppen der Kommission zu kooperieren.

Das TCHRD drückt hiermit sein tiefes Bedauern, seine Enttäuschung und Frustrierung aus, daß die PRC wieder vermeiden konnte, daß sie wegen der fortgesetzten Mißachtung der Menschenrechte zur Rechenschaft gezogen wird. Wenn kein Weg gefunden wird, um derartige Nichtbefassungsanträge abzuwenden, wird die PRC fortfahren, eine formelle Musterung ihrer erbärmlichen Menschenrechtsbilanz zu umgehen. Das wird schwere Folgen für das tibetische Volk haben. Die UN Menschenrechtskommission muß dieses Problem im Interesse der Wahrung des Prinzips der universellen Menschenrechte lösen.

Bei der Abstimmung entgingen der PRC sieben Stimmen von afrikanischen Ländern, die bisher immer für China stimmten. Das TCHRD begrüßt die von den afrikanischen Ländern (die entweder gegen den Antrag stimmten oder sich der Stimme enthielten) eingenommene Position und hofft, daß ihre Haltung weiterhin dieselbe bleibt.

Seit dem 5. April traten 3 Tibeter vor dem UN Gebäude in Genf in Hungerstreik, um auf die derzeitige Menschenrechtslage in Tibet aufmerksam zu machen. Der Streik wurde am 30. April auf die Zusicherung der Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, als auch von Staatsoberhäuptern, daß sie wo immer möglich das Tibet Problem ansprechen würden, hin ausgesetzt. Zuletzt wurde die Frage der Menschenrechtsverletzungen in der PRC 1977 von der dänischen Regierung aufgetischt. Der Resolutionsentwurf konnte aber keine einfache Mehrheit in der Kommission erhalten und wurde nicht verabschiedet.

Ngawang Woeser als Ehrenmitglied von PEN nominiert

Das TCHRD gibt bekannt, daß Ngawang Woeser als ein Ehrenmitglied der Schottischen Sektion des Internationalen PEN Clubs nominiert wurde. Als eine weltweite Vereinigung von Schriftstellern ist PEN eine unabhängige NGO und frei von politischer Ausrichtung. Die Mitgliedschaft ist weltweit und wird nicht von westlichen Ländern dominiert. PEN hat zum Ziel, die Literatur in der ganzen Welt zu fördern und die Freiheit des geschriebenen Wortes zu verteidigen.

Ngawang Woeser war einer von 21 Drepung Mönchen, die am 27. September 1987 die berühmte Demonstration von Lhasa begannen. Er war auch der Gründer der Drucker-Gruppe von Drepung, die eine Reihe von wichtigen Dokumenten, darunter eine tibetische Übersetzung der Universalen Deklaration der Menschenrechte, veröffentlichte.

Aus der Region Lhoka stammend, trat Ngawang mit 23 Jahren dem Drepung Kloster bei. Er wurde zuerst am 27. September 1987 verhaftet, aber auf die wiederholten Appelle des 10. Panchen Lana an die chinesische Regierung hin im Januar 1988 freigelassen. Später wurde er wieder verhaftet, als aufkam, daß der "Club der Zehn" seine Aktivitäten fortsetzte. Ngawang ist derzeit im Drapchi Gefängnis für 17 Jahre inhaftiert. Auch danach wird er noch 5 Jahre seiner politischen Rechte verlustig gehen. Ngawang wurde wegen Bildung einer geheimen Gruppe namens "Club der Zehn", Verteilung von Reden des Dalai Lama und Übersetzung der Universalen Deklaration der Menschenrechte und eines Dokumentes der tibetischen Exilregierung namens "Zukünftige demokratische Verfassung Tibets" bestraft. Falls sein Urteil nicht verlängert wird, geht es 2006 zu Ende. PEN wünscht, daß Ngawangs Familie erfährt, daß die Mitglieder an ihn denken und sich intensiv um seine Freilassung bemühen.

15-jähriger Junge zwei Monate auf Verdacht festgehalten

Der 15-jährige Yeshi Yarphel wurde Ende 1999 festgehalten, weil man ihn verdächtigte, ein Spitzel für die Exilregierung zu sein. 1991 sandten seine Eltern ihn nach Dharamsala, um in Indien eine tibetische Ausbildung zu bekommen. Nach 8 Jahren verließ er wegen familiärer Probleme die Schule. Sein Vater ist ein ehemaliger politischer Gefangener, der 18 Jahre in einem chinesischen Gefängnis schmachtete und dabei schwer gefoltert wurde. Da Yeshi der einzige Sohn ist, riefen ihn seine Eltern aus Indien zurück, als sein Vater 60 wurde. Yeshi wurde Ende Februar einfach aus Verdacht auf Spionage von der PAP verhaftet und in das Nyari Haftzentrum in Shigatse gebracht. Nach 2 Monaten wurde er wieder entlassen. Während dieser Zeit durften ihn seine Eltern nicht besuchen. Er erfuhr genau dieselbe Behandlung wie erwachsene Gefangene.

Ein Brief aus Tibet

Der folgende von der "Chulsum tibetischen Jugendgruppe" verfaßte Brief wurde am 9. Dezember 1998, dem Vorabend des 50. Jahrestages der Universalen Deklaration der Menschenrechte, einem australischen Touristen in Tibet übergeben:

"An Seine Exzellenz, den Generalsekretär der UNO, die Hochkommissarin der UNO, den Hochkommissar für Flüchtlinge, die Staatsoberhäupter aller Länder, den Präsidenten von Amnesty International, an Regierungs- und Nichtregierungs-Organisationen, gelehrte Dissidenten und die Führer der chinesischen Demokratiebewegung:

Wir, das tibetische Volk, appellieren nachdrücklich und aus dem Grund unserer Herzen an Sie alle. Vom 27. September 1987 bis zum 1. Dezember 1998 führten Mönche, Nonnen und tibetische Laien gewaltlose, auf Vernunft und Wahrheit begründete Prozessionen und Demonstrationen zu zahlreichen Anlässen durch, um Tibet von der chinesischen Besatzung zu befreien. Die nach dem chinesischen Gesetz inhaftierten politischen Gefangenen werden schwer gefoltert und Blut wird ihnen abgezapft. Manche werden insgeheim umgebracht, andere gezwungen, fortwährend harte Arbeit mit gefesselten Füßen auszuführen. Die kranken Gefangenen läßt man einfach sterben, weil sie entweder gar keine ärztliche Versorgung bekommen, oder erst, wenn es zu spät ist. Selbst die Gefangenen, die nach Ende ihrer Haftzeit entlassen werden, leiden immense Not. Mönche und Nonnen werden aus ihren Klöstern vertrieben und diejenigen, die früher in Büros und Kooperativen arbeiteten, werden aus dem Register gestrichen. Chinesische Spitzel folgen denjenigen, die selbständige Handwerker oder Händler waren, auf Schritt und Tritt und machen ihnen das Leben unmöglich. Das ist eine Schamlosigkeit seitens der chinesischen Regierung und doch geht es immer so weiter. Zu alledem ist der 11. Panchen Lama Tibets, der 10jährige Gedhun Choekyi Nyima, in Gefangenschaft, und niemand weiß, wo er sich befindet und wie sein Zustand ist.

Seit 1993 gab die chinesische Regierung Verordnungen heraus, allen Unterricht in tibetischer Kultur und die Klassen in tibetischer Sprache an der Tibet Universität einzustellen. Die elementaren tibetischen Lektionen an den Grundschulen werden nun mit chinesischen Methoden gelehrt. Nach dieser Verordnung gelten die Lehrer, die nach tibetisch-buddhistischen Methoden unterrichten wollen, als Konterrevolutionäre. Im November 1998 war eine Frage bei der "Prüfung No. 1" der Lhasa Elementarschule: "Wer ist das Haupt der Spalterbewegung?" Wenn die Schüler die Frage umgehen wollte, mußte ihnen der hilflose Lehrer sagen, daß es keine Möglichkeit gebe, eine andere Antwort als "Dalai Lama" zu schreiben. Die chinesische Bevölkerung wächst Tag um Tag und zu gleicher Zeit werden tibetische Frauen auf nur ein oder zwei Kinder beschränkt. Nach der Geburt ihres ersten Kindes müssen die Frauen 3 Jahre warten, ehe sie ein weiteres bekommen können. Wenn ein Kind vor Ablauf dieser Dreijahresfrist geboren wird, dann wird eine Strafe von 500 Yuan erhoben.

Wir appellieren hiermit an alle, die in der Lage sind, etwas gegen die sich ständig verschlechternde Situation der Tibeter zu tun: Befreit Tibet von dem chinesischen Joch und unterstützt unseren gerechten Kampf. Die internationalen Gremien müssen ihre Bemühungen verstärken, damit ihre Handlungen ein greifbares Resultat für das tibetische Volk bringen. Sie müssen klarmachen, daß mehr Druck auf das chinesische Regime durch die UN Menschenrechtskommission ausgeübt werden muß, um das schamlose, barbarische Treiben der Chinesen in Tibet bloßzustellen.

Geschrieben am 7. Dezember 1998 von den friedliebenden Cholsum Tibetern und dem Tibetischen Jugendbund, die in der Unabhängigkeitsbewegung des besetzten Tibets engagiert sind."

Portrait eines politischen Gefangenen: Verteilung von Langlebensgebet führt zu der Verhaftung eines Mönchs

Kalsang ist ein 29-jähriger Mönch aus dem Kloster Gyaltse Palchoe in der TAR. Im November 1996 besuchte Kalsang das Drepung Kloster in Lhasa, um den Segen des ehrwürdigen Lamrim Rinpoche zu erbitten. Damals erhielt er eine Abschrift des von S. H. dem Dalai Lama verfaßten Langlebensgebetes für den reinkarnierten Panchen Rinpoche, Gedhun Choekyi Nyima. Er nahm das Blatt in sein Kloster mit, wo er es an seine Mitmönche und andere Leute der Gegend verteilte und alle über das Verschwinden des 11. Panchen Lama informierte.

Der 11. Panchen Lama, der als der zweithöchste religiöse Führer Tibets verehrt wird, ist seit 1995 verschwunden. S.H. der Dalai Lama anerkannte im Mai 1995 den damals 6 Jahre alten Knaben als 11. Panchen Lama. Bis heute erlaubten die Chinesen keinem Menschenrechtsbeauftragten der UNO, das Kind oder seine Eltern zu besuchen. Die Chinesen sagen, das Kind werde in Verwahrsam gehalten, weil seine Eltern angeblich um seine Sicherheit besorgt gewesen seien. Inzwischen hat die PRC ihren eigenen Panchen Lama ausgesucht und stellt die Tibeter unter Druck, ihn als die wahre Reinkarnation zu akzeptieren. Viele Tibeter wurden verhaftet, nur weil sie das vom Dalai Lama für den wahren reinkarnierten Knaben verfaßte Gebet druckten und verteilten. Die Bilder des von den Chinesen bestimmten Panchen Lama wurden in Klöstern in ganz Tibet aufgehängt.

Das PSB von Gyaltse erfuhr von Kalsangs Aktivitäten und verhaftete ihn am 20. November 1996. In dem Haftzentrum von Gyaltse wurde er verhört und dabei brutal geschlagen. Nach etwa einem Monat wurde er in die Nyari Haftanstalt in Shigatse verlegt. Dort wurde er weiterhin schwer mißhandelt. Im März 1997 wurde ihm wegen Verteilens von "konterrevolutionärer Propaganda" der Prozeß gemacht. Er wurde zu 4 1/2 Jahren verurteilt und nach Drapchi verlegt, wo er nun seine Strafe ableistet. Kalsang ist der jüngste von 4 Geschwistern und stammt aus einer Mittelstandsfamilie. Vor der Pensionierung war sein Vater Bürgermeister seiner Stadt, und einer seiner Brüder wurde als Arzt ausgebildet. Kalsang ging 7 Jahre lang zur Schule, ehe er in das Gyaltse Palchoe Kloster eintrat.

Patriotische Umerziehung geht weiter

Der patriotische Umerziehungsfeldzug ist immer noch im Gange in den Klöstern Tibets. So erzählte ein anonym bleibender Mönch, daß im Dezember 1998 die chinesischen Kader den Klöstern in dem Kreis Ngaba Order erteilten, sich am folgenden Tag in der Stadt einzufinden. Sie verteilten Umerziehungs-Broschüren in den Klöstern, darunter dem lokalen Drongu Kloster. Am Abend zuvor skizzierte eben dieser Mönch eine tibetische Nationalflagge und schrieb 30 Blätter mit Parolen, wie "Lange lebe S.H. der Dalai Lama", "Tibet ist unabhängig" und "Boykottiert den von den Chinesen eingesetzten Panchen Lama". Der Mönch hisste die Flagge und klebte die Blätter im Zentrum des Ortes an. Am folgenden Tag kamen die Kader zur Umerziehung an. Sie gerieten in Wut, als sie die Flagge und die Blätter sahen. Sie befahlen sofort den Mönchen, die Flagge herunterzureißen und die Papiere zu entfernen. Dann drohten sie den Mönchen 3 Stunden lang und schilderten ihnen, welchen entsetzlichen Folgen der Schuldige entgegenblickt.

Am folgenden Tag, dem 4. Dezember 1998, begannen sie die Umerziehung in dem Drongu Kloster. Alle Mönche zwischen 18 und 50 müssen nun einen Ausweis haben, aber nur eine Anzahl von 30 ist zugelassen, so daß die meisten der 170 das Kloster verlassen müssen. Viele der älteren Mönche sorgen sich, daß die religiöse Erziehung schwer beeinträchtigt wird. Am 16. Dezember kehrten die Offiziellen wieder. Sie verhörten mehrere Mönche drei Tage lang, aber konnten nicht herausfinden, wer den Protest inszeniert hatte. Daraus wird deutlich, daß die politische Umerziehung in Drongu und allen anderen Klöstern von Ngaba weitergeführt wird. Wegen der fortgesetzten Repressionen verließ der betreffende Mönch Tibet am 17. März 1999 und kam am 25. April in Dharamsala an. Von der Grenzpolizei in Nyalam und Dram wurde er 8 Tage festgehalten, ehe ihm die Flucht gelang.