Januar 1999
Human Rights Update
Januar 19999

Inhalt:

  • Vier Jahre Gefängnis wegen Demonstration
  • 240 Mönche aus Kloster ausgeschlossen - Schlag-hart-zu-Kampagne
  • Geldstrafe und Ausweisung wegen Arguments mit den Arbeitsteam-Kader
  • Medien-Kontrolle in China
  • „Arbeitsteam im Kloster Meeru“
  • Junge Tibeterin auf der Flucht mehrmals vergewaltigt
  • Strafverlängerung für eine Nonne wegen Aufnahme von Unabhängigkeitsliedern in Drapchi
  • Umbau im Drapchi Gefängnis
  • Festgenommen wegen Rückkehr aus Indien
  • Gefängnis No. 2 von Gansu
  • Kloster geschlossen
  • Einschränkungen bei der Ausbildung an tibetischen Medizinschulen in Lhasa
  • Tod eines tibetischen Jungen in chinesischem Kugelhagel
  • Bericht eines ehemaligen politischen Häftlings
  • Portrait: Zehnjahres-Urteil wegen friedlicher Demonstration
  • Das Leben im Lhasa Gefängnis

Vier Jahre Gefängnis wegen Demonstration

Lobsang Dolma ist eine ehemalige Nonne des Klosters Garu im Kreis Toelung Dechen. Am 26. Juli 1991, als sie 17 Jahre alt war, demonstrierte sie friedlich zusammen mit sieben anderen Nonnen in Lhasa. Recht bald schritt das Public Security Bureau ein und nahm vier von ihnen fest, während die anderen vier, darunter auch Lobsang, entkommen konnten.

Die festgenommenen Nonnen waren Gyaltsen Lochoe, Ngawang Lhamo, Gyaltsen Dolma und Gyaltsen Pema. Gyaltsen Lochoe und Ngawang Lhamo wurden zu 3 Jahren Umerziehung-durch-Arbeit in Trisam verurteilt, Gyaltsen Dolma zu 18 Monaten. Nachdem sie sich eine Woche versteckt hatte, kehre Lobsang Dolma in ihr Kloster zurück.

Ein Jahr später demonstrierten 12 Nonnen aus dem Kloster Garu, darunter auch Lobsang Dolma, aus Solidarität mit ihren verhafteten Gefährtinnen. Sie trugen zwei tibetische Nationalflaggen mit sich und verteilen Flugblätter politischen Inhalts. Bereits nach 5 Minuten entrissen zwei nichtuniformierte Polizisten den Nonnen die Flaggen. Lobsang Dolma wurde auf der Stelle festgenommen, kurz danach auch die übrigen, bei denen es sich um Gyaltsen Kunsang, 24, Ngawang Kyenma, 22, Damchoe Gyaltsen, 24, Rinchen Sangmo, 22, Ngawang Nyima, 23, Lobsang Choekyi, 20, Ngawang Rigdrol, 20, Ngawang Tenyi, 23, Ngawang Dadon, Ngawang Palyi und Gyaltsen Nyinyi handelte.

Sie wurden in die Gutsa Haftanstalt gebracht und einzeln vernommen. Bei einem Verhör mußte Lobsang zwölf Stunden ununterbrochen bis 2 Uhr nachts stehen. Ein anderes Mal erhielt sie einen Schlag auf ihr Ohr, wovon sie einen permanenten Gehörschaden davontrug. Acht Monate lang wurden die Nonnen in Gutsa festgehalten, bis sie am 23. April 1993 vor Gericht gestellt wurden. Lobsang bekam 5 Jahre Gefängnis mit folgender Aberkennung der politischen Rechte für 2 Jahre. Die übrigen Nonnen wurden zu unterschiedlich langen Haftstrafen verurteilt. Nach dem Urteilsspruch wurden sie nach Drapchi verlegt, wo sie für diverse Arbeiten, wie Reinigen der Toiletten und Spinnen von Wolle zu Garn, eingeteilt wurden. Sie mußten auch den militärähnlichen Zwangsdrill absolvieren.

Im Gefängnis erkrankte Lobsang an Blinddarmentzündung. Sie erhielt keine Medizin, weil der Gefängnisarzt sie für wohlauf erklärte. Als es immer schlimmer mit ihr wurde, wurde sie ins Krankenhaus eingeliefert, wo die Ärzte zur Operation rieten. Doch der Chef ihrer Gefängniseinheit verweigerte die zu einer Operation notwendige schriftliche Zustimmung und sagte, sie solle noch zwei Jahre damit warten, bis sie entlassen würde. Nun wurden Lobsangs Eltern vorstellig, und sie konnte unter der Bedingung, daß sie sofort nach dem Eingriff ins Gefängnis zurückkehre, operiert werden. Eine Woche nach der Operation wurden die Fäden gezogen, und es wurden elf Tage Ruhe für sie verordnet. Danach mußte sie ihre Arbeit im Gefängnis wieder aufnehmen und auch bei dem Militärdrill mitmachen. Trotz ständiger Schmerzen mußte sie das rigorose Gefängnis-Regime einhalten.

Am 14. Juli 1997 wurde sie nach Ableistung ihrer Haftstrafe entlassen. Auch danach wurde sie ständig von den PSB-Kräften schikaniert. Im September 1998 floh sie aus Tibet, weil sie fürchtete, wieder verhaftet zu werden. Am 28. November 1998 traf sie in Nepal ein.  

240 Mönche aus Kloster ausgeschlossen – „Schlag-hart-zu-Kampagne

Den meisten Mönchen des Klosters Hanang Tso in der TAP Yushul wurde von einem Arbeitsteam mit Ausweisung gedroht. Von den 315 dort wohnenden Mönchen wurden nur 75 die für den weiteren Aufenthalt notwendigen Erlaubnisscheine ausgestellt. Zu der Ausweisung kam es, nachdem im April 1998 ein Arbeitsteam dort erschienen war und den Umerziehungskurs durchgeführt hatte. Berichtet hierüber hat der ehemalige Verwalter des Klosters, Khanang Tso, der im Dezember 1998 aus Tibet floh.

Bereits 1996 wurde das Kloster von einem Arbeitsteam heimgesucht, das alle Bilder des Dalai Lama verbot und die Mönche instruierte, in Opposition zu ihm zu gehen. Im Rahmen der 1996 eingeführten „Schlag-hart-zu“ Kampagne ließ die chinesische Regierung derartige Arbeitsteams aufstellen.

Geldstrafe und Ausweisung wegen Diskussion mit den Arbeitsteam-Kadern

Während einer Visite eines Arbeitsteams in dem Kloster Mondrup Choede wurde ein Mönch namens Sangpo Gyaltsen (20) mit einer Geldstrafe von 5.000 Yuan belegt, weil er sich mit dessen Prinzipien und Instruktionen uneinig erklärt hatte. Jamyang Khenrab, ein Mönch desselben Klosters, der sich jetzt im Exil befindet, berichtet, daß Sangpo des Klosters verwiesen wurde, weil er im Besitz eines Photos des Dalai Lama angetroffen wurde. Weiter sagte Jamyang Khenrab, ein dreiköpfiges Arbeitsteam sei Anfang 1996 nach Mondrup Choede gekommen und ein Kader sei immer noch dort. Auch das Mindestalter von 18 Jahren für die Zulassung von Novizen sei zur Pflicht gemacht worden.

Medien-Kontrolle in China

Die chinesische Regierung fährt fort, alle Medien in Tibet strikt zu kontrollieren, darunter auch alle Veröffentlichungen in tibetischer Sprache. Chakmo Tso aus dem Distrikt Themching, ein Journalist, der früher bei „Tsongon Mimang Nyin-re Tsakpar“ (einer größeren Zeitung der Provinz Tsongon) angestellt war, traf neulich im Exil ein und erzählte von den vielen Restriktionen bei der Nachrichtenverbreitung.

Die Zeitung, die seit 1958 existiert, beschäftigt inzwischen 500 Leute, in der Redaktion sind aber nur 38 Tibeter. Das Blatt, das täglich auf Chinesisch erscheint, wird nur jeden zweiten Tag auf Tibetisch publiziert, was eine Diskriminierung der tibetischen Bevölkerung darstellt. Chakmo Tso sagte, der Großteil des Materials werde von chinesischen Journalisten zusammengetragen und dann ins Tibetische übersetzt. Wenn tibetische Journalisten Reportagen über einheimische Bauern und Nomaden machen wollen, benötigen sie eine Sondererlaubnis von der chinesischen Chefredaktion.

Jeder Artikel muß mit einer „Würdigung der Regierung der VR China“ beginnen, anderenfalls verweigert die Redaktion seine Veröffentlichung. Die tibetische Abteilung besitzt überhaupt keinen journalistische Freiraum.

Arbeitsteam im Kloster Meeru

Seit Anfang 1997 hätten sich Kader eines Arbeitsteams im Kloster Meeru eingenistet, berichtete ein ehemaliger Mönch dieses Klosters, der im November 1998 in Kathmandu eintraf. Zuerst seien 16 Kader in dieses in der Region Lhasa gelegene Kloster gekommen, um fünf Monate lang die patriotische Umerziehung durchzuführen. Zwei von ihnen seien immer noch dort.

Den Mönchen wurde verboten, zum Dalai Lama zu beten, und zwei, die der Order keine Folge leisteten, wurden ausgewiesen. Ebenso wurden vier Novizen, die unter 16 Jahren waren, weggeschickt, als die Mindestaltersgrenze festgelegt wurde. Weitere zwei Mönche verließen das Kloster, weil sie sich nicht in der Lage sahen, den von dem Arbeitsteam auferlegten Vorschriften zu folgen.

Junge Tibeterin auf der Flucht mehrmals vergewaltigt

Eine junge Tibeterin wurde Opfer einer Gruppenvergewaltigung, als sie 1998 nach Indien floh. Der Vorfall wurde von ihrer 17jährigen Begleiterin berichtet.

Die junge Frau (T.) wurde von fünf uniformierten Männern, wahrscheinlich Polizisten, im Haftzentrum der Gemeinde Ngari vergewaltigt. Während dies geschah, war sie bewußtlos. T. und drei ihrer Begleiterinnen wurden, als sie auf ihrem Weg zur nepalesischen Grenze waren, von uniformierten Männern in einem Gästehaus in Ngari festgenommen. Die vier wurden verhört, geschlagen, der Spionage bezichtigt und dann gefesselt. T. schlugen sie mit einem elektrischen Viehstock auf den Rücken, wodurch sie das Bewußtsein verlor.

Eine ihrer Begleiterinnen, die zu der Zeit geknebelt war, berichtete, daß T. von den fünf Männern der Reihe nach vergewaltigt wurde, was eine Stunde dauerte. Drei von ihnen waren Chinesen und zwei Tibeter. T. kam erst wieder am nächsten Morgen zu Bewußtsein, konnte sich aber nicht bewegen. Drei Tage lang lag sie im Krankenhaus. Am folgenden Tag setzten P. und ihre Freundin ihre Reise nach Indien fort. 

Sie wurden jedoch auf der nepalesischen Seite der Grenze festgenommen und nach Kathmandu gebracht, wo sie am 19. Dezember 1998 eintrafen. Das Schicksal der anderen zwei Frauen, die bei der Vergewaltigung dabei waren, ist unbekannt. Nur wenige Fälle wurden bekannt, wo Frauen in der Haft vergewaltigt wurden, aus den Zeugnissen geht jedoch hervor, daß Tibeterinnen, die an der Grenze festgenommen werden, besonders der Gefahr ausgesetzt sind, sexuell mißbraucht zu werden. Möglicherweise bleiben viele Fälle wegen des einer Vergewaltigung anhaftenden sozialen Stigmas unerwähnt, was besonders für Nonnen gilt.

Strafverlängerung für eine Nonne wegen Aufnahme von Unabhängigkeitsliedern in Drapchi

Ngawang Choezom wurde wegen ihrer Unabhängigkeitsaktivitäten inhaftiert und wie viele tibetische politische Gefangene routinemäßig gefoltert. Selbst im Gefängnis setzte sie ihren Unabhängigkeitskampf fort und nahm Lieder und Botschaften auf Band auf, die sie aus Drapchi schmuggelte. Sie verbüßt nun eine Strafe von 11 Jahren.

Ngawang Choezom (Laienname Pasang Lhamo) ist 27 Jahre alt und eine ehemalige Nonne des Klosters Chubsang in Lhasa. Am 21. März 1992 wurden Ngawang Choezom und vier weitere Nonnen festgenommen, weil sie am Barkhor in Lhasa eine friedliche Unabhängigkeitsdemonstration abhielten. Mit ihr waren die 24jährige Phuntsok Lochoe, ebenfalls aus dem Kloster Chubsang, die 22jährige Phuntsok Tsamchoe (Dekyi), Yangzom (23) und Gyaltsen Kelsang (22). Ngawang Choezom war damals 22 Jahre alt. Zuerst wurden die Nonnen in das Haftzentrum Gutsa gebracht, wo sie unter Folterung vernommen wurden.

Vier Monate nach ihrer Festnahme wurden sie unter der Anklage konterrevolutionärer Propaganda und Volksverhetzung vor das Mittlere Volksgericht von Lhasa gestellt. Ngwang Choezom wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt, Phuntsok Lochoe zu sieben Jahren und Phuntsok Tsamchoe zu vier Jahren. Die Haftstrafen der anderen beiden Nonnen sind nicht bekannt. Berichten zufolge scheinen sie in der Gutsa Haftanstalt geblieben zu sein. Besagte drei Nonnen kamen nach ihrer Verurteilung nach Drapchi. Dort nahm Ngawang Choezom zusammen mit 13 weiteren Nonnen Lieder auf Band auf, sie dann nach außen geschmuggelt wurden. Unter den Aufnahmen waren Botschaften an ihre Freunde, Verwandten und Gönner. Die Lieder und Gedichte handelten von ihrem Leiden im Gefängnis, ihrer Dankbarkeit jenen gegenüber, die sie unterstützen und ihrer Hingabe an das gemeinsame Ziel der Unabhängigkeit Tibets sowie von ihrer Treue zu dem Dalai Lama. Die Cassetten wurden entdeckt und die Nonnen etwa einen Monat lang mit Einzelhaft bestraft. Am 8. Oktober 1993 wurden ihre Haftstrafen verlängert, wobei Ngawang Choezom mit zusätzlichen 6 Jahren bestraft wurde, so daß ihr Gesamturteil nun 11 Jahre beträgt. Auch das Urteil von Ngawang Sangdrol, der weiblichen politischen Gefangenen mit der längsten Strafe, wurde wegen ihrer Beteiligung an dem Zwischenfall verlängert.

Anfang 1994 wurde Ngawang in das chinesische Militärhospital eingeliefert wegen Verletzungen, die sie durch die Schläge und Gefängnisarbeit erlitten hatte. Der Blinddarm wurde ihr entfernt, dennoch mußte sie sofort nach der Behandlung wieder ins Gefängnis zurückkehren und ihre reguläre Arbeit dort wieder aufnehmen.

Im Mai 1998 war Ngawang auch bei den Gefängnisprotesten mit dabei, die zum Tod von bis zu 11 Häftlingen geführt haben könnten. Nach diesem Vorfall wurde sie fürchterlich geschlagen und in Isolationshaft gesteckt. Auch wurde ihr das Besucherrecht gestrichen. Seit Oktober 1998 gibt es keine weitere Nachricht über ihren Zustand. Das TCHRD bittet alle Freude Tibets, den Fall von Ngawang Choezom aufzunehmen und von der VR China ihre sofortige Freilassung zu fordern. Bitte starten Sie Unterschriftenkampagnen und schreiben Sie Appellbriefe an ihre eigene und die Regierung der VR China für Ngawang. Werben Sie auch Freunde für die Kampagne.

Umbau im Drapchi Gefängnis

In letzter Zeit wurden in Drapchi bedeutende strukturelle Veränderungen vorgenommen, wie ein Augenzeuge diesen Monat berichtete. Dadurch wurde es der internationalen Gemeinschaft noch schwieriger gemacht, etwas über die Häftlinge zu erfahren. Es wird viel weniger Informationen geben, weil die Verteilung der Gefangenen innerhalb des Komplexes nicht mehr bekannt gegeben wird. Der Zugang von Besuchsdelegationen zu bestimmten Gefangenen wird nun auch erschwert werden.

Lekshay Drugdrak, ein ehemaliger Insasse von Drapchi, erlebte in den drei Jahren, in denen er dort eingesperrt war, viele Veränderungen. Er wurde im Februar 1998 entlassen und berichtete im Januar 1999 von der Neuverteilung der Gefängniseinheiten. In Drapchi sind schätzungsweise 1.100 Gefangene, sowohl kriminelle als auch politische, untergebracht.

Bisheriges System                                        Neues System

Einheit 1: Strafgefangene                              Einheit 1: Strafgefangene

Einheit 2: Strafgefangene                              Einheit 2: Strafgefangene

Einheit 3: Weibliche politische Gefangene      Einheit 3  Strafgefangene

Einheit 4: Strafgefangene                              Einheit 4: Strafgefangene

Einheit 5: Männliche politische Gefangene     Einheit 5: „Strafgefangene

Einheit 6: Strafgefangene                              Einheit 6: Weibliche politische Gefangene

Einheit 7: Weibliche politische Gefangene

Einheit 8: Männliche politische Gefangene

Einheit 9: Männliche politische Gefangene

Festgenommen wegen Rückkehr aus Indien

Jampel Jinpa, 34, stammt aus dem Distrikt Trochu in der Provinz Sichuan. Er kam 1985 nach Indien und schloß sich dem Kloster Sera in Südindien an. Bis 1996 blieb er dort, dann kehrte er nach Tibet zurück, um seine Verwandten zu besuchen. Am 20. Juli wurde er auf der Fahrt nach Lhasa verhaftet, weil er tibetische Bücher bei sich hatte.

Die Polizei brachte Jampel Jinpa nach Shigatse und von dort ins Nyari Gefängnis. Vier Monate wurde er dort festgehalten und in dieser Zeit regelmäßig vernommen und von bis zu 8 Sicherheitskräften gleichzeitig gepeinigt. Manchmal wurde er in gefesseltem Zustand mit Fragen drangsaliert, während die Schergen ihn stießen und mit jedem Gegenstand, der ihnen unter die Hände kam, schlugen.

Am 24. September 1996 wurde er offiziell verhaftet und wegen Besitzes einer tibetischen Flagge, eines Bildes des Dalai Lama, von Büchern über die tibetische Regierung-im-Exil, einem Langlebensgebet für den 11. Panchen Lama und 20 Broschüren mit Reden des Dalai Lama auf Grundlage des § 102 (52) und (63) des Strafgesetzes der VR China angeklagt, dem zufolge „konterrevolutionäre Propaganda“ als ein Straftatbestand gilt. Jampel Jinpa wurde zu einem Jahr Gefängnis und Aberkennung der politischen Rechte für zwei Jahre verurteilt. Er wurde im Nyari Gefängnis gelassen, wo er menschliche Gülle schöpfen und auf die Gemüsefelder damit düngen mußte. Er wurde im September 1997 entlassen.

Dolker Kyab, 26, stammt aus dem Distrikt Machu in der TAP Kanlho, Provinz Gansu. Er besuchte 1990 Indien und ging zwei Jahre und sieben Monate zur Bir Suja Schule. Später arbeitete er ein Jahr lang als Tibetischlehrer an der Chauntra Schule. Im März 1994 kehrte Dolker Kyab in seine Heimatstadt nach Tibet zurück und schrieb sich in der Nubchung Mirig Schule ein.

Während seiner Zeit an dieser Schule wurde Dolker Kyab zweimal von dem Volksermittlungsbüro der TAP Gannan festgenommen, am 27. und am 31. März 1995. Beim ersten Mal wurde er unter Schlägen vernommen, beim zweiten Mal wurde er 12 Tage lang in der Luft aufgehängt und danach 4 Monate im Haftzentrum von Gannan eingesperrt. Von dort kam er in das Haftzentrum des Distrikts Machu, wo er weitere drei Monate gehalten wurde. Dann wurde er ins Haftzentrum von Gannan zurückgebracht und dort bis zum 17. Oktober 1996 gelassen, als man ihn in das Gefängnis Lingshak transferierte, wo er offiziell verhaftet wurde.

Später verurteilte das Mittlere Volksgericht von Kanlho Dolker Kyab zu 3 Jahren Gefängnis und Verlust der politischen Rechte für 2 Jahre. Die Anklage lautete gemäß dem § 102 (33) und (60) des chinesischen Strafgesetzes auf „konterrevolutionäre Aktivitäten“, „Propagierung der Ideologie tibetischer Unabhängigkeit“ und „Untergrabung der Einheit eines sozialistischen Staates“. Nach der Verurteilung wurde Dolker Kyab in das Gefängnis No. 2 der Provinz Gansu zur „Reform durch Arbeit“eingeliefert.

Gefängnis No. 2 von Gansu

Das Gefängnis No. 2 der Provinz Gansu liegt im Süden der TAP Kaju Hoyrik. Es ist in acht Einheiten und vier Unterabteilungen unterteilt. Die Zahl der Häftlinge, die sich aus Tibetern, Chinesen, Uighuren, Mongolen und Moslems zusammensetzt, liegt bei 2000. Die Häftlinge werden zur Metall- und Holzarbeit, zum Weben, für mechanische Arbeit, als Schneider, Schuhmacher und für Reparaturen eingesetzt. Sie müssen von 8 Uhr morgens bis 9 Uhr abends arbeiten.

Dolker Kyab war in der fünften Abteilung dieser Anstalt, wo er schneidern und Handschuhe nähen mußte. Sie Gefangenen wurden nicht gut behandelt. Seit 1992 müssen sie ihre eigenen Decken, Matratzen und Bettücher in die Haftanstalt mitbringen. Bei medizinischen Notfällen wird oft keine rechtzeitige Hilfe geleistet, weshalb im September 1997 acht Häftlinge starben. Während aller religiösen Feste werden den Gefangenen Restriktionen auferlegt. Es wurde auch vom Verkauf von menschlichen Organen leidender Gefangener berichtet. 1996 und 1997 starben 40 bis 50 Häftlinge nach exzessiver Mißhandlung im Provinzgefängnis No. 2 von Gansu. Es gibt Andeutungen, daß ihnen Organe entnommen wurden, die man danach verkaufte.

Kloster geschlossen

Einem kürzlich erschienenen Bericht von TIN zufolge, wurde das Jonang Kumbum Kloster, das am Ufer des Tsangpo in Westtibet liegt, 1997 geschlossen. Die Mönche hatten sich bei einer Visite eines Arbeitsteams im ersten Quartal 1997 geweigert, den Dalai Lama zu verunglimpfen. Ein Mönch namens Yonten Gyatso wurde sogar festgenommen, während viele andere aus dem Kloster flohen. Das Arbeitsteam kam am 12. Juli 1997 ein zweites Mal. Auch diesmal konnte es den Mönchen keine „zufriedenstellende Zusagen“ entlocken, weshalb es die Schließung des Klosters anordnete. Der Abt des Klosters, der 70jährige ehrw. Kunga Yeshi, wurde für mehrere Monate in Gewahrsam genommen. Ein Mönch dieses Klosters berichtete, sie seien während der patriotischen Umerziehungskurse wie Sklaven behandelt worden.

Einschränkungen bei der Ausbildung an tibetischen Medizinschulen in Lhasa

Eine 19jährige Nonne (Name bleibt anonym) und ehemalige Studentin der Sorig Lobdra (Tibetische Medizinschule) aus Lhasa berichtet, daß den Studenten diverse Beschränkungen auferlegt wurden. Sie dürfen kein Material lesen oder an Diskussionen teilnehmen, bei denen es um historisch-politische Themen geht. Bei einem von der chinesischen Schulbehörde einberufenen Meeting wurden sie auch angewiesen, den Dalai Lama einen Spalter zu schelten.

1993 verboten die chinesischen Behörden die Lehren von shepay-thinyig und ähnlicher die Religion betreffender Themen. 1995 verboten sie das thampa lha-choe kyi choelam, das nach dem Lehrbuch jawa-choelam („tätiger religiöser Pfad“) unterrichtet wurde. In diesen Schriften wird menschliches Verhalten aus religiöser Sicht vermittelt. Statt dieser Schulstunden müssen die Studenten nun jeden Donnerstag die chinesische politische Ideologie studieren. Gegenwärtig dürfen keine neuen Studenten in dieSchule aufgenommen werden.

Der religiöse Unterricht an der Medizinschule wurde im Sinne des „atheistischen Politikprogramms“ gestrichen, welches dem tibetischen Volk am 8. Januar 1999 von Peking aufgezwungen wurde.

Tod eines tibetischen Jungen im chinesischen Kugelhagel

Am 20. November 1998 feuerte die chinesische Sicherheitspolizei wahllos auf eine Gruppe von 47 tibetischen Flüchtlingen, die nach Nepal zu entkommen suchten. Dabei wurde ein 15jähriger Junge namens Yeshi Ngodrup von einer Kugel durchschossen. Bei demselben Zwischenfall wurde ein weiterer Flüchtling aus Kardze, Sonam Tri, ins linke Knie getroffen. 30 Mitglieder der Gruppe wurden festgenommen, während 17 entkommen konnten. Sowohl Yeshi Ngodrup als auch Sonam Tri wurden in ein chinesisches Hospital gebracht, wo Yeshi Ngodrup am nächsten Tag starb. Die Behörden hielten seine Leiche 2 Wochen zurück, um eine Obduktion durchzuführen. Am 23. Januar 1999 kamen seine Angehörigen nach Lhasa, die Bestattung erfolgte im Kreis Saga.

Bericht eines ehemaligen politischen Häftlings

Mein Name ist Jamyang Tsultrim. Ich wurde in der dritten Einheit der Stadt Arthan im Kreis Horlung, Präfektur Tsongon geboren. Bis zu meinem 11. Lebensjahr ging ich zur Schule, mit 15 trat ich ins Kloster Khortsa Khar ein. Später ging ich ins Kloster Gaden im Bezirk Lhasa der TAR. In Gaden sah ich, wie viele meiner Freude verhaftet wurden, weil sie an Unabhängigkeitsprotesten teilnahmen. Zusammen mit meinem Lehrer besuchte ich fast alle Teile Tibets. Ich kam zu dem Schluß, daß die Chinesen unsere tibetische Kultur und Religion zerstörten. 1992 war ich auch in Indien gewesen, kehrte jedoch nach Tibet zurück.

Am 14. August 1992 wurde ich von dem PSB von Lhasa auf Verdacht festgenommen. Sieben Tage lang hielten sie mich an einem geheimen Ort nördlich von Lhasa in Gewahrsam. Dann wurde ich auf Bewährung bedingt entlassen, aber das PSB Lhasa stellte mir weiterhin nach. In dieser Zeit wurden viele meiner Freunde aus politischen Gründen festgenommen. Um der Verfolgung zu entgehen, kehrte ich in meine Heimatstadt zurück.

1996, als ich ein kleines Restaurant in Lhasa betrieb, wurde ich am 30. März zusammen mit meinem Freund Jigme Gyatso in der Nähe des zentralen Tempels vom PSB von Lhasa festgenommen. Wir wurden der Kriminalpolizei überstellt. Dort wurden wir gefesselt und in Handschellen gelegt und schwer geschlagen.

Am folgenden Tag kam Jigme Gyatso in das Gutsa Haftzentrum. Ich wurde intensiv verhört, weil sie mir Geheimnisse, die ich ihrer Meinung nach hatte, entlocken wollte. Da ihnen dies nicht gelangt, wurde ich 9 Tage lang ohne Wasser in eine Zelle geworfen. Am 10. Tag wurde ich in den Hof der Anstalt geführt, wo 13 Schergen auf mich eindroschen. Am 14. Tag brachten sie mich ins Gutsa Haftzentrum.

In Gutsa erklärten sie mir, daß das Restaurant, das ich geführt hatte, ein Mittelpunkt konterrevolutionärer Tätigkeiten sei, weshalb sie seine Schließung anordneten. Damit war mein Lebensunterhalt ruiniert. Am 2. April 1996 verurteilte mich das Volksgericht von Lhasa zu 2 Jahren ‚Reform durch Erziehung’ (laojiao). Ich wurde nach Trisam verlegt. Die Anklagen gegen mich lauteten: Flucht nach Indien, Teilnahme am Kalachakra, Hilfe bei der Organisation konterrevolutionärer Tätigkeiten. Am 22. Januar 1998 wurde ich aus Trisam entlassen.

Im Gefängnis mußte ich in den Gemüsefeldern arbeiten. Zwei Monate nach meiner Freilassung wurde ich am 30. Mai 1998 erneut von dem PSB Lhasa festgenommen. 10 Tage hielten sie mich fest, dann überstellten sie mich dem Distriktgefängnis von Arsha-Leephu in Tathung, Siling, Präfektur Tsongon, wo ich weitere 45 Tage eingesperrt blieb. Nur auf Verdacht hin war ich inhaftiert worden. Schließlich wurde ich in die Obhut meiner Frau entlassen, nachdem diese den Behörden 8.000 Yuan bezahlt hatte. Sie ließen mich nur unter der Bedingung laufen, daß sich mich einmal monatlich beim PSB von Lhasa melde und daß ich ohne Erlaubnis nicht über einen gewissen Umkreis von Lhasa hinausreise. Diese harten Restriktionen konnte ich nicht länger aushalten und verließ daher Tibet mit meiner Frau.

Portrait: Zehnjahres-Urteil wegen friedlicher Demonstration

Am 18. Februar 1992 wurde Ngawang Tensang wegen Teilnahme an einer friedlichen Demonstration in Lhasa zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt.

Ngawang Tensang, ein 29jähriger ehemaliger Mönch des Klosters Drepung kommt, aus Sangmo Shang im Kreis Toelung der TAR. Er ist das vierte Kind seiner Eltern und hat noch fünf Geschwister. Sein Vater starb 1991. Ngawang Tensang besuchte die Volksschule (mangtsuk) in Toelung Sangmo Shang. Danach wohnte er fünf Jahre bei seiner Tante mütterlicherseits. Später ging er ins Kloster Drepung. Am 14. September 1991 hielt er zusammen mit vier anderen Mönchen desselben Klosters um die Mittagszeit eine friedliche Demonstration vor dem Tsuglakhang in Lhasa ab. Die Mönche trugen gewöhnliche Kleider, um keinen Verdacht zu erregen. Etwa 15 Minuten lang riefen sie Parolen wie „Free Tibet“ und „Lange lebe Seine Heiligkeit der Dalai Lama“.

Alle fünf wurde ziemlich schnell von der Anti-Krawall-Einheit festgenommen und in zwei Fahrzeugen zu deren Büro gebracht. Nebst Ngawang Tensang handelte es sich bei den Mönchen um Phuntsok Jangsem (19) aus Meldro Gonkar, Phuntsok Thutop (19) aus Phenpo, Ngawang Choechok (16) aus Toelung und Phuntsok Gonpo (19) aus Phenpo.

„Gleich nach unserer Ankunft dort begannen uns die Staatsdiener überall am Körper zu schlagen, zu treten und zu boxen“, sagte Phuntsok Gonpo, einer der Teilnehmer an dem Protest. Er entkam Anfang 1998 nach Indien. Die Mönche wurden dann in die Gutsa Haftanstalt verlegt, wo ihre Namen registriert und ihnen weitere Schläge verabreicht wurden.

„Um diese Zeit waren wir so sehr geschlagen worden, daß wir nur noch halb lebendig waren. Mein Leib war ganz taub. Ngawang Tensang litt am meisten, wahrscheinlich, weil er der älteste von uns war“, fuhr Phuntsok Gonpo fort.

Am 18. Februar 1992 verurteilte das Mittlere Volksgericht von Lhasa Ngawang Tensang zu 10 Jahren Gefängnis und entkleidete ihn seiner politischen Rechte für 3 Jahre wegen seiner konterrevolutionären Aktivitäten (dieses Delikt wird jetzt nach der Verfassungsänderung von 1996 als „Gefährdung der Staatssicherheit“ bezeichnet). Unter einer ähnlichen Anklage wurde Phuntsok Jangsem zu 8 Jahren verurteilt, Phuntsok Thutop und Phuntsok Gonpo wurden mit 5 Jahren Gefängnis und zwei Jahren Entzug ihrer bürgerlichen Rechte bestraft, Ngawang Choechok mit drei Jahren Gefängnis und Entzug der politischen Rechte für ein Jahr. Ngawang Tensang erhielt als angeblicher Anführer der Gruppe die höchste Strafe.

Nach der Verurteilung waren die Mönche ein bis zwei weitere Monate in Gutsa inhaftiert, dann wurden sie nach Drapchi verlegt. Gleich nach ihrer Ankunft dort schalt sie ein Polizeioffizier aus und machte sarkastische Bemerkungen über „Freiheit für Tibet“. In Drapchi wurden die Mönche wieder von den Aufsehern gefoltert. Als erstes mußten sie die Gefängnisregeln lernen und dann wurde ihnen Arbeit gegebem. Ngawang Tensang wurde dem Gemüsegarten der Anstalt zugeteilt.

1995 stand Ngawang Tensang einem Mitgefangenen bei, der bei einer regulären Drillübung zusammenbrach. Dafür wurde er bestraft. Er wurde schwer geschlagen und etwa einen Monat lang in Einzelhaft gesteckt.

Zweimal beteiligte sich Ngawang Tensang an friedlichen Protesten im Drapchi Gefängnis. Beide Male schossen die Aufseher und Milizen wahllos auf die unbewaffneten Häftlinge. Dabei kamen insgesamt 11 Personen ums Leben. Ngawang Tensang folterten sie wegen der Rolle, die er bei den Protesten gespielt hatte, brutal.

Von Anfang Februar 1998 an wurden Ngawang Tensangs Rechte auf Verwandtenbesuch eingeschränkt. Seit der Demonstration vom Mai 1998 hat ihn keiner seiner Angehörigen mehr zu Gesicht bekommen. Einmal bekamen sie eine Mitteilung, Ngawang Tensang sei bei normaler Gesundheit und sie dürften ihn durch eine Glasscheibe sehen, aber auch diese Konzession wurde erst gemacht, nachdem sie die Wachen geschmiert hatten.

Ngawang Tensang befindet sich derzeit in Isolationshaft. Seine Familie weiß aber nicht, ob er noch in Drapchi ist, oder woandershin verlegt wurde. Ihre Hauptsorge gilt seiner Gesundheit. Sie haben hinsichtlich seines Zustandes schon lange nichts mehr gehört.

Das Leben im Lhasa Gefängnis

Jampa Choejor, 31, verbrachte 18 Monate im Lhasa Gefängnis, weil er der „Gefährdung der Staatssicherheit“ für schuldig befunden wurde. Im März 1995 wurde er zusammen mit neun weiteren Mönchen des Klosters Nalenda im Kreis Phenpo Lhundrup des Bezirks Lhasa von den Kadern eines Arbeitsteams festgenommen. Der Grund für ihre Festnahme war, daß die Mönche die PSB-Beamten daran gehindert hatten, das Zimmer eines ihrer Kameraden zu durchsuchen. 

Während sie in Gutsa in Untersuchungshaft waren, verurteilte sie das Mittlere Volksgericht von Lhasa zu 18 Monaten Gefängnis wegen Gefährdung der Staatssicherheit. Alle 10 Mönche wurden dann in das Lhasa Gefängnis transferiert. Dort wurde Jampa Choejor als Bauarbeiter eingesetzt. Die Anstalt, die sich im Norden der Stadt Lhasa befindet, wurde 1960 eingerichtet, um alle die 1959 verhafteten Tibeter aufzunehmen. Später kamen auch Strafgefangene mit Urteilen von 5 Jahren und darunter hinzu. In den Sechzigern hieß das Gefängnis „Outridu No. 5“, in den Achtzigern wurde es dann in „Yitridu No. 1“ und Ende 1990 schließlich in „Lhasa Gefängnis“ umbenannt. Es wird auch als das „Gefängnis der Autonomen Region Tibet“ bezeichnet.

Es ist in separate Trakte unterteilt und kann insgesamt 800 Gefangene aufnehmen. Die Zahl der politischen Häftlinge ist im Vergleich zu der der Strafgefangenen ziemlich niedrig. In jeder Einheit befinden sich etwa 200 Häftlinge. Die in der ersten und der dritten müssen harte körperliche Arbeit, wie etwa Steine zerkleinern leisten. Die Häftlinge der vierten Einheit werden für Bauarbeiten herangezogen, und die in der zweiten Einheit arbeiten in der Fahrzeug-Reparatur-Werkstätte.

Berühmte politische Gefangen wie der ehrw. Palden Gyatso waren seit 1959 in dieser Anstalt inhaftiert. Jampa Choejor wurde am 6. September 1996 entlassen. Er durfte nicht mehr in sein Kloster Nalenda zurückkehren. Es blieb ihm nichts übrig, als nach Indien zu fliehen, um seine religiösen Studien fortsetzen zu können.